Brilon-Totallokal: Eröffnung der Historischen Bibliothek – ein Eldorado für Wissenschaftler und Forscher – ein tolles Erlebnis für Museumsbesucher (Hier zu den Bildern, bitte anklicken)
brilon-totallokal: Brilon – 5000 z.T. über 500 Jahre alte Bücher füllen die neuen Regale in einem Ausstellungsraum des Museums Haus Hövener. Sicher verschlossen hinter Glastüren verbergen die imposanten Wälzer ungeheure Schätze hinsichtlich der Geschichte der Stadt und der Region.
Zehn Monate schleppen, sichten, auf Pilzbefall untersuchen, abstauben, aufarbeiten und neu einordnen liegen hinter Museumsleiter Jens Meyer, dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Carsten Schlömer und dem Museumsteam. Am 17. Juni wurde die historische Bibliothek als fester Bestandteil der historischen Dokumentation der Regional- und Stadtgeschichte in einer Feierstunde im Museumsgarten eröffnet, ebenso wie die Sonderausstellung über die Geschichte des Gymnasiums Petrinum ab dem Jahr 1655.
Da, erst am Steinweg und später an der Jakobuslinde, nämlich ruhte der Bücher- Dokumenten- Kupferstich- und Handschriftenschatz aus dem alten Minoritenklosters und des Gymnasiums lange Zeit relativ unbeachtet und hätte das wohl auch weiterhin getan, wenn nicht gestiegene Schülerzahlen im Gymnasium zu Raumnot geführt hätten. „Was tun und vor allem wie?“. Schulleiter Johannes Droste schilderte kurz den Beginn einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Museum. Das zeigte sich begeistert von dem Fundus, der da lagerte, und so entstand eine win-win Situation. Johannes Droste bekam mehr Raum für seine schulische Arbeit, wusste den wertvollen Buchbestand in professionellen Händen, und Jens Meyer und Carsten Schlömer bekamen ein in seiner Bedeutung erst ansatzweise einzuschätzendes aber mit Sicherheit riesiges historisches Forschungsgebiet. Zwei Verbindungen zwischen Gymnasium und Museum hob Droste hervor: Die Stifterin und Namensgeberin des Museums, Wilhelmine Hövener, habe in ihrer langen Lehrerinnenzeit am Gymnasium die Schule mitgetragen. Eine weitere Verbindung trage den Namen Carsten Schlömer, denn der war am Petrinum. Drostes Wunsch: „Zahlreiche Besucher mit neugierigen Augen, die ihre Liebe zum Buch noch nicht verloren haben“ und wenn doch, sie durch das Erlebnis wiederfinden.
Sein Vorgänger Gereon Fritz bewunderte das großartige Unternehmen, und wie alle anderen würdigte und lobte er insbesondere den Fleiß, die Akribie und die Leidenschaft Carsten Schlömers. Sein Wunsch: „Kein Petriner verlässt die Schulbank ohne wenigstens einmal dieses Kleinod gesehen zu haben“ und „das Kennen der Geschichte des Petrinums soll ins Schulprogram aufgenommen werden.“
„Wilhelmine Hövener wäre stolz, zumal sie den Schatz kannte“, Stiftungsratsvorsitzender Winfried Dickel sprach von dem Wandel der „für unsere Stadt und für unsere Region bedeutenden Kultureinrichtung: „Nicht nur archivieren“, sondern das Haus Hövener entwickele sich zu einem Haus des Forschens, Lehrens und Lernens.
Dem ehemaligen Petriner Carsten Schlömer stand die Begeisterung ins Gesicht geschrieben bei seinem kleinen Rundblick über die ausgestellten Werke. Die Mareschal – Bibel aus Lyon von 1527, der Teutsche Michel, eine Predigtsammlung von 1708, die lange Zeit als ältestes deutsches Buch galt, aber von ihrem Platz verwiesen wurde durch eine Hetzschrift aus Jena von 1571 gegen protestantische Kirchenbewegungen (auch im Inventar), eine Verfassungssammlung für das Herzogtum Westfalen von 1772, Urkunden ab dem Jahre 1574, -ein winziger Bruchteil dessen, was die neue Museumsbibliothek Wissenschaftlern und Forschern für ihre Arbeiten zur Verfügung stellen kann. Arbeiten im sozial- und geschichtswissenschaftlichen Fachbereich seien möglich. Aber auch Geografie, Politik und gerade Philosophie und Theologie seien durch Bücher und Handschriften vertreten. Das Projekt der Bibliothek biete zahlreiche spannende Möglichkeiten des musealen Betriebes als Versammlungsort für Kulturelle Vereine z.B. oder um Seminare abzuhalten. Viel Arbeit für viele Jahre für das Museumsteam! Zumal nach und nach alle 5000 Bücher digitalisiert werden, damit Besucher nicht nur staunend davor stehen, sondern auch drin lesen können. Berühren (aber nicht ausleihen) dürfen die Originale nur Personen mit entsprechender Qualifikation und zur wissenschaftlichen Nutzung.
Ein ambitioniertes Projekt, formulierte Museumsdirektor Jens Meyer, das noch eine mehrjährige Forschungsarbeit nach sich ziehe. Längst noch nicht alle Werke aus dem Schatz seien aufgearbeitet und eingeordnet. Material in solcher Fülle und Güte sei in Museen selten zu finden. Er dankte den Förderern des Projekts, zu denen der Heimatbund Semper Idem, der Förderverein Haus Hövener, die Sparkasse, sowie der Kreis- und Kulturausschuss des HSK. Er hoffte, dass das Interesse am Museum weiter wie bisher zunehmen werde und freute sich über die über 8000 Besucher im letzten Jahr.
Bürgermeister Dr. Christof Bartsch dankte auch im Namen von Rat und Verwaltung allen, die den Mut und das Durchhaltevermögen gehabt hätten, den Schatz zu bergen. Ein Quantensprung sei das für das Museum, nicht nur historisch sondern auch für die wissenschaftliche Arbeit.
Für viele Briloner ein Muss und ein Vergnügen bedeutet sicher der Besuch der Sonderausstellung über die Historie des Gymnasiums Petrinums. Interessierte Besucher haben die Möglichkeit, die Entstehungsgeschichte der Schule kennenzulernen, Fotografien und Dokumentationen von Lehrern und Direktoren der letzten 100 Jahre zu betrachten oder ausgewählte Abiturjahrgänge ab 1861 und natürlich berühmt gewordene Petriner.
Text: Barbara Aulich Fotos: Ulrich Trommer