Brilon-Totallokal: Achtung, lebende Tiere!
brilon-totallokal: Brilon – Wenn unser Schnitzel oder Rumpsteak auf dem Teller sprechen könnte, würden wir uns wundern, wo es schon überall rumgekommen ist. Über 360 Millionen Nutztiere werden in jedem Jahr quer durch Europa transportiert. Die oft unsäglichen Bedingungen, die auf diesen Transporten herrschen haben wir alle schon oft in den Medien gesehen. Teilweise werden die Tiere tagelang, eng eingepfercht bei einer minimalen Versorgung mit Wasser und Futter, von Mastbetrieben zu den Großschlachthöfen in der Zielregion transportiert, denn Kühltransporte für geschlachtetes Fleisch sind einfach zu teuer. Vorher wurden sie schon, kurz nach ihrer Geburt, vom Zuchtbetrieb zum Mastbetrieb verbracht. In unseren tollen europäischen Agrarmärkten kann das bedeuten, dass ein Kalb in Dänemark geboren, in Deutschland gemästet und letztendlich in Italien geschlachtet wird. Noch vor wenigen Jahrzehnten sah die Situation ganz anders aus: Tiere wurden regional gezüchtet, gemästet, geschlachtet und vermarktet.
Erst das Billigdiktat, welches von den großen Diskounterketten bestimmt wurde, von unserem Verbraucherverhalten unterstützt und von der Politik gefördert wurde, führte zu einer fast kompletten Vernichtung der regionalen Märkte. Landwirtschaftliche Produkte, also auch Fleischwaren, wurden unter dem Deckmantel des Verbraucherschutzes zur EU-einheitlichen Norm Ware. Die EU-Bürokratie fördert bis heute vornehmlich die Großbetriebe und bestraft die Betriebe, welche noch eine artgerechte Tierhaltung haben. Ich fürchte, dass sich mit Inkrafttreten von TTIP, dem „Freihandelsabkommen“ mit den USA, die Situation noch weiter verschärfen wird. Leidtragende sind, neben den kleinen bäuerlichen Betrieben und Metzgereien, vor allen Dingen unsere Umwelt, die Tiere und, nicht zuletzt, der menschliche Umgang mit der Schöpfung. Denn keiner gibt uns das Recht so mit unseren Mitgeschöpfen umzugehen. Der deutsche Tierschutzbund hat den 1.Juli zum „Tag gegen Tiertransporte“ ausgerufen. Egal, welche politische und weltanschauliche Überzeugung wir haben, die Bilder gequälter Kreaturen auf den Tiertransporten und in der Massentierhaltung können uns doch auf Dauer nicht kalt lassen.
Jeder kann natürlich seine eigenen Schlüsse aus dieser Misere ziehen. Ich gebe zu, für mich persönlich kommt ein kompletter Verzicht auf Fleisch nicht in Frage. Aber ich bemühe mich zunehmend, Fleisch aus regionalen Betrieben mit artgerechter Tierhaltung und minimalen Transportwegen zu konsumieren. Denn wir als Verbraucher haben die Macht den unsäglichen Nutztiertourismus auf europäischen Straßen zu stoppen, damit die Bilder gequälter Tiere auf großen LKWs bald der Vergangenheit angehören. Dann können wir auch abends wieder, ohne schlechtes Gewissen, ein leckeres Stück Fleisch auf den Grill legen.
Text: Norbert Schnellen