Stichwort der Woche: Von Norbert Schnellen

Wer hat Angst vorm bösen Wolf?

brilon-totallokal: Die Wölfe sind zurück im Sauerland! Seitdem in der vergangenen Woche ein Jäger in der Nähe von Remblinghausen einen Wolf gesichtet hat, ist auch in unserer Region eine heftige Diskussion über die Rückkehr der Wölfe ins dichtbesiedelte Mitteleuropa entbrannt. Der bisher letzte freilebende Wolf im Hochsauerland wurde im Jahr 1811 bei Fleckenberg erlegt. Danach war erst mal Ruhe. Die Intensivierung der landwirtschaftlichen Anbauflächen, die Industrialisierung und der mit der Motorisierung einsetzende Straßenbau haben das Sauerland, sowie fast ganz Deutschland, für den Wolf unattraktiv gemacht. Seit dem zweiten Weltkrieg kamen zwar noch immer ein paar vereinzelte Exemplare der Gattung aus Ost- oder Südeuropa nach Deutschland, eine Einwanderung ganzer Rudel ist jedoch erst wieder seit dem Wegfall der Demarkationslinie im Jahr 1990 zu verzeichnen.

Während der Wolf in frühen Menschheitskulturen noch als Vorbild für Ausdauer und Stärke verehrt wurde, kehrte sich sein Image mit zunehmender Bevölkerungsdichte immer mehr ins Negative. Als Nahrungskonkurrent, der auch Haustiere riss und angeblich auch vor Menschen nicht Halt machte, wurde er in der Neuzeit deutschlandweit gnadenlos bejagt und galt seit fast 200 Jahren als ausgestorben. Was zum Teufel treibt heute die Wölfe aus Osteuropa dazu, in diese wolfsfeindliche Gegend vorzudringen? Wir wissen es nicht. Eine Erklärung könnte sein, dass Wölfe, wie schon Asterix und Obelix, Wildschweine ganz oben auf ihrem Speisezettel haben. Durch die Entstehung von riesigen (Mais-) Monokulturen in der Landwirtschaft hat die Schwarzwildpopulation in den vergangenen Jahren immer mehr zugenommen, also ein Schlaraffenland für Wölfe. Viele andere Faktoren sprechen jedoch gegen eine dauerhafte Rückkehr von Wolfsrudeln ins Sauerland. Einem 200 PS Trecker mit drei Mähwerken ist ein Wolf genau so wenig ein Hindernis, wie bisher ein Hase oder ein Reh. Auch gegen einen SUV mit Kuhfänger hat Meister Isegrim kaum eine Chance. Und wenn dadurch die Kosten für die Versicherungen steigen und sich das negativ auf die Aktienkurse auswirkt, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Jagd auf Wölfe auch hierzulande wieder beginnt und dass Prämien für jedes abgeschnittene Paar Wolfsohren gezahlt werden.

Seinen Habitus als Kinderschreck kann der Ärmste heute auch nicht mehr aufrechterhalten, denn eine Kindergeneration, die schon im Vorschulalter mit Ballerspielen und Horrorfilmen groß wird, hat keine Angst mehr vorm bösen Wolf. Daher kann ich dem Wolf nur eins empfehlen: Bleib in den großen, menschenleeren Weiten Asiens und Osteuropas, denn gegen das schlimmste Raubtier hierzulande, nämlich den Menschen, hast Du wirklich keine reelle Chance.

 

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