Schleichendes Gift

Stichwort der Woche von Norbert Schnellen

brilon-totallokal:  Wir begegnen ihm überall, in Obst und Gemüse, in der Milch (sogar in der Muttermilch), im Fleisch, im Duft der Weihnachtsbäume, auf Straßen und in Vorgärten, im Grundwasser und Trinkwasser, eigentlich ist es inzwischen ein Bestandteil unseres täglichen Lebens: Glyphosat. Seit 1974, als der US-Konzern Monsanto dieses Pflanzengift erstmals auf den Markt brachte, trat es einen weltweiten Siegeszug an. Kaum ein Land in dem es nicht per Traktor oder Flugzeug auf die Felder gebracht wird, kaum ein deutscher, englischer oder amerikanischer Vorgarten, in dem man mit ihm nicht dem störenden Unkraut zu Leibe rückt, kaum ein Nahrungsmittel, das nicht mit ihm belastet ist. Inzwischen wird es weltweit produziert, auch der deutsche Bayer-Konzern gehört zu den größten Herstellern dieses netten Stoffs.

Im vergangen Jahr warnte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor einem erhöhten Krebsrisiko durch Glyphosat. Zeitgleich beriet die EU-Kommission in Brüssel über eine Verlängerung der Zulassung dieses Pflanzengifts für weitere zehn Jahre. Eigentlich war die Zulassung schon im Jahr 2012 abgelaufen, aber aufgrund einer erstklassigen Lobbyarbeit wurde es bisher stillschweigend immer weiter verlängert. Nun zeichnet sich, trotz der Warnung der WHO, eine Verlängerung der Zulassung um weitere zehn Jahre ab und das bei einer gleichzeitigen Anhebung der Grenzwerte. Warum? Natürlich kann die EU-Kommission auf jede Menge Studien zurückgreifen, welche die absolute Unbedenklichkeit von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln, auch in Kombination mit genveränderten Nutzpflanzen, belegen. Dass diese Untersuchungen in erheblichem Maße von Monsanto, Bayer und anderen Herstellern unterstützt wurden, spielt hierbei anscheinend keine Rolle. Im Gegenteil, Monsanto geht derzeit in die Offensive gegen die WHO, weil die nicht auf die Studien der Industrie zurückgegriffen hat, sondern sich unabhängiger Institute bedient hat. Das geht natürlich nicht, eine solche industriefeindliche Politik kann sich doch kein Konzern bieten lassen. Vielleicht wäre es am sinnvollsten die WHO, am besten auch gleich die Vereinten Nationen, komplett abzuschaffen.

Inzwischen scheint festzustehen, dass die EU-Kommission demnächst für eine Verlängerung der Zulassung von Glyphosat stimmen wird. Einer der Gründe hierfür ist sicherlich auch das geplante Freihandelsabkommen TTIP. Wie kommt es eigentlich, dass in Brüssel ein paar Politiker der EU-Kommission, die wir noch nicht einmal direkt wählen durften, unter dem Einfluss von fast 20.000 in Brüssel tätigen Lobbyisten, Entscheidungen treffen, die unser Leben und unser aller Gesundheit nachhaltig negativ beeinflussen können? Ist das noch Demokratie? Wohl kaum, aber vielleicht tragen wir selber auch dazu bei. Mangelndes politisches Interesse, eine übersteigerte Staatsgläubigkeit, kombiniert mit widerspruchslosem Obrigkeitsdenken bildet den besten Nährboden für eine wuchernde Bürokratie im Dienste der Großkonzerne. Ein passendes Spritzmittel gegen diese Auswüchse hat bisher noch keiner erfunden.

Teilen Sie diesen Bericht mit Ihren Freunden