Kooperationsvertrag zur Bildungspartnerschaft geschlossen

Brilon-Totallokal: Kooperationsvertrag zur Bildungspartnerschaft zwischen Gymnasium Petrinum, Stadtarchiv Brilon und Museum Haus Hövener geschlossen.

brilon-totallokal: Seit 2005 fördert das Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes NRW durch das Medienzentrum NRW Kooperationen zwischen Schulen und außerschulischen Lernorten. Hierzu gehören Archive, Museen, Gedenkstätten und andere kulturelle Einrichtungen. Bereits über 1500 Schulen sind mit ca. 350 Bildungspartnern vertraglich vereinbarte Kooperationen eingegangen. Vorteile bei diesen Zusammenschlüssen sind Teilnahmen an Bildungskongressen, kostenlose Planungshilfen bei Kulturveranstaltungen und auch eine erweiterte Öffentlichkeitsarbeit durch die politischen Vertreter Nordrhein-Westfalens.

In Brilon gab es solch eine Kooperationsform bisher nicht. Die weiterführenden Schulen nutzten zwar das Archiv und das Museum Haus Hövener als erweiterte Bildungsmöglichkeit für die Schülerinnen und Schüler, doch eine koordinierte Zusammenarbeit zwischen allen drei Organen durch einen Bildungsvertrag war noch nicht vorgesehen. Eine Bildungspartnerschaft, wie sie jetzt geschaffen wurde, organisiert zukünftige Projekte und außerperiodische Kulturangebote, die eine längere Vorbereitung voraussetzen. Kontaktpersonen schaffen in regelmäßigen Besprechungen eine potenzielle Erweiterung des schulischen Angebotes, entsprechen dabei jedoch immer dem vorgegebenen Curriculum. Dies kann in Form von Seminaren, Hilfestellungen bei Facharbeiten und Aufsätzen sowie in einfachen Archiv- und Museumsführungen geschehen. Während der Facharbeiten stehen beide Einrichtungen – Archiv und Museum – als Ansprechpartner bei der Literaturrecherche und bei der Einführung für das wissenschaftliche Arbeiten bereit.

Als Besonderheit bei Projekten des außerschulischen Lernens [Seminare, Projekttage, Facharbeiten] gilt hierbei ein regionaler Bezug zum Hochsauerland. Sowohl Archiv als auch das Museum Haus Hövener verfügen über den kulturell-historischen Nachlass der Region. Schülerinnen und Schüler können diesen im Laufe der gemeinsamen Arbeit erfahren und haben somit Einsicht in die Identität ihrer eigenen Umgebung. Facharbeiten, welche auf den historischen Quellen Brilons fußen, sorgen für eine Vorbereitung eventueller akademischer Laufbahnen nach dem Abitur. Stadt- und Museumsführungen erweitern das Wissen um die eigene Heimat und die Projekttage im Archiv und Museum bieten einen regional-bezogenen Forschungscharakter durch das Arbeiten mit historischen Dokumenten aus Brilon.

Solche Bildungsangebote sind ein Novum für Brilon und manchmal darüber hinaus. Schülerinnen und Schüler, die sich für die Vergangenheit begeistern lassen, finden nur selten solche Möglichkeiten fernab der Hochschulen. Welche Breite zukünftige Kooperationen haben können, werden durch die Organisationsteams noch genau definiert, dennoch lässt sich schon jetzt die Aussage treffen, dass es für die Schülerinnen und Schüler eine gewinnbringende Entwicklung darstellt. Hier können die Jugendlichen auch interdisziplinär arbeiten. Beispielsweise verbinden Seminare verschiedene Fachbereiche wie Soziologie, Geschichtswissenschaften, Archäologie und auch die Anwendung von verschiedenen Medien und Methoden werden eingeübt. Ein außerschulischer Lernort bringt zudem noch den Vorteil mit sich, dass die Schülerinnen und Schüler aus ihrer gewohnten Umgebung herauskommen und erkennen, dass auch über die Schule hinaus ihre erworbenen Kompetenzen in Museen und Archiven anwendbar sind. 

Insbesondere für das Museum Haus Hövener ist die Bildungspartnerschaft ein weiterer Schritt zur festen Integration in die Kulturlandschaft des HSK. Beachtet man, dass die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Museen oftmals noch ein ungenutztes Potenzial darstellt, hat der Kooperationsvertrag eine besondere Bedeutung. Dies gilt vor allem dann, wenn es sich um Lehrveranstaltungen für die gymnasiale Mittel- und Oberstufe handelt. Deren Lernplan des Landes NRW sieht Themen wie Industrialisierung und die bundesdeutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts vor. Genau jene Epochen, die auch in der Ausstellung des Museums Haus Hövener zu finden sind. Im Unterschied zu den Geschichtsbüchern am Gymnasium sind aber die regionalen Eigenarten des HSK im Museum erhalten. Um eventuellen interessierten Lehrkräften einen Überblick über potenzielle Seminarthemen zu geben, wird ein Projektkatalog auf der Homepage des Museums bereitgestellt, der die unterschiedlichen Themen wie etwa Gesundheitsversorgung in der Frühen Neuzeit, Industrialisierung im Sauerland des 19. Jahrhunderts oder die Indoktrinierung der NSDAP in Brilon zusammenfasst. Zeitrahmen und Quelleninhalte der Seminare sind hier für Lehrerinnen und Lehrer der gymnasialen Oberstufe abrufbar, damit ein individuell gestalteter Seminarplan erstellt werden kann.

Das Stadtarchiv Brilon – Haus Goldberg ist dazu ein wertvoller Partner. Es sieht sich als Schnittstelle zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Dieses Selbstverständnis sorgt dafür, dass die Begegnung und Arbeit mit Schülerinnen und Schüler im Archiv eine wichtige Pflicht für das Haus Goldberg darstellt. Eine Bildungspartnerschaft organisiert diese Aufgaben, setzt Potenziale frei und erfüllt das Haus mit Leben. Dies ist ein sehr moderner Ansatz. Ein Archiv ist nicht nur reiner Lagerungsraum für den historischen Nachlass einer Region, sondern vor allem ein Ort des Bewahrens und des Erfahrens. Insbesondere das Erfahren der eigenen Vergangenheit, die gerade für junge Menschen noch viele Fragen aufwirft, soll Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Petrinum in das Haus Goldberg locken. Damit unterscheidet sich das Stadtarchiv in Brilon von vielen anderen Einrichtungen der gleichen Art, da es fester in der Bildungslandschaft des HSK integriert ist.

Das Gymnasium Petrinum ist u. a. gekennzeichnet durch eine Reihe von didaktischen und unterrichtlichen Schwerpunkten im Bereich der Gesellschaftswissenschaften und insbesondere im Fach Geschichte. Die Unterzeichnung des Vertrages zur Bildungspartnerschaft fügt diesem Spektrum eine weitere wichtige Facette hinzu. Neben schon länger bestehenden Lern-AGs und Projekttagen sowie einer bereits bestehenden informellen Zusammenarbeit mit Haus Hövener bietet sich mit dieser Bildungspartnerschaft die Möglichkeit, zwei zentrale Kultureinrichtungen der Stadt für diese Art des Lernens zu nutzen und so eine Erweiterung des Bildungsangebotes und Lehrerinnen und Lehrern des Gymnasiums eine weitere Alternative zu bieten. Durchaus kann das Petrinum daher als Vorreiter verstanden werden: Geschichtsunterricht über die Erforschung und Bewertung zentraler weltgeschichtlicher Ereignisse, Prozesse und Zusammenhänge hinaus erfahr- und erlebbar zu machen, und zwar „vor Ort“, wird ein wichtiger Baustein zu Bildung eines historischen Bewusstseins werden. Die Schule möchte in diesem Sinne den Schülerinnen und Schülern das große Bildungspotential, das Stadtarchiv und Stadtmuseum bieten, zu Gute kommen lassen. Da die Angebote des Archivs und des Museums zum großen Teil auf freiwilliger Basis und in ihrem Zeitrahmen individuell nutzbar sind, besteht zudem eine flexible Organisation. 

Alle beteiligten Organe werden auf dem Medienportal des Schulministeriums NRW gelistet, so erweitert sich die landesweite Bildungslandschaft in dieser Form nun auch um das Sauerland. Für andere Schulen mag dies ein Anstoß sein, die Kultureinrichtungen in und um Brilon herum zu nutzen und letztlich die Stadt des Waldes auch als Kulturhochburg zu verstehen. Angesichts der Hanse-Tage 2020 kann dies ebenfalls eine Rolle spielen.

Text: Schlömer, Carsten, Wiss. Mitarb. MHH

Bild: C. Biedendorf

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