Brilon-Totallokal: Stichwort der Woche, von Norbert Schnellen…
brilon-totallokal: Seit dem 1.Januar gilt in Deutschland (wo auch sonst) das „Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grunddatenaufzeichnungen“, auch als „Gesetz gegen Steuerbetrug an Ladenkassen“ bezeichnet. Es gibt zwar Ausnahmeregelungen, aber grundsätzlich ist ein Ladenbesitzer dazu verpflichtet sich ein elektronisches Kassensystem anzuschaffen, welches zehn Jahre lang alle Kassenvorgänge aufzeichnet und jederzeit von Steuerprüfern angezapft werden kann. Der Fiskus hofft hierbei auf noch höhere Steuereinnahmen, die Kosten für diese elektronische Aufrüstung werden den Ladenbesitzern aufgebürdet.
Schon der Name des Gesetzes ist eigentlich eine Unverschämtheit. Jeder Selbstständige wird hier offensichtlich unter Generalverdacht gestellt, dass er „mal eben ein paar Euro am Staat vorbei“ mogelt. Insgeheim wird dadurch die Abschaffung des Bargelds weiter vorangetrieben, denn der bargeldlose Zahlungsverkehr lässt sich viel besser kontrollieren.
Vor 30 Jahren, im Jahr 1987, wurde in Bundesrepublik Deutschland die letzte Volkszählung durchgeführt. Damals machten viele gesellschaftliche Gruppen dagegen Front, weil man fürchtete, dass die gesammelten Daten missbräuchlich verwendet werden könnten. Niemand dürfe dazu gezwungen werden seine persönlichen Daten zu offenbaren. Heute sind wir natürlich schon einige Schritte weiter. Auch ohne Zwang geben die meisten Menschen alles über sich preis. Der tolle Spruch „ich habe doch nichts zu verbergen“, prägt ein Menschenbild, welches sich in eine geradezu „orwellsche“ Gesellschaftsordnung einfügt. Das Kauf- und Informationsverhalten im Internet führt dazu, dass man erst gar keinen Wunsch äußern muss – Schlaraffenlandmäßig bietet uns der „große Bruder“ all das an, was wir uns wünschen (oder auch nicht?), ein perfekt angelegtes Nutzerprofil macht’s möglich! Es wird auch nicht mehr lange dauern, dann können die Polizeibehörden ihre Blitzgeräte einmotten.
Die Bewegungsdaten auf dem Handy geben sehr konkret darüber Auskunft ob man in der 30er-Zone mit 38 km/h, oder auf der Landstraße mit 115 km/h unterwegs war. Smart-Home-Lösungen haben viele Vorteile, zum Beispiel, dass die Heizung runtersteuert oder die Herdplatte abschaltet, wenn das Handy weit entfernt von zu Hause eingeloggt ist. Auch osteuropäische Einbrecherbanden, die sich in diese Netze einhacken, freuen sich sicher über einen solchen Service. 1987 fürchtete man den Überwachungsstaat und verweigerte sich der Teilnahme an der Volkszählung. Heute tragen viele der damaligen Verweigerer Sportarmbänder, die sämtliche körperliche Aktivitäten erfassen, in Zukunft sicher ein tolles Instrument zur Berechnung der Krankenkassenbeiträge.
Keine dieser Tatsachen fordert heute noch den geringsten Widerstand heraus. Völlig gläsern lassen wir vor dem Staat und den Konzernen auch noch die letzten Hüllen fallen. Keiner verschwendet auch nur einen Gedanken daran, welches Instrument wir jeder Form von totalitärer Herrschaft in die Hände legen. Wie heißt es in unserer Nationalhymne „Einigkeit und…“ naja, dann singen wir in Zukunft eben wieder die erste Strophe.
Ihr Norbert Schnellen