Brilon-Totallokal: Stichwort der Woche, von Norbert Schnellen…
brilon-totallokal: Immer mehr junge Menschen streben das Abitur und ein anschließendes Hochschulstudium an. Der Grund ist ganz einfach, laut unserer Politik und unseren Medien gibt es keine arbeitslosen Akademiker in Deutschland. Na ja, wenn jemand in 12 Semestern Nordische Philologie, Isländische Gegenwartsliteratur und Samische Kultur studiert hat und dann einen Vollzeitarbeitsplatz als Taxifahrer findet, ist er natürlich nicht arbeitslos. Von da aus ist es dann nur ein ganz kleiner Schritt zum Kultusminister in einem entsprechend regierten Bundesland. Aber im Ernst, vieles an unserer Schul- und Universitätsausbildung geht voll an der beruflichen Realität vorbei.
Dabei haben wir in Deutschland ein sehr bewährtes System der dualen Berufsausbildung, um welches uns viele andere Länder beneiden. Eine Ausbildung in Abstimmung zwischen den Betrieben, in denen die jungen Menschen demnächst arbeiten werden und einem staatlich gesteuerten Berufsschulsystem bietet immense Vorteile gegenüber rein schulisch oder rein betrieblich ausgerichteten Systemen.
Im Sauerland hat sich in den letzten Jahrzehnten eine mittelständische Wirtschaft entwickelt, um die uns viele andere Regionen beneiden. Während sich die Mitte unseres Bundeslandes nach dem Niedergang der Montanindustrie zum „Armenhaus“ der westlichen Bundesländer entwickelt hat, haben sich die früheren Randbezirke, wie zum Beispiel Südwestfalen und OWL zu wahren Wachstumsmotoren entwickelt. Damit das auch so bleibt sind die Betriebe dringend auf Fachkräftenachwuchs angewiesen.
Dieser wird traditionell von den mittelständischen Firmen selbst ausgebildet. Da sich in vielen Berufsfeldern das Anforderungsprofil stark verändert hat, bieten viele Firmen inzwischen auch die Möglichkeit eines dualen Studiums an. Wie in der dualen Berufsausbildung ergänzen sich hier die Betriebe mit den Fachhochschulen um mit qualifizierten Praktikern den Fortbestand ihres Unternehmens zu sichern.
Alle Horrorszenarien des demographischen Wandels im ländlichen Raum gehen von einem vermehrten Wegzug der jungen Generation in die Ballungsräume aus. Doch was sollen unsere jungen Leute da? Ich weiß nicht, ob überteuerte Mieten, steigende Kriminalität und eine grenzwertige Feinstaubbelastung intelligente junge Menschen in Zukunft noch in die Städte ziehen wird. Zumal sie in unserer Region wirklich glänzende berufliche Zukunftsperspektiven erwarten können. Veranstaltungen wie die Briloner Ausbildungsbörse bringen Schulabgänger und Betriebe zusammen.
Sie dienen dazu, das wichtigste Kapital was wir haben, an unsere Region zu binden – unsere kommende Generation. Wenn uns das gelingt können unsere Bürgermeister die demographischen Prognosen für unsere Städte dort entsorgen, wo sie auch hingehören, nämlich auf der Rathaustoilette!
Ihr Norbert Schnellen