Stichwort der Woche: Das Schaf im Wolfspelz

Brilon-Totallokal: Stichwort der Woche, von Norbert Schnellen

brilon-totallokal: Nach jeder Wolfssichtung spaltet sich die Gesellschaft im Sauerland. Momentan scheint es bei vielen „Mainstream“ zu sein, den Wolf willkommen zu heißen und sich auf seine Rückkehr zu freuen. Andere Zeitgenossen, wie z.B. Jäger und Schafhalter sehen das logischerweise etwas anders. Wer hat jetzt, sachlich gesehen, recht? Bis ins 18. Jahrhundert hinein war der Wolf auch in unserer Region heimisch. Seit es geschichtliche Aufzeichnungen gibt, wissen wir aber auch, dass er bei den Menschen nie gut gelitten war, was dann auch letztendlich zu seiner völligen Ausrottung führte.

Ein Grund war sicher, dass er von den Feudalherren als ungebetener Mitjäger in ihren Revieren nicht gern gesehen war. Der zweite Grund war aber auch, dass der Wolf in den Viehbeständen der einfachen Leute oft erheblichen Schaden anrichtete. Wenn damals ein Wolfsrudel in eine Herde einbrach, war der Verlust an Tieren für die Bauern oft existenzgefährdend. Es gab damals noch keine entsprechende Versicherung und keine Naturschutzbehörde kam ihnen zur Hilfe.

Wenn man heute Verlautbarungen von manchen „Naturschützern“ hört, kann man den Eindruck gewinnen, dass es sich bei Wölfen um menschenscheue, eigentlich vegan lebende Tiere handelt, die höchstens mal ein krankes Reh von seinem Leiden erlösen. Zuverlässige historische Quellen und Berichte aus den Wolfsgebieten in Nord- und Osteuropa sagen etwas anderes: Der Wolf ist nun mal ein Raubtier das auf Beutezug geht. Er ist sicher ein sehr faszinierendes Tier, welches in dünn besiedelten Regionen der Erde gut aufgehoben ist. Ein Hauptgrund für die Ausrottung dieser Tierart in Deutschland war die immer dichtere Besiedlung des Landes.

Ich glaube nicht, dass sich der Wolf, nach über zweihundert Jahren, in der seitdem stark veränderten Kulturlandschaft des Sauerlandes wohlfühlen würde. Bei den in den vergangenen Jahren gesichteten Exemplaren handelte es sich um allein durchreisende Vertreter ihrer Gattung, die als Jungtiere nach einer Partnerin zur Gründung eines neuen Rudels in einem wolfsgerechten Lebensraum suchen. Diesen Lebensraum finden sie hier bestimmt nicht mehr vor.

Die intensiv bewirtschafteten Waldflächen werden in (wolfsmäßig) sehr kurzen Abständen von stark befahrenen Kraftfahrtstraßen durchzogen. Gegen die heute vorherrschenden PS-starken SUVs hat auch ein starker Wolf keine reelle Chance. In unserer stark industrialisierten Landwirtschaft bleibt das Vieh im Stall. Das überwiegend vorhandene Dauergrünland wird mehrfach im Jahr mit Gülle behandelt, eine Situation, die auch den stärksten Wolf umhaut. Gut gespritzte Weihnachtsbaumkulturen bieten auch keine Alternative und die paar Hobbybauern, die ihre Schafe oder Rinder noch auf der Weide halten, würden nach den ersten Wolfsattacken sicher auch bald aufgeben.

Wozu dann also die ganze Aufregung? Wenn sich unsere Kulturlandschaft mal wieder so zurückentwickelt, dass sich hier Wolfsrudel wohlfühlen würden, ist es immer noch früh genug sich über dieses Thema sachlich zu streiten.

Ihr Norbert Schnellen

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