Stichwort der Woche: Das Rad neu erfunden

Brilon-Totallokal: Stichwort der Woche, von Norbert Schnellen…

brilon-totallokal: Vor genau 200 Jahren, im Jahr 1817, entwickelte der badische Förster und Erfinder Karl von Drais ein hölzernes Laufrad, welches später auch als Draisine bezeichnet wurde. Eine bahnbrechende Erfindung, weil es ihm erstmals gelang in Kombination von Mechanik und menschlicher Muskelkraft, größere Entfernungen bequemer und mit wesentlich höherer Geschwindigkeit zu überwinden, als das zu Fuß möglich war. In genialer Einfachheit verband er zwei hölzerne Wagenräder, von denen er das vordere lenken konnte. Antrieb erhielt das Gefährt durch einfaches Abstoßen mit den Füßen, wobei die Schuhe dafür vorne mit Eisenkappen versehen wurden. Auf ebener Fläche erreichte er damit eine Geschwindigkeit von 15 Stundenkilometern, natürlich kein Vergleich mit den heutigen High-Tech-Bikes. Trotzdem würde es, ohne die Erfindung des badischen Tüftlers, heute vermutlich weder Mountainbikes, noch E-Bikes geben. Die heutige Biker Szene sollte Karl von Drais daher auch jetzt noch als ihren „Schutzpatron“ besonders ehren.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde die Drais’sche Erfindung immer weiter perfektioniert und bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts war die Evolution vom „Laufrad“ zum „Fahrrad“ abgeschlossen. Nach Hochrädern mit Kurbelantrieb und ähnlichen Entwicklungen setzte sich letztendlich der Fahrradtyp mit Rauten- oder Diamantrahmen und Kettenantrieb auf das Hinterrad durch. Jetzt endlich konnte der Siegeszug des Zweirads beginnen. Während die ersten Fahrräder im 19. Jahrhundert vor allen Dingen von jungen Adeligen als Sportgeräte genutzt wurden, konnten sie nach der Einführung der Serienproduktion von breiten Bevölkerungsschichten erworben werden. Mit dem Fahrrad erhöhte sich der Aktionsradius der Menschen und ermöglichte weitere Anfahrten, zum Beispiel zur Arbeitsstätte. Auch als günstiges Transportmittel erfreute sich das Fahrrad großer Beliebtheit. Frische Waren, wie Brötchen, Fleisch und Milch gelangten, vor allen Dingen in den Großstädten, mit dem Fahrrad schneller zum Endverbraucher. Auch viele Sauerländer Handelsmänner nutzten vermehrt das Fahrrad um ihre Sensen oder Strickwaren an den Mann oder an die Frau zu bringen.

Mit der Massenmotorisierung nach dem zweiten Weltkrieg verlor das Fahrrad als Nutzfahrzeug, gerade in den Industrieländern, immer mehr an Bedeutung. Während in vielen Schwellenländern, wie China oder Indien, das Fahrrad noch heute einen Großteil der Mobilität ausmacht, erlebt es hier in den letzten Jahren vor allem eine Renaissance als Sport- und Freizeitgerät. Rein ökologisch gesehen wäre es sicher sinnvoll, wenn das Fahrrad, gerade in seiner heutigen mechanischen Perfektion, auch wieder vermehrt als Nutzfahrzeug in Gebrauch kommen würde. Als leichtes, umweltfreundliches Gefährt würde es viele unserer heutigen Verkehrsprobleme lösen und einen großen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Es wäre sicher auch ein Signal für die Entwicklungs- und Schwellenländer, uns in der Entwicklung der Massenmotorisierung nicht nachzueifern. Denn dann könnte uns allen recht bald die Puste ausgehen.

Ihr Norbert Schnellen

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