„Überschuldete brauchen eine starke Beratung“

Brilon-Totallokal: Zugang zur sozialen Schuldnerberatung wird immer mehr eingeschränkt / Lange Wartezeiten für Betroffene / Aktionswoche macht auf chronischen Mangel aufmerksam

brilon-totallokal: Brilon.Angesichts der bundesweiten Aktionswoche Schuldnerberatung vom 19. bis 23 Juni beklagt die Schuldnerberatung des Sozialdienstes katholischer Frauen e.V. in Brilon, dass der Zugang zu diesem wichtigen Hilfsangebot für viele Betroffene immer schwieriger wird. „Auch wir führen eine Warteliste“, betont Martina Herting. Grund ist u. a. die unzureichende personelle Ausstattung des Dienstes, was wiederum an der Finanzierung durch örtliche Kostenträger liegt.

Obwohl Schätzungen von 6,8 Millionen überschuldeten Menschen in Deutschland ausgehen, könne nur eine Minderheit der Betroffenen beraten und betreut werden. Dieser chronische  Mangel  führe zu überdurchschnittlichen Wartezeiten für Ratsuchende und einem reinen Krisenmanagement auf Kosten nachhaltiger Stabilisierung. Im Extremfall könne die nicht erfolgte Beratung für Betroffene ernsthafte Konsequenzen bis hin zum Arbeitsplatzverlust haben.

Zu beobachten sei aber auch, dass die Kostenträger von Schuldnerberatung den Zugang zu diesem Dienst einschränken – und zwar auf Empfänger von Sozialleistungen und Bezieher von Arbeitslosengeld. Selbst Erwerbstätige hätten vielfach keinen uneingeschränkten Anspruch mehr auf Beratung. Dabei ziehe sich das Thema Überschuldung durch die gesamte Gesellschaft. Hauptursachen seien Arbeitslosigkeit, längerfristiges Niedrigeinkommen, gesundheitliche Probleme oder Trennung bzw. Tod des Partners.

Die Beratungskräfte unterstützen nicht nur beim Abbau von Schulden, sondern entwickeln und stärken auch die Finanzkompetenz von Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen.

Ein wichtiges Beratungsziel ist darüber hinaus, das Lebensnotwendige zu sichern, u. a. die Versorgung mit Energie. „Die gestiegenen Kosten für Energie führen dazu, dass immer mehr Menschen mit niedrigem Einkommen ihre Strom- und Heizkostenrechnung nicht mehr bezahlen können und sich verschulden“, sagt Martina Herting.

Seit mehr als 25 Jahren gibt es in Deutschland das Angebot der Sozialberatung für Schuldner. Im Bereich des Erzbistums Paderborn bieten 18 Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen Hilfe an. „Der Nutzen der Beratungsarbeit wird heutzutage von niemandem in Frage gestellt“, so Christoph Eikenbusch vom Caritasverband für das Erzbistum Paderborn. Eikenbusch hofft, dass die bundesweite Aktionswoche der Schuldnerberatung verantwortliche Sozialpolitiker und Kostenträger für die nicht ausgeschöpften Potenziale dieses Dienstes sensibilisiert. Zurzeit könne vielfach nur ein Angebot „auf Sparflamme“ vorgehalten werden. „Überschuldete brauchen aber eine starke Beratung. Dies muss politisch gewollt sein und entsprechend umgesetzt werden.“ Bei den Koalitionsverhandlungen könne die künftige NRW-Landesregierung hier wichtige Signale setzen.

weitere Infos unter http://www.aktionswoche-schuldnerberatung.de/

Quelle: A. Will, Sozialarbeiterin / Sozialpädagogin B.A., SkF Brilon e.V. 

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