Kein Auskommen mit dem Einkommen

Stichwort der Woche von „Norbert Schnellen“ : Kein Auskommen mit dem Einkommen

brilon-totallokal: Immer mehr Arbeitnehmer haben einen Nebenjob. Fast drei Millionen Menschen müssen sich, zusätzlich zu ihrer Vollzeittätigkeit, einen Minijob suchen. Dabei ist kaum anzunehmen, dass es sich hierbei nur um Leute handelt, die in ihrem Job nicht ausgelastet sind und nur nebenbei etwas Vermach haben wollen. Fakt ist, dass gerade am unteren Ende der Lohnskala seit Jahren eine Stagnation herrscht. Bei steigenden Mieten, gerade in den urbanen Ballungsräumen, reicht das Einkommen dann oft nicht mehr zum Bestreiten des Lebensunterhalts aus.

Jetzt im Wahlkampf bekommen wir immer wieder zu hören, wie gut es uns Deutschen doch geht. Ein stabiles Wirtschaftswachstum, immer mehr sozialversicherungspflichtige Jobs, eigentlich müssten wir doch den ganzen Tag vor Glück laut schreien. Oft habe ich den Eindruck, dass Politiker und Medienschaffende bei ihrer Einschätzung zur Lage der Nation, nur ihr persönliches Umfeld im Blick haben. Der Blick nach „unten“ scheint im Moment in diesen Kreisen nicht sehr populär zu sein.

Wenn hart arbeitende Menschen mit ihrem Verdienst nicht mehr eine Familie ernähren können, wenn das Sozialamt voll beschäftigte Arbeitnehmer mit Wohngeld unterstützen muss oder beide Elternteile noch nach Feierabend oder am Wochenende was dazu verdienen müssen, dann ist das in einem „so reichen Land“ ein Skandal.

Die Gründe für diese soziale Schieflage liegen auf der Hand. Die Globalisierung, an der wir Deutschen ja auch gut verdienen, schafft auch einen Wettbewerb der Arbeitskräfte. Gerade untere Lohngruppen geraten dabei immer mehr unter Druck. Ein Facheinzelhändler, der in Konkurrenz zu multinationalen Internetkonzernen steht, ist sicher nicht in der Lage seine Beschäftigten besser zu bezahlen. Gesundheitsdienstleister, die sich in der Konkurrenz zur osteuropäischen Pflegemafia behaupten müssen, können dadurch auch nicht tiefer in die Tasche greifen.

Zudem werden Einkommen in geringer Höhe viel zu früh und viel zu stark mit Steuern und Sozialabgaben belastet, die Freibeträge sind ein Witz und das Argument, dass die Menschen damit für ihre eigene Rente vorsorgen ist, bei dem geltenden System von Entgeltpunkten, einfach nur eine Unverschämtheit. Die zunehmende Digitalisierung wird in absehbarer Zeit immer mehr Menschen in den Niedriglohnsektor treiben. Durch diese Entwicklungen und nicht zuletzt durch den internationalen Finanzkapitalismus ist der Wert des Produktionsfaktors Arbeit in den vergangenen Jahren immer stärker gesunken.

Sicher gibt es für dieses Problem keine Patentlösung. Weder ein „bedingungsloses Grundeinkommen“, noch eine wirklich sozial ausgewogene Steuer- und Rentenreform, bei der auch Aktiengewinne und andere Kapitalerlöse stärker zur Finanzierung des Sozialstaates herangezogen werden, sind derzeit politisch durchsetzbar. So bleibt vielen „kleinen Leuten“ keine andere Möglichkeit als sich in mehreren schlecht bezahlten Jobs kaputt zu malochen. Über ihre Rente brauchen sie sich dann auch keine Gedanken mehr zu machen.

Ihr Norbert Schnellen

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