Brilon-Totallokal: Es gibt keine unanständigen Branchen oder Unternehmen
brilon-totallokal: Zum 54. Briloner Wirtschaftsforum am 19. Oktober 2017 im Atrium der Sparkasse Hochsauerland in Brilon konnte Bürgermeister Dr. Christof Bartsch etwa 160 Interessierte begrüßen. Neben dem Redner Frank Breckwoldt aus Stuttgart, dem Wirtschaftsförderer Oliver Dülme und dem Vorstand der Sparkasse Hochsauerland konnte er auch die Schüler der Fachgruppe Wirtschaft vom Berufskolleg Brilon mit ihrem Lehrer Studiendirektor Klaus Götte begrüßen. Er führte weiter aus: „ Beim Sport ist ein Foulspiel quasi ehrlich, denn es wird erkannt und sofort geahndet. In den Wirtschaftsbereichen wird das Bild des „Ehrbaren Kaufmanns“ immer bemüht. Seit der Hanse steht dieser Begriff für u. a. Ehrlichkeit und Verlässlichkeit. Ist dieses Ideal heute noch realisierbar? Ist der ehrbare der Dumme?
In manchen Bereichen regiert nur noch der „Homo Ökonomismus“ ( rationaler Agent, in der Wirtschaftswissenschaft das theoretische Modell eines Nutzenmaximierers zur Beschreibung menschlichen Handelns.) Der Vertreter der Sparkasse Hochsauerland bemerkte dass die Bankenkrise 2008 sich bei den eigenen Instituten und denen des Raiffeisenverbandes in Südwestfalen nicht negativ durch Personalabbau bemerkbar gemacht hat. Bei den Instituten als auch bei den Mittelständlern stand der Mitarbeiter im Vordergrund. Da wo es zu Problemen kommen konnte wurde im Vorfeld durch z. B. Kurzarbeit gegen gesteuert.
So ganz in Ordnung ist unser Wirtschaftssystem nicht
Frank Breckwoldt, gebürtiger Hamburger und jetzt in Stuttgart beheimatet, sieht sich in Südwestfalen als Gast in einer starken Wirtschaftsregion, in der 2008 die Unternehmen mit Augenmaß reagiert haben. Trotz dieser positiven Aussage sind nach seiner Information 40 bis 50 Prozent der Erwerbstätigen Bevölkerung der Ansicht „so ganz in Ordnung ist unser Wirtschaftssystem nicht“. Einige wenige Foulspieler prägen dieses Bild besonders. Er stellt jedoch in gleichem Atemzuge fest „es gibt keine unanständigen Branchen oder Unternehmen“. Das die negative vorgenannte Ansicht zum Ausdruck kam, liegt im wesentlichen an einzelnen Führungspersonen. Absprachen wie das Bier- oder Zementkartell, Dieselgate und ähnliche führen zu diesem Bild in der Öffentlichkeit. Die Frage im Falle VW die sich die Fachleute stellten war ganz einfach: „wie konntet ihr in einem Land wie die USA diese Manipulation durchführen, wo bekannt war das in Kalifornien die weltweit strengsten Umwelt- und Abgasvorschriften existieren?
Die Empfehlung an die Unternehmen kann daher nur lauten „werden sie rechtzeitig anständig, bevor die Hinweise kommen“. Die Frage ob man sich den Austausch der verantwortlichen leisten kann stellt sich nicht. Denn vordringlich muss das Bild überprüft werden das es Anständig geht. Das es manchmal nicht geht macht das Foulspiel so gefährlich.Es ist aber nicht die Realität das alle Foulspielen. Gerade im Bankwesen haben einige Foulspieler viel Geld und Ansehen verloren. Durch die neuen Medien verbreitet sich negatives Vorgehen besonders schnell. Der Königsweg ist Erfolg mit Anstand und Umsetzung auf und durch die Führungsebene. Der Verlust des Renommee ist das gefährlichste Risiko. Wirtschaftlicher Erfolg und gleichzeitig ein anständiges Umfeld fördert das Engagement der Mitarbeiter und erhöht ihren Einsatzwillen. Das Ziel ist, dauerhaft vorne bei den besten zu sein. Das geht letztlich nur mit Anständigkeit.
Vier „V“ und die Waage
Die hohe Herausforderung an die Unternehmen ist die Ausgeglichenheit der „Waage“. Die Waage hat auf der einen Seite die „Hochleistung“ und auf der gegenüberliegenden Seite die „Menschlichkeit“. Die Herausforderung für Führungskräfte besteht darin, beide Seiten mit hohen Gewichten zu belegen und dabei auf das Gleichgewicht zu achten. Das ist Führungskunst. Das hohe Gewicht ist von Bedeutung, denn wenn links und rechts nichts ist, dann ist „Führung light“. Das heißt die Führungskraft stellt keine hohen Leistungsanforderungen an die Mitarbeiter, kümmert sich aber auch nicht um sie. Hier kommen nun die vier „V“ ins Spiel.
V 1 = Verantwortung, jeder trägt für seine eigene Leistung die Verantwortung, Übernahme von Schuld.
V 2 = Vertrauen, Vertrauen schaffen im Unternehmen, dass in beide Richtungen fließt. Authentisch bleiben um das Vertrauen nicht zu gefährden, dieses gilt in beide Richtungen. Vertrauen führt auch zu hoher Leistung.
V 3 = Verbindlichkeit schaffen im Unternehmen. Absprachen werden eingehalten, verbindliche Zusammenarbeit.
V 4 = Vorbildfunktion, wer nicht bereit ist Vorbildfunktion durchzuführen ist fehl am Platze, Stimm- ung und Kultur leiden darunter. Spielregeln müssen eingehalten werden, sie gelten für alle, sowohl nach oben wie nach unten.
Wenn diese vier „V“ ein- und durchgesetzt werden hat man ein gut funktionierendes Unternehmen.Gewinn und Profit in Unternehmen sind normale Voraussetzungen. Es gewinnt keiner auf Kosten des anderen.
Club of Hamburg
Frank Breckwoldt ist ein Mitbegründer des „Club of Hamburg“. Die Vereinigung hat sich zur Aufgabe gemacht, neben dem vorhandenen DAX einen DEX (Deutscher Ethik Index) einzuführen. Unternehmen die den Veränderungsprozess von freiwilliger Corporate Social Responsibility (CSR = Unternehmerische Gesellschaftsverantwortung, umschreibt den freiwilligen Beitrag der Wirtschaft zu eines nachhaltigen Entwicklung, der über den gesetzlichen Rahmen hinausgeht.) zu einer nachprüfbaren und auskunftsfähigen Werte orientierten Unternehmensführung erfolgreich durchlaufen haben, können sich nach Erhalt des Gütesiegels „Erfolg mit Anstand“ im DEX listen lassen. Das Gütesiegel wird messbar durch betriebswirtschaftlichen Erfolg (Umsatz, Rentabilität, Marktanteil, Eigenkapital usw.) Mitarbeiterbezogener Erfolg (Arbeitsunfälle, Diversität, Fluktuation, Zufriedenheit, Qualifikation usw.), Kunden- und Partnerbezogener Erfolg (Qualität, Zufriedenheit, Image von Produkten und Dienstleistungen, Überprüfung von Lieferanten usw.), Gesellschaftsbezogener Erfolg (CO² Emissionen, Energieverbrauch, Integrität, Bußgelder usw.).
Quantitative und qualitative Indikatoren befähigen dazu „Erfolg mit Anstand“ zu messen und die Organisation ganzheitlich danach zu steuern.
Bildunterschrift: Frank Breckwoldt ( zweiter von rechts) mit einem Präsent der Stadt Brilon nach einem fulminanten und umfangreichen Vortrag über „Erfolg mit Anstand“ im Kreis der Veranstalter des 54. Briloner Wirtschaftsforums.
Quelle Text und Bild: Peter Kasper