Brilon-Totallokal: Stichwort der Woche, von Norbert Schnellen…
brilon-totallokal: Große Würfe plant eine kommende Bundesregierung wohl kaum. Wie immer wurde in den bisherigen Sondierungsgesprächen „klein-klein“ verhandelt, damit jeder bei seiner Wählerklientel trotzdem noch gut dastehen kann. Der erste „Große Wurf“, der bei den Verhandlungen unter die Räder kam, war das selbst gesteckte Klimaziel für 2020. Nun kann man sagen, dass dieses Scheitern realistisch gesehen zu erwarten war, aber was für ein Beispiel geben wir damit in der Welt ab. Wer sich über Trump aufregt kann sich eigentlich nicht so verhalten. Zur Einhaltung des Klimazieles wäre ein sofortiger Ausstieg aus der Verstromung von Braunkohle nötig gewesen. Dieser wird jedoch von den Braunkohleländern immer wieder torpediert.
Deren Argument lautet „Erhalt von Arbeitsplätzen“. Mit dieser Logik hätte man auch nie die Todesstrafe abschaffen dürfen, der Erhalt der Arbeitsplätze der Henker hätte dann schwerer gewogen als die Einhaltung der Menschenrechte. Wenn man mal sachlich betrachtet wieviel Arbeitsplätze bundesweit noch an der Braunkohle hängen, kommt man zu dem erstaunlichen Ergebnis, dass diese hochtechnisierte Branche nur noch knapp 20 Tausend Beschäftigte hat.
Das kann also kaum der Grund für ein Festhalten an dieser überkommenen Energieform sein. Wenn die deutsche Wirtschaft so brummt, wie wir das täglich in den Medien serviert bekommen, wäre jetzt sicher der beste Zeitpunkt für einen Strukturwandel. Die freigesetzten Arbeitskräfte hätten in Zeiten eines gravierenden Fachkräftemangels große Chancen auf dem Arbeitsmarkt und die Politik könnte die Bedingungen für die Ansiedlung moderner Unternehmen in den betroffenen Regionen schaffen.
Der Grund für das Festhalten an der Braunkohle liegt vielmehr darin, dass die großen Energiekonzerne mit dieser veralteten Technik, die schon längst abgeschrieben ist, die größtmögliche Rendite machen können. Daher macht ihre Lobby derzeit sicher mächtig Druck auf die Politik. Jetzt stellt es sich als absoluter Irrweg heraus, dass man die Grundversorgung der Bürger in den Bereichen Gesundheit, Infrastruktur und Energie in die Hände gewinnorientierter Unternehmen gelegt hat, anstatt sie in der öffentlichen Hand zu behalten.
Für diese Konzerne zählt nicht das Wohl ihrer Mitarbeiter, geschweige denn das ihrer Kunden. Was zählt ist „Shareholders Value“, hohe Vorstandstantiemen und der Wert des Unternehmens an den Kapitalmärkten. Schade, dass sich unsere gewählten Volksvertreter inzwischen so in die Abhängigkeit von solchen „Verbrechern in Nadelstreifen“ begeben haben, dass eine wirklich zukunftsorientierte Politik derzeit nicht realisierbar scheint.
Ihr Norbert Schnellen