„So viel Selbstbewusstsein gewonnen“

Brilon-Totallokal: Schulhunde-Prüfung in Briloner St. Engelbert-Grundschule

brilon-totallokal:  Ela schluchzt und Philipp knallt sein Etui mit voller Wucht auf den Tisch. Schulhunde müssen schon einiges aushalten. Gott sei Dank ist das aber alles abgesprochen. Seit zwei Wochen arbeitet die Klasse 3 b der St. Engelbert-Grundschule Brilon mit sieben tierischen Persönlichkeiten zusammen, die heute mit ihren Haltern die Prüfung als Schulhund ablegen möchten. Auch ein Fernsehteam vom WDR interessiert sich für die neuen Sterne am Schulhunde-Himmel und schwirrt durch den Raum. Aber das scheint niemanden zu stören.

Organisiert wird die Ausbildung von der Hundeschule Diemelsee, geleitet von Doris Schönegge. Auch sie nimmt mit Hund Gasimeh an der Prüfung teil. Unter der Devise: „Liebe, Lob und Leckerchen“ führt sie behutsam Hund und Kind zusammen. „Jedes Kind ist jetzt in der Lage einen Schulhund zu führen. Und was heute geprüft wird: jeder der Hunde lässt sich problemlos darauf ein.“ „Wichtig ist dabei, dass alles für beide Seiten freiwillig ist“, erläutert Sonderpädagogin Frau Wrede, die von Schulseite  das Projekt betreut. „Es sind zwei Lebewesen, die hier aufeinander treffen und die Chemie muss stimmen.“

Schulhunde können durch Beschluss der Schulkonferenz von jeder Schule eingeführt werden, wenn ein entsprechendes Konzept vorliegt. Ihre Aufgabe ist es, mit ihren Haltern in den Unterricht zu gehen und durch gezielte Interaktion im Klassenverband den richtigen Umgang mit zwischen Kind und Hund  aufzuzeigen. Ganz nebenbei gehen die Schüler dadurch insgesamt lieber zur Schule und Auffälligkeiten reduzieren sich, so haben Untersuchungen gezeigt.

Werner Schweiner ist Sachverständiger vom Verband Hessischer Hundeschulen. Er ist heute als Prüfer anwesend. „Für mich ist wichtig, dass die Hunde sich anfassen lassen, keine Aggressionen zeigen und freudig mitmachen“, erläutert er die Anforderungen. Hund Finn liegt in der Lese-Ecke – Pfötchen in die Luft  – und wird von 6 emsigen Händen gestreichelt während Johanna ihm die Geschichte von der kleinen Hexe vorliest. Prüfung mit Auszeichnung bestanden, darf man meinen. Und überhaupt hören Schulhunde unheimlich gerne vorgelesene Geschichten, so heißt es. „Da meldet sich dann auch schon mal jemand zum Vorlesen, der sonst gar nicht dafür zu begeistern ist“, berichtet Schulleiterin Monika Aßeuer-Waller. 

Jetzt bilden die Kinder ein Spalier. „Die Hunde sollen hier durchlaufen und wir klatschen dann erst leise und hinterher ganz laut“, schildert Pia den Ablauf. Gleichzeitig gehen alle Kinder einen Schritt vor und der Hund wird dadurch etwas eingeengt. „Das ist der pure Stress für den Hund“, sagt Werner Schweiner.

Massive Ängste mancher Kindern haben vor Beginn der Übungseinheiten im Raum gestanden, erfahre ich. Zeynep konnte sich nicht vorstellen mit einem Hund in einem Raum zu sein und hatte sich entschieden nicht am Projekt teilzunehmen. „Kinder mit Migrationshintergrund haben manchmal ein ganz anderes Tierverständnis“, zeigt Klassenlehrerin Nicole Peters auf. „Man denke nur an die Kettenhunde in anderen Kulturkreisen.“ Zeynep hat sich im Laufe der Übungseinheiten zum Mitmachen entschlossen. Himany, eine kleine Toypudel-Dame mit lustigen Zöpfen hat es ihr angetan. Zeynep soll Himany dazu bringen, sich auf dem Stuhl neben ihr nieder zu lassen – so weit der Plan. Aber Zeynep überlegt es sich anders. Ein Hopp – und Himany sitzt auf Zeyneps Schoß. Sofort wird sie liebevoll gestreichelt. Nicole Peters muss schlucken. „So viel Selbstbewusstsein haben die Kinder in diesen zwei Wochen gewonnen.“

Gegen Mittag steht fest: Man darf gratulieren. Finn, Bruno, Meggi, Paul, Gasimeh, Himany und Timmy haben die Prüfung mit Bravour bestanden. „Die Hunde waren sehr entspannt und haben richtig gut alles mitgemacht“, lobt der Werner Schweiner.

Ob es mit den Schulhunden an der St. Engelbert Grundschule in Brilon weiter geht, kann Schulleiterin Monika Aßeuer-Waller im Moment noch nicht sagen. „Dazu bedarf es verschiedener Beschlüsse und eines tragfähigen Konzepts.“ „Schön wäre es aber,“ sind sich die Kinder der Klasse 3 b einig.

Weitere Informationen zur Schulhunde-Ausbildung gibt es unter www.hundeschule-naturpark-diemelsee.net. Und wer die Rasselbande als Fernsehstars erleben möchte, sollte diese Woche auf „WDR-Lokalzeit Siegen“ achten oder in der WDR-Mediathek suchen.

Bildunterschrift: Ungewohnter Anblick im Klassenraum: Schulhund Bruno nimmt im Unterricht ein Leckerchen entgegen

Text und Foto: Jutta Maas

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