Brilon-Totallokal: (Hier zu den Bildern) Schüler des Gymnasiums Petrinum präsentieren im Rahmen der bundesweiten Wanderausstellung ihre Forschungsergebnisse
brilon-totallokal: „Für eine starke Republik! Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold 1924-1933ˮ lautet der vollständige Titel einer bundeweiten Wanderausstellung, die in Brilon haltmacht. Am 8. April konnte Initiator Dirk Wiese, Vorsitzender der HSK-SPD und Minister des Bundestags mehr als 100 geladene Gäste zur Ausstellungseröffnung begrüßen. Im Beisein von Bürgermeister Dr. Christoph Bartsch, dem stellvertretenden Landrat Dr. Michael Schult, dem stellvertretenden Bürgermeister Olsberg Peter Rosenfeld, Ehrenbürgermeister Franz Schrewe und Probst Dr. Reinhard Richter ging er in seiner Begrüßungsrede auf den Anlass der Ausstellung ein: „Geschichte verdeutlicht politische Entwicklungen und macht stets ihre Konsequenzen begreifbar. Der Blick zurück macht uns bewusst, dass wir zu allen Zeiten für die Demokratie Verantwortung übernehmen, ja für sie kämpfen müssen.ˮ Besonderen Dank richtete Wiese an das Sauerlandmuseum in Arnsberg für die Leihgabe der hervorragend erhaltenen Reichsbanner-Fahne der damaligen Ortsgruppe Brilon.
Schüler des Gymnasiums Petrinum forschten im Stadtarchiv.
Als überparteiliche Bewegung versuchte das Reichsbanner die Weimarer Republik vor einem zunehmend radikalisierten Politik- und Demokratieverständnis zu schützen. Winfried Dickel, Vorsitzender des Briloner Heimatbundes, verwies in diesem Zusammenhang auf die Verdienste des Briloner Gymnasiallehrers Josef Rüther. Er habe sich in den 30-er und 40-er Jahren neben vielen anderen Engagements, die stets die Bewahrung demokratischer Grundprinzipien zum Ziele hatten, auch für die Belange des Reichsbanners eingesetzt. Sich und seine Familie setzte er dabei großen Gefahren aus, da vom immer stärker werdenden NS-Regime immer größere Repressalien ausgingen. Dickel stellte damit den regionalen Bezug der Bewegung her und wies auf eine Besonderheit der Briloner Ausstellung hin: Eingebettet in die Wanderausstellung stellen 15 Neunt- und Zehntklässler auf Sondertafeln ihre Forschungsergebnisse vor, die sie größtenteils in ihrer Freizeit in 150 Stunden erarbeitet haben. Im Rahmen der Bildungspartnerschaft zwischen dem Gymnasium und dem Haus Hövener sollte dieses Mal die Frage beantwortet werden, welche Auswirkungen der Versailler Vertrag und die Weimarer Republik mit ihren fragilen Machtverhältnissen auf Brilon hatten. Die Ergebnisse sind beeindruckend und machen deutlich, dass in dieser Zeit auch im Sauerland antidemokratische und verfassungstreue Kräfte lange miteinander rangen und sich spätestens nach dem Reichstagsbrand der politische Machtanspruch von seinem demokratischen Grundverständnis verabschiedete. Dickel dankte neben den Schülern insbesondere der Geschichtslehrerin Anja Burg und Carsten Schlömer für die Begleitung und Umsetzung des gelungenen Projekts.
„Weimar war weder Bonn noch Berlinˮ
Die geschichtswissenschaftliche Perspektive zwischen den beiden Weltkriegen und die Rolle des Reichsbanners erörterte der Historiker und Gymnasiallehrer Dr. Christoph Thüer in seiner Begrüßungsrede. Mit großen Hoffnungen war die Gründung des Reichsbanners durch die Parteien der sogenannten Weimarer Koalition im Jahre 1924 verknüpft. Vor allem sollten die republikfeindlichen Kräfte in der jungen Weimarer Republik unter Kontrolle gehalten werden – wenn nötig auch mit Gewalt. Auch wenn innerhalb der Einheiten des Reichsbanners die Hierarchien bewusst flach gehalten wurden, „stieß zunehmend Gewalt auf Gewalt und potenzierte sich letztendlich, so Thüer. Im Rahmen der Kampfhandlungen verloren zwischen Dezember 1924 und Februar 1933 insgesamt 64 Kämpfer des Reichsbanners ihr Leben. Thüer fasste zusammen: „Aus heutiger Sicht mutet es schon fast merkwürdig an, dass demokratische Parteien selbst auf paramilitärische Verbände zurückgriffen, um republikfeindliche paramilitärische Verbände zurückzudrängen.ˮ
Er entwickelte ein Szenario, in welchem die Weimarer Republik eine Chance gehabt hätte: „Die einzige Antwort wäre wohl nur der Aufbau loyaler staatlicher Polizeieinheiten in ausreichender Größe mit entsprechender Ausrüstung gewesen.ˮ Doch dazu kam es nicht, es fehlte an staatlicher Entschlossenheit und die Zustimmung der alliierten Siegermächte. 1933 wurde das Reichsbanner vom NS-Regime aufgelöst, seine ehemaligen Mitglieder flohen oder gingen in den Widerstand, auch darüber gibt die Ausstellung Auskunft.
Die Ausstellung geht noch bis zum 20. April und kann von allen Bürgern kostenfrei besucht werden. Die für Schulklassen anfallenden Fahrtkosten übernimmt der Briloner Heimatbund. Wie sagte doch sein Vorsitzender Dickel so treffend: „Schließlich ist ein Museum dazu da, Dingen eine Bedeutung zu geben und somit zu erreichen, die inhaltliche Hoheit über heute übliches Stammtischgerede zu erlangen.ˮ
Quelle: Robert Trappmann