„Endlich mal ein Theaterstück richtig verfolgen können“

Brilon-Totallokal: Eine kleine Anlage bietet ab jetzt große Vorteile für Menschen mit Hörschädigungen in Brilon

brilon-totallokal: „Ich wollte immer schon mal an einem autogenen Training teilnehmen,“ erzählt Anke Spiekermann aus Brilon, „oder ein Theaterstück richtig verfolgen können.“ Anke Spiekermann ist hochgradig hörgeschädigt. Eindringlich schildert sie, wie hörgeschädigte Menschen sich manchmal auf Grund ihrer Behinderung aus der Gesellschaft zurück ziehen und ein richtiges Einsiedlerleben führen. Die Stadt Brilon macht jetzt einen großen Schritt auf diese Menschen zu. Mit der Anschaffung einer induktiven Höranlage bietet sie enorme Möglichkeiten zur Verbesserung der Lebensqualität von hörgeschädigten Briloner Bürgerinnen und Bürgern.

Mit einer induktiven Höranlage werden Audiosignale wie Musik oder Redebeiträge bei Veranstaltungen für schwerhörige Personen zugänglich gemacht. Die Tonsignale werden dazu in elektrische Signale umgewandelt und über eine im Raum ausgelegte Induktionsschleife ausgesendet. Mit Empfängern, die eine speziell eingebaute Empfangsspule haben, können die Tonsignale störungsfrei verstärkt empfangen werden. „Für Träger und Trägerinnen von Hörgeräten sind Lautsprecher in großen Räumen meistens keine Hilfe zum Verstehen,“ erläutert Angelika Weber. Sie selbst schwerhörig und arbeitet als Vorsitzende der Ortsgruppe Brilon des Deutschen Schwerhörigenbundes (DSB). „Sie verzerren die Sprache und hallen nach, so dass die einzelnen Wörter kaum noch zu verstehen sind.“ Einfach in der Fußgängerzone angequatscht hatte sie vor gar nicht so langer Zeit den Briloner Bürgermeister Dr. Christof Bartsch, erinnert sich dieser schmunzelnd. „Ich war sofort begeistert und von der Idee überzeugt.“ Ein aktueller Antrag im Stadtrat habe deshalb bei ihm bereits weit offen stehende Türen eingerannt. „Wir waren schon an der Sache dran und konnten deshalb sofort handeln,“ erläutert Christof Bartsch.

„Ein erster Probelauf im Kolpinghaus Brilon konnte alle Beteiligten überzeugen,“ sagt Peter Schmidt vom Kolpinghaus Brilon. Beim Kabarettkonzert von Felix Oliver Schepp am 17. Februar kam eine geliehene Anlage zum Einsatz. „Per Whatsapp standen alle Beteiligten in Kontakt. So haben wie die Anlage justiert,“ erinnert sich Stefan Schmidt. „Die Ergebnisse mit dieser neuen eigenen Anlage werden aber noch um ein Vielfaches besser sein.“ Der nächste Einsatz erfolgt am Freitag, 04. Mai 2018, beim Kabarett mit Max Uthoff, der als Gastgeber der ZDF-Kabarett-Sendung „Die Anstalt“ bekannt ist. Ganz neue Möglichkeiten sieht auch Rüdiger Strenger als Geschäftsführer der Brilon Wirtschaft und Tourismus (BWT). „Wenn wir beispielsweise Stadtführungen für Menschen mit Hörschädigungen anbieten können und dies entsprechend bewerben, bietet sich ein ganz neues Feld für Tourismus in Brilon,“ freut sich Rüdiger Strenger.

Die induktive Höranlage Brilon ist die dritte im Hochsauerlandkreis. Sie wurde zusammen mit einer Anlage in Meschede angeschafft. Arnsberg verfügte bereits vorher darüber. Die Briloner Anlage ist mit einem Mikrofon und 10 Empfängern ausgestattet. Da die Anlagen kompatibel sind, können bei Großveranstaltungen auch bis zu 40 Personen mit Empfängern ausgestattet werden. „Die gemeinsame Anschaffung mit Meschede hat es möglich gemacht 30% Rabatt auszuhandeln,“ verrät Stadtkämmerer Wolfgang Pack. Brilon konnte die Anlage so für 4100,- € erwerben. Ihren Platz hat sie im Kolpinghaus gefunden. Von Vereinen und Veranstaltern kann sie ab sofort unkompliziert bei der BWT ausgeliehen werden. „Jetzt geht es daran, die Anlage bekannt zu machen, damit sie auch zum Einsatz kommt,“ sagt Ralf Gersthagen als Vorsitzender des Interessenverbandes für Menschen mit Behinderungen in Brilon (BIV).

Schon in der vergangenen Woche wurde in Brilon der Outdoorfitnessparkour mit zwei Geräten für Menschen mit Handicap eingeweiht. „Das sind zwei gute Zeichen innerhalb von zwei Wochen für Menschen mit Behinderung in Brilon,“ freut sich Dr. Christof Bartsch. „Obwohl ich diese Bezeichnung eigentlich nicht so gut finde. Irgendwo sind wir doch alle Menschen mit Behinderungen.“

Bild: Eine induktive Höranlage ermöglicht ab sofort in Brilon Personen mit Hörschädigungen die bessere Teilhabe an kulturellen und politischen Ereignissen.

Quelle: Jutta Maas

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