Der Begriff „Heimat“ erlebt in allen Medien ein inflationäres Revival ?!

Stichwort der Woche  „Neue Heimat“ von Norbert Schnellen…

brilon-totallokal: In der letzten Zeit gewinnt man den Eindruck, dass der Begriff „Heimat“ in allen Medien ein inflationäres Revival erlebt. Sowohl im Bund als auch in einzelnen Bundesländern wurden Ministerien mit diesem Begriff ausgestattet. Politiker und Medienschaffende aus allen politischen Lagern diskutieren darüber, wie man das Wort „Heimat“ modern und politisch unbelastet in der heutigen Zeit verwenden kann.

Wie kommt das? Bis vor kurzem war „Heimat“ in den Medien ein absolutes Unwort und wurde dem Sprachgebrauch der „alten und neuen Rechten“ zugeordnet. Aufgeklärte Menschen waren „Kosmopoliten“ oder „Weltbürger“, die sich in einer globalen Welt überall zu Hause fühlten. In einem Umfeld aus urbaner Kultur, grenzenloser Mobilität und einer international aufgestellten Wirtschaft hatten miefige und spießige Begriffe wie „Heimat“ wirklich keinen Platz. Sollte da inzwischen ein Wertewandel eingetreten sein?

Ich glaube nicht, denn der global agierende Kapitalismus ist, trotz Trump, immer noch die einzige wahre Weltreligion. Aber gerade der erstarkende Nationalismus Trump‘ scher Prägung in vielen Ländern der westlichen Hemisphäre macht der wirklich herrschenden Klasse Angst. Die jetzige Aufwertung des Heimatbegriffs ist nichts anderes als ein neues „Opium fürs Volk“, mit dem von dem Entstehen einer weltweiten sozialen Schieflage und vom sich anbahnenden Zusammenbruch der Kapitalmärkte abgelenkt werden soll. Aber da liegt der Denkfehler der neuen Heimatprediger: Patriotismus mag man vielleicht von oben verordnen können, Heimatliebe aber sicherlich nicht.

Um bei Menschen einen wirklichen Bezug zu ihrer Heimat aufzubauen braucht es etwas mehr als nur Worte. Es braucht menschenwürdige Lebensbedingungen und keine Massenmenschhaltung in überteuerten Plattenbauwohnungen, für die zudem noch große Teile des Einkommens draufgehen. Es braucht eine Beendigung der Landflucht durch eine wirkliche Stärkung des ländlichen Raums.

Es braucht einen totalen Wandel in der Umwelt und Landwirtschaftspolitik, damit die Natur durch eine immer stärker  industrialisierte Landwirtschaft, nicht völlig zerstört wird. Und es braucht, letztendlich, eine Abkehr von einer konsum- und wachstumsorientierten globalen Wirtschaftspolitik, hin zu funktionierenden lokalen und regionalen Märkten.

Wollen das die selbsternannten neuen „Heimatschützer“ wirklich? Wenn ja, wäre das tatsächlich eine Revolution zugunsten der Menschen und der Umwelt. Wenn nein, wäre dieser neue „Heimat-Hype“ noch viel verlogener als die Heimatfilme der 50er Jahre, die uns mit ihrer Heile-Welt- Romantik einlullen sollten, während um uns herum das deutsche Wirtschaftswunder mit der Zerstörung der Umwelt und der seit Jahrhunderten gewachsenen sozialen Strukturen, die Abschaffung der eigentlichen Heimat vollzog.

Ihr Norbert Schnellen

Teilen Sie diesen Bericht mit Ihren Freunden