Brilon-Totallokal: Komplex mit fünf Kinosälen wird am 9. November 2019 neben ABB eröffnet
brilon-totallokal: Während Daniel Craig in New York mit Liegestützen und Klimmzügen seinen Heldenkörper formt, wird in Brilon in diesem Sommer mit dem Bau einer 5zügigen Kinoanlage begonnen, die das Volumen von 25 Einfamilienhäusern hat. Am 9. November 2019 findet sich beides zusammen. Das neue Kino Brilon wird zum Bundesstart von James Bond Film Nr. 25 eröffnet. So will es Dr. Heribert Schlinker, Kopf der Investoren-Familie aus Warburg.
Bodenständige Betreiberfamilie
Das sind keine schnodderigen Neureichen, die in Brilon einen anonymen Kinokomplex aufstellen wollen. „Die Schlinkers machen Kino seit Anfang des 20. Jahrhunderts“, verrät Familienoberhaupt Dr. Heribert Schlinker. Voller Abenteuerlust sei sein Großvater 1923 auf der Suche nach einem neuen Standort mit dem Zug durch Deutschland gefahren und in Warburg ausgestiegen. „Da waren wir also.“ Mittlerweile betreibt Familie Schlinker dort ein sehr gut eingespieltes Kino mit 8 Sälen. Sie sind zwar der Gruppe „Cineplex“ angeschlossen, sind aber ihr eigener Herr und Besitzer ihres Kinos. Dieses Konzept soll jetzt auf Brilon übertragen werden. Vater Heribert, der zum Pressetermin mit seinen Töchtern Judith und Ute erscheint, steht dabei selbstverständlich auch persönlich in seinem Kino – genau wie der Rest der Familie. In Brilon wird deshalb neben einer Hausmeisterwohnung auch ein kleines Appartement eingebaut, falls nach einer Spätvorstellung mal der Heimweg zu lang sein sollte. Trotz dieser Bodenständigkeit scheut die sympathische Betreiberfamilie die enorme Investitionssumme von 6 Mio. Euro nicht. „Wir haben ja einen reichen Erfahrungsschatz, den wir auf Brilon übertragen werden“, sagt Ute Schlinker.
Warum Brilon?
Ähnlich wie der Großvater damals habe man nach einem guten Standort für ein zweites Kino gesucht, sagt Ute Schlinker. Nicht weiter als eine Fahrstunde sollte es von ersten Standort entfernt sein, damit man sich kümmern könne. Brilon bietet von der Größe des Städtchens, der Lage, des Einzugsgebiets und den Interessen der Bevölkerung sehr gute Voraussetzungen für die Neuerrichtung eines Kinos. „Das Briloner Kino ist ja nicht geschlossen worden, weil die Briloner keine Lust mehr auf Kino hatten“, so Judith Schlinker. Die Zeit dieser Art von Kinos sei einfach vorbei gewesen. „Brilon ist zudem eine sympathische Stadt und wir sind der Ansicht, dass Brilon ein schönes Kino verdient hat.“ Offene Türen wurden mit der Idee beim Bürgermeister Dr. Christof Bartsch eingerannt, der sich maßgeblich für die Idee eingesetzte und die Verhandlungen eingeleitet hat. „Wenn ich mit jungen Leuten spreche, was in Brilon fehlt, kommt immer an erster oder zweiter Stelle das Kino“, freut sich das Stadtoberhaupt über die Pläne. Persönlich hat sich der Bürgermeister im Januar ein Bild vom Kino-Familienbetrieb Schlinker in Warburg gemacht. „Ich war begeistert von der Atmosphäre und dem Ablauf. Da wurde richtig etwas geboten.“
Gemütlichkeit und Komfort
Besonderen Wert legen die Schlinkers auf Gemütlichkeit. Auf dem Handy zeigt Judith Schlinker Bilder vom Kino in Warburg. Dunkle Türen in Holzoptik, gemütliche Sitzecken, dezente Beleuchtung – kein steriler Kinopalast. Auch der Komfort steht ganz oben auf der Prioritätenliste. „Im Gegensatz zu früher, bauen wir die Sitze heute nicht mehr 48 cm sondern 54 cm breit“, führt Dr. Schlinker aus. Jeder Sitz hat zwei Armlehnen. Dadurch hat eine Reihe dann nicht mehr 20 Plätze, sondern nur noch 18. Love-Chairs (Doppelsitze) sorgen für kuschelige Momente und dafür, dass die Sitzreihen versetzt hintereinander stehen. Bei einem früheren Reihenabstand von 80 cm, musste die ganze Reihe aufstehen, wenn jemand später kam. „In Brilon bauen wir im Reihenabstand von 1,30 m“, erklärt Architekt Lothar Beltz. Die erste Reihe ist so weit von der Leinwand entfernt, dass man sie theoretisch problemlos nach vorne umklappen könnte. Genickstarre ade. „Seit wir die erste Reihe mit bequemen Fußhockern ausgestattet haben, ist sie plötzlich zur beliebtesten Reihe avanciert“, schmunzelt Judith Schlinker.
Warum außerhalb?
Moderne Kinos werden nicht mehr in den Innenstädten gebaut, weiß Familie Schlinker. „Dabei ist es für uns in Brilon fast ein Innenstadt-Kino,“ erklärt Ute Schlinker. „Wir sehen ja schon das Ortsschild.“ Der Erfolg eines Kinos hängt stark mit einem ausreichenden Parkplatzangebot und einer guten Verkehrsanbindung zusammen. „Deshalb ist dieses Grundstück vor den Toren Brilons ein idealer Standpunkt“, pflichtet auch der Grundstücksgeber Propst Dr. Reinhardt Richter zu, der sich sofort für das Projekt einsetzte. „Für mich ist es ein großes Anliegen, das Brilon wieder ein Kino bekommt“, so der Propst. „Ich sehe das auch als pastoralen Ort.“
Daten und Fakten
Das Briloner Kino hat noch keinen Namen. Es wird über 2 große Säle mit 240 und 260 Plätzen verfügen und über 3 kleinere Säle mit 150, 100 und 76 Plätzen. Die größte Leinwand ist 7,3 m hoch und 16 m breit. Der größte Saal ist 8 m hoch. Allein die Luftwechselanlage wiegt 4 t und kostet ca. 100 000 €. Das Gelände ist komplett barrierefrei. In der vorderen Reihe mittig finden sich jeweils zwei komfortable Rollstuhl-Buchten. 3 Säle verfügen über 3-D-Technik. Zur Vermeidung von Schallübertragung haben die Säle keine gemeinsamen Zwischenwände. Der glasklare 7.1 Surroundsound sorgt für brillanten Hörgenuss der Cineasten. Der Komplex hat 4500 qm umbaute Fläche. Auf dem 11 400 qm großen Grundstück werden ca. 120 Parkplätze entstehen. Ungefähr 25 Mitarbeiter werden benötigt.
Programm
In der Woche wird es ein Abendprogramm geben, samstags und sonntags auch tagsüber ein Familienprogramm und freitags und samstags eine Spätvorstellung. Neben allen aktuellen Blockbustern – die Top Ten wird in Brilon im Bundesstart gezeigt, verspricht Familie Schlinker – werden Literaturverfilmungen und Konzerte das Programm bereichern. 10 Opern werden jährlich aus der Met in New York übertragen. „Zur Live-Übertragung der Eröffnung der Bayreuther Festspiele erscheinen manche Damen im Abendkleid“, erzählt Heribert Schlinker. Man sei aber auch sehr an der Zusammenarbeit mit Vereinen, Schulen und zum Beispiel der VHS interessiert. Kostenlose Fußballübertragungen sind geplant. Für Senioren sollen nachmittags bei Kaffee und Kuchen altbekannte Klassiker vorgeführt werden.
„Diese Begeisterung für Kino, die Sie hier ausstrahlen, ist absolut ansteckend“, fasst Bürgermeister Dr. Bartsch die Begegnung mit der sympathischen Betreiber-Familie Schlinker zusammen.
Bildunterschrift: Präsentieren die Pläne zum Kino-Neubau an der Keffelker-Straße: Architekten Lothar und Benjamin Beltz (v.l.), Bürgermeister Dr. Christof Bartsch, Propst Dr. Reinhard Richter, Beigeordneter Reinhold Huxoll, Ute Schlinker (vorne v.l.), Judith Schlinker und Dr. Heribert Schlinker
Quelle Text + Foto: Jutta Maas