Stichwort der Woche: Plastik regiert die Welt!

Brilon-Totallokal: Stichwort der Woche, von Norbert Schnellen 

brilon-totallokal: Jetzt wird es der Verpackungsindustrie aber mulmig. Mit dem geplanten Verbot von Plastik-Einwegartikeln macht die EU ihr so richtig Angst. Dabei wäre gerade mal ein Promille der gesamten Kunststoffanwendungen von dieser Regelung betroffen. Bestimmt handelt die EU – Kommission hierbei in guter Absicht. Es ist sicher allerhöchste Zeit, dieses Problem auch weltweit in Angriff zu nehmen. Seit einigen Jahren wissen wir von der zunehmenden Verschmutzung der Weltmeere durch Plastikmüll ohne dass es bisher irgendeine Konsequenz hatte. Somit ist jeder, noch so kleine Lösungsansatz ein Schritt in die richtige Richtung. Aber reicht es Einweggeschirr, Strohhalme und Wattestäbchen durch biologisch schneller abbaubare Materialien zu ersetzen? Natürlich nicht, denn um die globale Verschmutzung in den Griff zu bekommen, müsste die Menschheit ihr derzeitiges Konsumverhalten von Grund auf ändern, also den exzessiven Einsatz von Verpackungsmaterialien quasi auf null zurückfahren. Geht das?

Vor über 50 Jahren wurde auch hier in Deutschland nur ein Bruchteil des heute anfallenden Plastikmülls verursacht. Der Grund hierfür waren nahezu komplett andere Lebensverhältnisse. Die „Produktion“ von Nahrungsmitteln erfolgte fast noch komplett in den Haushalten. Diesen Vorgang nannte man „kochen“. Dazu wurden diverse Grundnahrungsmittel, wie Kartoffeln und Mehl noch in den Haushalten eingelagert. Gemüse und Obst kam noch häufig aus dem heimischen Garten oder wurde von Erzeugern aus der Region gekauft. Auch in dieser Zeit musste hier keiner hungern und ob sich die Lebensqualität durch seither immense Konsumsteigerungen erhöht hat bleibt dahingestellt. Seitdem hat sich ohnehin viel verändert.

Die Zahl der Zwei-Personen- und Singlehaushalte hat sich vervielfacht. Unsere vielgerühmte Vollbeschäftigung hat dazu geführt, dass für die Erzeugung und Zubereitung von Nahrung vielfach auch keine Zeit mehr vorhanden ist. In diese Bresche ist dann die Lebensmittelindustrie gesprungen und die braucht für ihre Erzeugnisse aus Transport-, Hygiene-, vor allen Dingen aber auch aus Marketinggründen jede Menge Verpackung. Laut dem Ernährungsreport 2017 hat der Anteil von Fertigprodukten allein im vergangenen Jahr schon wieder stark zugelegt. Die Haupteinkaufsquelle der Deutschen ist der Supermarkt, der Einkauf auf Wochenmärkten und in Bio- oder Hofläden ist stark rückläufig. Wenn das Ganze ein rein europäisches Problem wäre, wäre das sicher schon schlimm genug.

Da Industrien aber im Kapitalismus wachsen (oder weichen) müssen, erschließt die Lebensmittelindustrie nun schon seit Jahren die Märkte in den Entwicklungsländern. Auch da hat der Verpackungsmüll inzwischen unglaubliche Ausmaße angenommen. Ich glaube, dass Verbote oder höhere Steuern diese Entwicklung nicht aufhalten können. Die einzige Lösung wäre eine komplette Umstellung unseres Konsumverhaltens, ja sogar eine komplette Änderung unserer Einstellung zum Leben. Das wird aber vermutlich erst dann der Fall sein, wenn mehr Tonnen Plastikmüll als Fische in den Weltmeeren schwimmen.

Ihr Norbert Schnellen

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