Flora-Projekt will bedrohte Raritäten retten

Brilon-Totallokal: Trotz umfangreichen Bemühungen gibt es Pflanzenarten, die in ihrem Bestand hochgradig gefährdet sind…

brilon-totallokal: Die Biologische Stationen Hochsauerlandkreis und Soest setzen sich seit Jahrzehnten für den Erhalt einer artenreichen Tier- und Pflanzenwelt in ihren Kreisgebieten ein. Trotz dieser umfangreichen Bemühungen gibt es Pflanzenarten, die in ihrem Bestand hochgradig gefährdet sind. Manche dieser Arten sind von Natur aus selten. Dazu gehört im Sauerland die Alpengänsekresse an den Bruchhauser Steinen oder der Echte Sellerie an wenigen Salzstandorten entlang des Hellwegs.

Andere Pflanzen kommen aufgrund sich ändernder Landnutzung nur noch in einigen wenigen Populationen vor, so etwa der der Feldenzian im Raum Brilon-Marsberg oder der Große Ackerfrauenspiegel auf extensiv genutzten Kalkscherbenäckern im Kreis Soest.
Aufgrund einiger naturräumlicher Besonderheiten kommt den beiden Kreisen für einige Pflanzenarten landesweit eine hohe Verantwortung für den botanischen Artenschutz zu. Wie für manche Raritäten der Ackerwildkrautflora gilt dies zum Beispiel für das in NRW endemische Westfälische Galmeiveilchen und Eiszeitrelikte wie das Zweiblütige Veilchen.

Beide Landkreise weisen aufgrund ihrer Größe und ihrer Landschaftsstruktur noch eine ganze Reihe solcher Highlights auf. Um diese dauerhaft zu erhalten und die Bestände zu fördern, haben die Biologischen Stationen ein gemeinsames Modellprojekt entwickelt. Seit Anfang des Jahres liegen nun die Förderbescheide durch das Umweltministerium des Landes NRW, der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) und der Nordrhein-Westfalen-Stiftung vor. Über 5 Jahre können sich die beiden Biologischen Stationen mit diesen zusätzlichen Mitteln nun noch intensiver um den Erhalt und die Förderung der botanischen Raritäten kümmern.

Mehr als hochseltene Vorkommen am Rande ihres Verbreitungsgebietes hat das Projekt Arten im Blick, die für das Überleben des Gesamtbestandes einer Art eine besondere Bedeutung haben. An den verbliebenen Wuchsorten werden die konkreten Ursachen für Rückgang und Gefährdung unter die Lupe genommen. Denn nur dann können in Abstimmung mit den Eigentümern und Flächennutzern die richtigen Maßnahmen ergriffen werden, um besonders solchen Arten zu helfen, für deren Überleben unsere Region eine besondere Verantwortung hat. Für einige Arten kann es nötig sein, Ihr Überdauern durch Erhaltungskulturen, Vermehrung und Wiederaussiedlung in Zusammenarbeit mit Botanischen Gärten zu sichern.

Zum Projektstart rufen die Biologischen Stationen die Öffentlichkeit zur Mithilfe auf: Der „Gute Heinrich“ ist eine früher weit verbreitetes Fuchsschwanzgewächs, das starke Bestandsrückgänge zeigt. Wer Vorkommen findet, wird gebeten, sie mit einem Belegfoto und einem Kartenausschnitt mit dem genauen Fundort an die Biologischen Stationen zu melden. Unter den Meldern verlost das Projekt einen Buchpreis.

Wer findet den Guten Heinrich?

Eine besondere Rolle spielt im Florenprojekt der Biologischen Stationen Soest und Hochsauerlandkreis eine Pflanze, die mit deutschem wie wissenschaftlichem Namen als „Guter Heinrich“ bezeichnet wird (lat. Chenopodium bonus-henricus). Den wertschätzenden Namen trägt das Fuchsschwanzgewächs wegen seiner vielfältigen Verwendbarkeit als Nahrungs-, Heil- und Färberpflanze.

Ursprüngliche Wuchsorte waren vor allem Wildläger im Alpenraum, also Plätze, wo Großwild lagerte und oft Dung hinterließ. Mit der Viehhaltung breitete sich die Pflanze dann weit ins Flachland aus, wo sie vor allem auf Weideflächen, entlang von Viehtriebwegen und im Umfeld von Ställen und Misthaufen wuchs. Zudem wurde das Kraut auch in Gärten als Gemüsepflanze kultiviert. An den großen, pfeilförmigen Blättern, die am Stängel von unten nach oben an Größe abnehmen, ist die Pflanze recht gut erkennbar.

Seine Gefährdungssituation ist noch nicht ganz so extrem wie die anderer „Sorgenkinder“ im dem Artenschutzprojekt. Doch sind die Vorkommen sehr stark rückläufig. Mit der „Verstädterung“ der Dörfer und der zunehmenden Stallhaltung verschwanden inzwischen die meisten Wuchsorte. Besonders solche Arten einer typischen Dorfflora werden zudem oft Opfer eines bedauerlichen Reinlichkeitswahns. So wird der Bewuchs vor und an Mauern und Wegrändern nahezu überall gezielt entfernt oder auch durch Herbizide vernichtet.

Da es noch eine Reihe von Vorkommen gibt, die zudem typischerweise an Wegrändern in Dorfnähe liegen, eignet sich der Gute Heinrich als „Schirmart“ des Projekts. An seinem Beispiel soll in der Öffentlichkeit auf die Situation der besonders gefährdeten Pflanzenarten hingewiesen werden.

Kennen Sie noch bestehende Vorkommen vom Guten Heinrich? Die Mitarbeiter der Biologischen Stationen sind für jeden Hinweis dankbar. Wichtig sind neben einem brauchbaren Belegfoto und dem Fundort, der gut beschrieben und in einem Kartenausschnitt markiert sein soll, auch Kontaktdaten des Finders für eine mögliche Rückfrage. Unter den richtigen Meldungen verlost das Projekt im Spätherbst 2018 einen Buchpreis.

Kontaktadresse / Quelle: :

Naturschutzzentrum – Biologische Station –  Hochsauerlandkreis e.V.
Am Rothaarsteig 3 (Gebäudeteil rechts neben der Polizeiwache)
59929 Brilon

Tel.:  02961/98913-00
Fax:  02961/98913-01

E-Mail: [email protected]

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