Stichwort der Woche, von Norbert Schnellen: Erst stirbt der Wald…
brilon-totallokal: Wenn man durch den Altkreis fährt und sein Augenmerk aufmerksam auf die Wälder richtet, erkennt man jede Menge braune, offensichtlich trockene Fichten. Diese Fichten sind Opfer des Borkenkäfers, der in diesem Jahr für die Vernichtung riesiger Holzmengen sorgt. Starken Käferbefall gab es in trockenen Sommern schon immer, aber in diesem Extremsommer ist die Situation natürlich auch extrem. Wenn sich die Wetterextreme durch den Klimawandel häufen, könnte es passieren, dass es unseren Wald in seiner derzeitigen Form bald nicht mehr geben wird. Was dann? Neben seiner großen Bedeutung als „Rohstofflieferant“ ist der Wald unsere ökologische Lebensgrundlage. Ohne Wälder sackt der Grundwasserspiegel, es wird also noch trockener und die Luft, die wir alle zum Atmen brauchen, würde dann langsam knapp. „Erst stirbt der Wald und dann der Mensch“, dieser Spruch aus den Anfängen der Öko-Bewegung gilt auch heute noch.
Wie schaffen wir es also unsere Wälder in Zukunft dem Klimawandel anzupassen? Hierzu sollte man die bisherige Entwicklung unserer Wälder kennen: Nach der letzten Eiszeit war Europa zu großen Teilen von Urwäldern bedeckt. Die urzeitlichen Jäger und Sammler entnahmen den Wäldern nur das, was sie als Brennmaterial und für Werkzeuge benötigten. Der Wald wurde „unternutzt“. Als die Menschen sesshaft wurden, rodeten sie einige Waldflächen um diese als Ackerland zu nutzen. Zudem wurden die Wälder als Viehweide genutzt und Holz als Bau- und Brennmaterial entnommen.
Bei niedriger Bevölkerungsdichte war auch das kein Problem. Mit der Entstehung der ersten Hochkulturen begann auch der Raubbau. In großen Teilen Südeuropas wurden Wälder für den Bau von Städten und Schiffsflotten radikal abgeholzt. Durch die dadurch einsetzende Bodenerosion verloren diese Landstriche dann auch noch ihre fruchtbaren Böden. Auch hierzulande wurden im Mittelalter und zu Anfang der Neuzeit die Wälder teilweise stark übernutzt. Erst im 18. Jahrhundert entstand in der Forstwirtschaft die Idee der Nachhaltigkeit, es durfte also nur so viel Holz entnommen werden, wie es auch wieder nachwächst.
Das hatte aber auch zur Folge, dass man sich nach Baumarten umsah, die schneller wuchsen als die ursprünglich vorhandenen. Im 19. Jahrhundert begann so der Siegeszug der Fichte, die anderen Baumarten an jährlichem Holzzuwachs weit überlegen ist. Entsprechend der damaligen Mentalität standen die Bäume jetzt in Reih und Glied, wuchsen im Gleichschritt, wurden dann niedergemacht und durch neue kleine Baumsoldaten ersetzt.
Solche Monokulturen sind jedoch extrem anfällig. Seit ein paar Jahrzehnten gibt es daher in der Forstwirtschaft die Einsicht, dass Mischwälder bei Klimaveränderungen wesentlich resistenter sind. Ein entsprechender Umbau unserer Wälder kostet jedoch viel Zeit (die wir nicht mehr haben) und Geld, welches die Waldbesitzer nicht alleine aufbringen können. Daher ist die Erhaltung der Wälder, als unser aller Lebensgrundlage, eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft.
Ihr Norbert Schnellen