„Und plötzlich macht alles Sinn“

Brilon-Totallokal: 1. Stiftungstag anlässlich des 112. Geburtstages von Wilhelmine Hövener

brilon-totallokal: Der Ausspruch der Hauptüberschrift ist überliefert als Bemerkung von Wilhelmine Hövener nach ihrer Unterzeichnung der Schenkung an das LWL-Freilichtmuseum Detmold, so Landrat Dr. Karl Schneider in seiner Laudatio. Diese großzügige Schenkung eröffnete den Museumsfachleuten aus Detmold ungeahnte Einblicke und Übernahme wertvoller, zum Teil kompletter Haushaltseinrichtungen der vergangen fünf, in diesem Hause gelebten Generationen. Aufgrund der sehr umfangreichen Hinterlassenschaft von Wilhelmine Hövener waren den Fachleuten auch bis dahin unbekannte Einblicke in die wirtschaftlichen und Fabrikationstechnischen Abläufe, die weit in das Ruhrgebiet hinein wirkten, möglich.

Kannegießer – Unkraut – Hövener

Eine 430 Jahre alte Familientradition der Gewerke Dynastie Kannegießer- Unkraut – Hövener prägte Brilon und die Umgebung bis in die jüngtse Vergangenheit. Wilhelmine Hövener, vielen Brilonerinnen und Brilonern als „Minna“ Hövener noch gut in Erinnerung, war die letzte in diesem Haus lebende der Familie Hövener. Sie war das vierte Kind der Eheleute Antonie Unkraut und August Hövener und wurde am 13. September 1906 in Brilon geboren. Über die mütterliche Linie gibt es die Verbindung zu der noch heute aktiven Olsberger Hütte. Ihre Ur-Ur Großmutter Charlotte Catharina Unkraut aus Brilon, war eine herausragende Kauffrau die die richtigen Entscheidungen für die Olsberger Gewerke und Eisengießerei traf. Ihre Großtante war Ida Kropff-Federath, eine Schwester ihrer Mutter Antonia, die nach dem Tod ihres Mannes Alleininhaberin der Olsberger Hütte war. Nach ihrem Tod übernahmen ihre Nichten und Neffen aus den Familien Everken, Hövener und Brüning 1920 die Olsberger Hütte.

Eine außergewöhnliche Frau

Wilhelmine Hövener wird von allen, die ihr noch persönlich begegnet sind, sei es als Schüler/innen des Gymnasiums Petrinum in Brilon oder als an verantwortlicher Stelle bei der Olsberger Hütte tätige, als eine Frau der sie hohen Respekt zollten und der sie mit entsprechender Achtung gegenübertraten, geschildert. Es war jedoch auch der gleiche Respekt und die Achtung die Wilhelmine Hövener ihnen gegenüber zeigte. Bis an ihr Lebensende kannte sie die Namen aller ihrer Schüler und konnte in den meisten Fällen deren nach gymnasialen Lebensweg beschreiben. Sie galt als sehr sparsame Frau, die z. B. kein Verständnis dafür aufbrachte das sie mit einem Auto den Weg von Brilon nach Olsberg bestreiten sollte. „Es ist doch unsinnig für eine Person mit dem Auto zu fahren um die Luft zu verpesten. So die Schilderung von Ludger Imöhl, der sie als Schüler des Gymnasiums in allen ihren Facetten in Erinnerung hat. Der sie aber auch als für die Finanzen der Olsberger Hütte verantwortlicher über viele Jahre beraten konnte in Finanz- und Steuerfragen.

Der Lebensweg von Wilhelmine Hövener war geprägt durch ihre tiefe Religiosität und ihre Sparsamkeit. Gleichzeitig war sie aber auch ein sehr sozial eingestellter Mensch. Sie war Großherzig und unterstützte mit religiöser Prägung. Ludger Imöhl konnte auch darüber berichten, dass Wilhelmine Höfer jeweils zum Jahresende ihn in Olsberg aufsuchte um ihm fast schon ein Bündel an Überweisungsaufgaben für mildtätige Zwecke zu übergeben. Das da auch schon fünfstellige Beträge darunter waren erfreute sie sichtlich. Auf diese Art verschenkte und spendete sie Großteile ihres Vermögens, was ihr ganz offensichtlich ein Bedürfnis war.

Ihr beruflicher Lebensweg begann nach den Schuljahren in Brilon und Werl mit dem Studium der Mathematik, Pkysik und Erdkunde an der Universität Göttingen mit ihrer ersten Stelle als Studienreferendarin in Iserlohn und Hagen. Danach war sie als Studienassessorin in Wanne-Eickel, Schwelm, Siegen und Brilon tätig. 1949 wurde sie erste weibliche festangestellte Studienrätin am Gymnasium Petrinum und war an diesem bis 1977 als Studiendirektorin tätig.

Ab 1956 lebte sie allein in dem Haus am Marktplatzt in Brilon. 1994 verfügte sie eine Großzügige Schenkung an den Landwirtschaftsverband Westfalen Lippe (LWL) mit dem Freilichtmuseum Detmold. Wie bereits oben erwähnt war diese Schenkung auch für erfahrene Museumsfachleute eine außerordentliche und sehr umfangreiche. Eine Aufarbeitung dieser Schenkung währe in Brilon durch das spätere Museum oder andere Institutionen aufgrund ihres enormen Umfanges nicht möglich gewesen. 1996 verfügte sie die „Stiftung Briloner Eisenberg und Gewerke – Stadtmuseum Brilon“. Durch diese Stiftung wurde das Haus mit seinem wertvollen Inventar der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Am 17. Dezember 1999 verstarb Wilhelmine Hövener in ihrem Haus.

Finanzieller Kraftakt mit Turbolenzen

Wie Winfried Dickel, Vorsitzender der Stiftung „Briloner Eisenberg und Gewerke“, in seiner Einführungsrede mitteilte, war trotz umfangreichen Stiftungsvermögens, auch in finanzieller Hinsicht, die Aufgabe nicht einfach zu lösen. Umfangreiche Baumaßnahmen in dem Gebäude um dem Stiftungsauftrag „Museum“ zu entsprechen waren notwendig. Staatliche und Halbstaatliche Stellen waren bei der Fördermittel Beantragung umfangreich zu informieren und den Stiftungsweg zu beschreiben. Zwischenzeitlich war eine Unterdeckung von 1.175 Millionen Euro erreicht worden. Trotz intensiver Begleitung und Beratung durch die heimischen Geldinstitute, war auch diesen die Fortschreitende Diskrepanz zwischen Einnahmen und Ausgaben zumindest sehr unangenehm. Mittlerweile ist die Unterdeckung auf 625 Tausend Euro abgesenkt worden, wobei Winfried Dickel zum Ende des Wirtschaftsjahres eine fünf an erster Stelle verspricht.

Nicht zuletzt ein über das Jahr geknüpftes Netzwerk an Förderern hat die Stabilisierung der Finanzlage ermöglicht. Die Förderer der Stiftung sind: Stadt Brilon, Sparkasse Hochsauerland, Volksbank Brilon-Büren-Salzkotten, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Briloner Bürgerstiftung, Landschaftsverband Westfalen Lippe, HOPPECKE, Semper Idem, NRW Stiftung, Olsberg (Olsberger Hütte), Ministerium für Bauen und Verkehr NRW, Förderverein Haus Hövener.

Landrat Dr. Karl Schneider übergab Winfried Dickel einen Scheck des Hochsauerlandkreises mit der Bemerkung, das diesder jedoch nicht die apostrophierte fünf an erster Stelle der Unterdeckung herbeiführen kann.

Ein besonderer Dank ging an Waltraut Partowi die die Remise der Stiftung zum Rückkauf angeboten hatte. Durch diesen Erwerb wurde die frühere Einheit beider Gebäude wieder hergestellt. Zum Schluß seiner Rede betonte Winfried Dickel, dass die Aufgabenstellung des Museums die „Verknüpfung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft“ ist. Um diesem Verständnis zu entsprechen, sind immer wieder neue Veranstaltungen für Briloner Bürger und Interessierte aus der Umgebung in Vorbereitung. Erwähnt seien hier nur die Wandertage, Stadtführungen, Erklärungstafeln an historischen oder bedeutsamen Gebäuden usw. Ein Dank ging auch an die Marienschule Brilon und Frau Hannelore Jürgen, die dem Museum eine umfangreiche Mineraliensammlung, teilweise mit Vitrinen übergeben haben. Weiteres großes Ziel des Museums, so Winfried Dickel, ist die Digitalisierung der umfangreichen Büchersammlung. „Wir sind jetzt in der Vorbereitung für Museum 4.0“. Zum Schluß seiner Ausführungen stellte er fest: „Wilhelmine Hövener hat mir ihrer Stiftung den Erben die Augen geöffnet“.

Bildunterschrift:

Der Stiftungsvorsitzende der Stiftung Briloner Eisenberg und Gewerke – Stadtmuseum Brilon (vorne, Bildmitte) Winfried Dickel mit weiteren Vorstandsmitgliedern und Fördrveinsmitgliedern, Vertretern der Politik von Land, Kreis und Stadt und weiteren „Netzwerksmitgliedern“ vor dem Haus Hövener.

Quelle: Text und Foto, Peter Kasper

 

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