Integration ausländischer Fachkräfte

Brilon-Totallokal: Können wir von der interkulturellen Kompetenz profitieren

brilon-totallokal: Zu dem in den Überschriften genannten Thema hatte der Kreisverband Hochsauerland des Bundesverbandes Mittelständischer Wirtschaft in Kooperation mit der Sparkasse Hochsauerland zu einem Business Frühstück in das Bistro InForno im Gebäude der Sparkasse Hochsauerland am 17. September eingeladen. Etwa 40 Interessierte waren der Einladung gefolgt. Peter Staudt (BVMW) wies in seiner Begrüßung auf die Aktualität der Thematik hin. Es gibt nach seinen Ausführungen fast keinen Berufsbereich mehr der nicht von Fachkräftemangel betroffen. Auch im Hochsauerland ist Fachkräftemangel zur Realität geworden.

Kompetente Gesprächspartner zu dieser Thematik 

Mit Carl-Julius Cronenberg MdB und Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales wurde ein von Haus aus mit der Arbeitsmarktproblematik befasster Redner eingeladen. Er stammt aus Arnsberg-Müschede und kommt aus der Industriellenfamilie Cronenberg. Das Unternehmen besteht bereits seit mehr als 300 Jahren und hatte seinen Ursprung in der Sensenproduktion. Mit der Weiterentwicklung hin zu Stadtmobiliar und daran angrenzenden Technologien ist das Unternehmen heute eine Unternehmensgruppe die im In- und Ausland angesiedelt ist.

Susanne Graf von der moveo GmbH in Arnsberg befasst sich mit Arbeitsmarktdienstleistungen für Institutionen, Unternehmen und Privatpersonen unter dem Punkt „Zukunft Personal – Integration ausländischer Fachkräfte“. moveo befasst sich mit Deutschsprachkursen und berufsbezogene Deutschsprachförderung. Aktuell zurzeit das Projekt „Land(auf)Schwung“ zur Fachkräftesicherung in der Region.

Politik kann nur Rahmenbedingungen schaffen

Zu den Überschriften trifft Cronenberg eine eindeutige Aussage „Ja“. Er führt weiter aus: Es ist die Entscheidung der Unternehmer selbst. Die Politik kann nur die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen. Um den hohen Stand der Produktion zu erhalten und gegebenenfalls ausbauen zu können, ist die sprachliche Kompetenz der Einzugliedernden unabdingbar. Der Fachkräftemangel ist allgegenwärtig und nimmt teilweise schon dramatische Züge an. Es ist zu vermuten dass dieses Thema in Berlin das meist unterschätzte ist. Es gibt nicht nur den Fachkräftemangel sondern auch den Arbeitskräftemangel. Das hat zur Folge fehlende Ausbildungs- und Infrastruktur mit dem Ergebnis des Arbeitsplatz Abbaus. Die Situation in der Pflege in Deutschland ist ein signifikantes Beispiel. Um diesem Phänomen zu begegnen steigt die Lohnspirale. Das Ergebnis hieraus ist wiederrum eine Einnahme Erhöhung des Staates über die Steuerschiene.

Fachkräfte und Integration bilden zurzeit einen Status Quo. 307.000 Flüchtlinge haben einen Job gefunden. 28.000 Flüchtlinge absolvieren zurzeit eine Ausbildung. 81.000 Fachkräfte haben seit 2012  den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt mit der Blue Card erhalten. Demgegenüber zeigt die Engpassanalyse  der Bundesagentur für Arbeit gravierenden Fachkräftemangel für den IT und Software Bereich im Bundesgebiet. In abgeschwächter Form in Schleswig-Holstein, Mecklenburg Vorpommern, Brandenburg und Sachsen. Für den Sanitär- und Heizungstechnik Bereich besteht im gesamten Bundesgebiet  gravierender Fachkräftemangel. Das Potenzial zur Besetzung und damit zur Abfederung dieser Diskrepanz sieht Carl-Julius Cronenberg auch in die Inpflichtnahme der Älteren. Gerade die Möglichkeit zur vorzeitigen Verrentung hat dem Arbeitsmarkt  Hunderttausende qualifizierter Kräfte entzogen. Nach seinem Wissenstand hat die Große Koalition ein Zuwanderungsgesetz in der Schublade, was, so Cronenberg, in Wirklichkeit ein Einwanderungsgesetz ist. Die Zuwanderung hat in Deutschland eine Jahrhundert alte Tradition. Als Beispiel führt er hierzu die Hugenotten (Frankreich), Italiener zu Beginn der Industrialisierung, Polen mit dem Anstieg des Arbeitskräftebedarfs im Bergbau 19. und 20. Jahrhundert und später die sogenannten „Gastarbeiter“ aus diversen europäischen Ländern, von denen nicht wenige einen dauerhaften Wohnsitz hier genommen haben.

Die Bundestagsfraktion der FDP favorisiert und fordert ein Einwanderungsgesetz. Das Gesetz teilt sich in vier Bereiche. 1. Individuell Verfolgte erhalten Asyl und damit Zugang zum Arbeitsmarkt. 2. Kriegsflüchtlinge stehen unter einem befristeten humanitären Schutz. Sie können einen „Spurwechsel“ Richtung Arbeitsmigration über das Einwanderungsgesetz versuchen und dann über eine „Blue Card“ oder ein „Chancenkonto“ (Punkte usw.)  den Zutritt zum Arbeitsmarkt erreichen.3. Arbeitsmigration über ein Einwanderungsgesetz mit der Möglichkeit über „Blue Card“ oder „Chancenkonto“ den Zutritt zum Arbeitsmarkt zu erreichen. 4. Weder noch (die drei vorgenannten Kriterien treffen nicht zu) ermöglicht nicht den Zutritt zum Arbeitsmarkt sondern hat als Ziel die Rückführung. In dem FDP-Konzept soll die derzeitige Blue Card-Lösung weiter Entwickelt werden um eine Fachkräfteeinwanderung mit Arbeitsplatzangebot zu schaffen. Hierzu soll eine Öffnung für alle Fachkräfte mit Ausbildung gehören und die Gehaltsgrenzen sind anzupassen. Völlig neu geschaffen werden soll ein „Chancenkonto“ es lehnt sich an bekannte Einwanderungskriterien wie in Kanada oder Australien an. Es sieht eine Einwanderung nach Punktesystem vor, mit den möglichen Kriterien: Bildungsgrad, Alter, Deutsch- und Englischkenntnisse, Berufserfahrung, Fachkräftebedarf.

Die Ausgangslage für die moveo GmbH stellt sich sehr eindeutig da. Die Wirtschaft ist zurzeit im dauerhaften Aufschwung mit der Folge stetig steigender Sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse. Im Ergebnis führt die Situation zu rund zweieinhalb Millionen Arbeitslosen. Diese Zahl verändert sich kaum, da einerseits fehlende Qualifikation oder fehlende Flexibilität und Mobilität und andererseits wenig attraktive Arbeitsbedingungen dieses verharren ermöglichen. Dem gegenüber steht ein hoher Bedarf an Fachkräften vor allem in Medizin und Pflege und ebenfalls im Bereich Bau und Handwerk. Die Bedarfsdeckung kann nur über eine Ausweitung der Bewerbersuche  auf Europa und Drittstaaten erfolgen. Ein verstärkter deutschland- und europaweiter Wettbewerb auf den Arbeitsmarktplätzen ist die Folge. Der Zugang für Fachkräfte aus dem europäischen Raum ist auf Grund der Freizügigkeitsregelung unkompliziert. Jedoch könnte hier Unterstützung notwendig werden in den Bereichen Sprachkurse, Reise- und Umzugskosten. Die Anerkennung der vorhandenen Ausbildung ist nur bei reglementierten Berufen, wie z. B. Arzt, notwendig.  Bei dualer Ausbildungen nicht. Pflegekräfte sind auf dem europäischen Arbeitsmarkt kaum noch zu finden.

Frau Graf weist besonders daraufhin, dass bei Fachkräften aus Drittstaaten der Arbeitsmarktzugang streng reglementiert ist. moveo hat sich auf Unterstützung und Begleitung von z. B. jungen Italienern, die zur Berufsausbildung im Hochsauerland sind, spezialisiert. Drittstaaten Bewohner müssen sich um wesentliche Dinge wie z. B. Aufenthaltsgenehmigung oder Visum selbst kümmern. Anerkennung von Berufsabschlüssen erfolgen dann über die Bezirksregierung oder Kammern. Deutsch Kenntnisse sind nachzuweisen. Die notwendige Arbeitserlaubnis wird nur bei Vorlage eines Arbeitsvertrages und gleichzeitiger Zustimmung der Arbeitsagentur erteilt. Diese Arbeitserlaubnis ist immer an den Arbeitgeber gekoppelt. Frau Graf empfiehlt den Firmen in der derzeitigen Situation Werbung für ihr Unternehmen auf der eigenen Homepage auch auf Englisch einzustellen. Internationale Jobmessen und Fachzeitschriften sowie Kontakte zu ausländischen Hochschulen können hilfreich sein. Arbeitsagentur und ZAV (für Studierende) sowie Personalvermittlungsagenturen und demnächst auch auf der Onlineplattform einstellbar von „Land(auf)Schwung“. Bei Erfolg dieser Maßnahmen ist es danach wichtig Willkommenskultur und Integration zu betreiben und zwar nicht einmalig, sondern dauerhaft um das Sich-Wohl-Fühlen zu fördern.

BU.:Der Bundesverband Mittelständische Wirtschaft (BVMW) mit den Vortragenden und Hausherrn, sowie dem Wirtschaftsförderer der Stadt Brilon anlässlich der Veranstaltung am 17. September im Bistro InForno im Gebäude der Sparkasse Hochsauerland.

Li.: Jörg Wiesehöfer – moveo, Marlies Staudt – BVMW, Carl-Julius Cronenberg – MdB (FDP), Peter Staudt – BVMW, Oliver Dülme -BWT Wirtschaftsförderer, Jürgen Hillebrand -Sparkasse Hochsauerland Leiter Firmencenter.

Quelle: Peter Kasper

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