Brilon-Totallokal: Stichwort der Woche, von Norbert Schnellen
brilon-totallokal: Es ist eine schöne Tradition sich für das neue Jahr gegenseitig Glück zu wünschen. Doch was ist eigentlich Glück? Viele Generationen von Philosophen haben versucht das herauszufinden, meist mit mäßigem Erfolg. Inzwischen gibt es sogar eine „Glücksforschung“, die der Sache wissenschaftlich auf den Grund gehen soll. Aber ist Glück nicht auch sehr individuell, also etwas das sich von Mensch zu Mensch grundlegend unterscheidet? Umfasst der Begriff „Glück“ in der deutschen Sprache nicht eine enorme Bandbreite? Vom Glücksspiel über das Lottoglück bis hin zu wirklichen Glücksgefühlen, zum Beispiel bei der Geburt eines Kindes oder in einer langjährigen „glücklichen“ Beziehung.
Vielleicht sollte man zu diesem Thema mal in einem Land nachfragen, in welchem das persönliche Glück der Bevölkerung die oberste politische Maxime ist: Das kleine Königreich Bhutan am Himalaja, zwischen Indien und Tibet, hat das Glück sogar als Maßstab für die Wirtschaft festgelegt. Anstatt des „Bruttoinlandsprodukts“, welches sonst überall auf der Welt als die messbare Einheit für die Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft zählt, gilt in Bhutan das Bruttoinlandsglück als die Einheit, an der sich alles staatliche Handeln orientiert. Dazu wurde sogar ein eigenes Glücksministerium geschaffen.
Nun fragen wir uns natürlich, wie die Regierung des Königreiches ihre Bürger glücklich machen will. Bhutan verfügt über keine nennenswerten Rohstoffe und keine großen Industriebetriebe. Eine Industrialisierung der Landwirtschaft wurde zugunsten der traditionell ökologischen Landwirtschaft verhindert und im Tourismusbereich gibt es nur einen „sanften Tourismus“ mit Führungen durch die zahlreichen Nationalparks und die vielfältigen kulturellen Sehenswürdigkeiten. Die Einnahmen hieraus werden zur Finanzierung der freien Gesundheitsfürsorge und für das kostenlose Bildungssystem verwendet. Selbstverständlich wird in den Schulen auch „Glück“ als wichtiges Unterrichtsfach gelehrt.
Nach unserem Ermessen ist Bhutan ein eher „armes“ Land. Überflüssiger Konsum wird hier abgelehnt und viel wichtiger als materielle Güter sind ein vernünftiger Umgang mit der Natur und eine hohe Sozialkompetenz. Obwohl die Einwohner des Landes heutzutage, dank des Internets mitbekommen, wie die Menschen in den Industrienationen leben, kommt kaum einer der knapp 750.000 Bhutaner auf den Gedanken diesen Lebensstil nachzueifern oder gar in die westliche Welt auszuwandern.
Das Glück dieser Menschen basiert also weitgehend auf einem vernünftigen Umgang mit der Natur, einem guten sozialen Miteinander und einem bescheidenen Lebensstil, der materielle Werte hintenan stellt. Es ist also das genaue Gegenteil unseres Lebensstils und wird sich vermutlich auf absehbare Zeit in unserem Gesellschaftssystem nicht durchsetzen lassen. Trotzdem sollte man mal darüber nachdenken ob gerade in Zeiten, in denen sich hier riesige gesellschaftliche Umwälzungen abzeichnen, nicht doch ein paar Dinge aus diesem glücklichen kleinen Land übernommen werden könnten. Ich wünsche Ihnen für das Jahr 2019 Gesundheit, Zufriedenheit und natürlich ganz viel Glück!
Ihr Norbert Schnellen