Brilon-Totallokal: Stichwort der Woche, von Norbert Schnellen…
brilon-totallokal: In der vergangenen Woche konnte man im internationalen Schuldenmonitor lesen, dass die weltweite Verschuldung von Staaten, Unternehmen und Privathaushalten auf den Rekordwert von 244 Billionen Dollar angestiegen ist. Das sind 318 Prozent der kompletten messbaren jährlichen Wirtschaftsleistung aller Unternehmen, öffentlichen Institutionen und Privathaushalte auf der ganzen Welt. Alles, was wir gemeinhin als Wirtschaftswachstum bezeichnen, kann nur durch diese Schuldenpolitik finanziert werden. Führt das jetzt unweigerlich in eine neue Finanzkrise? Ich glaube kaum, denn es gibt eine kleine Gruppe von Menschen auf dieser Erde, die sehr einflussreich sind und überhaupt kein Interesse daran haben, dass sich an dieser Konstellation etwas ändert.
Beim Rückblick in unsere eigene Geschichte stoßen wir vor knapp zweitausend Jahren auf den römischen Geschichtsschreiber Tacitus, der die Germanen als ein Volk beschreibt, welches man heute als spielsüchtig bezeichnen würde. Nachdem sie ihr ganzes Geld, Vieh, Haus und Hof verspielt hatten, setzten sie sich selber mit ihrer ganzen Familie als Spieleinsatz ein. Wenn sie dann wieder verloren hatten, gingen sie mit ihrer ganzen Familie widerspruchslos in die Sklaverei. Etwas von dieser Mentalität scheint sich bis heute gehalten zu haben. Es gibt viele Bereiche in denen wir uns inzwischen freiwillig in eine sklavenähnliche Abhängigkeit begeben haben. Durch den radikalen Umbau unserer Gesellschaft seit der industriellen Revolution, kann sich heute kaum noch jemand als wirklich frei bezeichnen. Als Arbeitnehmer begibt man sich in eine Abhängigkeit vom Arbeitgeber. Dieser ist als Unternehmer wiederum abhängig von seinen Kunden, also vom Markt. Der Markt in der Realwirtschaft ist wiederum abhängig von den Finanzmärkten, wobei wir wieder bei den immens hohen globalen Schulden landen. Weltweit existiert ein Geldvermögen von über 200 Billionen Dollar und dieses Vermögen resultiert aus eben diesen globalen Schulden. Allerdings ist dieses Vermögen so verteilt, dass einem Prozent der Weltbevölkerung über die Hälfte davon gehört, die andere Hälfte den übrigen 99 Prozent. Aber 82 Prozent des weltweiten Wirtschaftswachstums landen seltsamerweise in den Taschen des reichsten Prozents, das dadurch immer reicher wird. Das Ganze erinnert dann doch sehr stark an einen Hütchenspieler Trick.
Womit wir wieder bei den alten Germanen wären. Denn nicht durch unsere Arbeit begeben wir uns in die Abhängigkeit der Sklaverei, sondern durch unseren Konsum. Aus Unwissenheit, Bequemlichkeit und aufgrund einer naiven Werbegläubigkeit konsumieren wir nicht nur zu viel und die falschen Dinge, sondern vor allem kaufen wir von den falschen Leuten. Wir haben es klaglos hingenommen, dass auf der Anbieterseite unseres Konsums nur noch ein paar wenige mächtige Konzerne agieren und die befinden sich, seltsamerweise, ausnahmslos in den Händen des reichsten Prozents der Weltbevölkerung. Mit unserem unglücklichen Drang, bei diesem Spiel mitzuspielen, haben wir uns in die Abhängigkeit von Sklavenhaltern begeben, deren Rücksichtslosigkeit größer ist, als die der Baumwollfarmer in den amerikanischen Südstaaten. Wann kommt der Zeitpunkt, an dem die 99 Prozent ihre Konsumfesseln sprengen und nicht mehr mitspielen?
Ihr Norbert Schellen