Brilon-Totallokal: Stichwort der Woche, von Norbert Schnellen
brilon-totallokal: Am kommenden Sonntag sind wir dazu aufgerufen, ein neues Europaparlament zu wählen. Knapp 400 Millionen Europäer in 28 Mitgliedstaaten der EU wählen in der Zeit vom 23. Bis 26. Mai ihre Abgeordneten, welche sie dann in den kommenden fünf Jahren vertreten sollen. Mit 751 Abgeordneten (nach dem Brexit nur noch 705) ist diese Institution nicht größer als der deutsche Bundestag, muss aber eine viel größere Bandbreite von Regionen, Kulturen, Meinungen und Mentalitäten vertreten.
Daher ist dieses Parlament für viele von uns doch sehr fremd und sehr fern. Nach dem Motto: „Die machen ja doch was sie wollen“, hätte man ja genug Gründe, sich am Sonntag etwas anderes vorzunehmen und die Zusammensetzung des Parlaments anderen zu überlassen. Die derzeitige weltpolitische Lage erfordert jedoch in den kommenden Jahren eine sehr starke EU, sonst werden die Weichen für unsere Zukunft in Peking, Washington oder Silicon Valley gestellt.
Natürlich gibt es in Brüssel noch eine Gruppe, die sehr gespannt auf unser Wahlverhalten ist, die gut 25.000 Lobbyisten. Für die entscheidet sich bei der Wahl, ob sie ihre Mittel bisher gut investiert haben und alles weiterläuft wie geschmiert, oder ob sie noch mal von vorne anfangen müssen und sich an manchem Neuparlamentarier sogar die Zähne ausbeißen. Dazu ist es sicher mal interessant die einzelnen Kandidatinnen und Kandidaten, sowie ihre Parteien auf Verflechtungen mit wirtschaftlichen Interessengruppen zu überprüfen. In den kommenden Jahren werden in Brüssel viele Entscheidungen getroffen, die uns alle angehen, so zum Beispiel die künftige Zahlung von Agrarsubventionen.
Wenn diese, wie es einzelne Lobbygruppen forcieren, weiter nach Fläche ausgezahlt werden, können wir jetzt schon mal Geld für drastisch steigende Wasserrechnungen zurücklegen, weil die Kosten für das Herausfiltern des Nitrats von uns allen getragen werden. Auch eine vernünftige Klimapolitik, eine gerechte Besteuerung von Unternehmensgewinnen und eine soziale Verteilung des Wohlstands kann nur gegen die mächtigen Lobbygruppen durchgesetzt werden.
Wen Sie im Endeffekt wählen ist Ihre Sache. In der Wahlkabine sind Sie nur Ihrem Gewissen gegenüber verantwortlich. Da es bei dieser Wahl aber um unsere Zukunft, ja auch um die Zukunft nachfolgender Generationen geht, sollten Sie sich vorher schon eingehend über die Ziele der 41 antretenden Parteien und Vereinigungen informieren. Falls Sie, zum Beispiel beim Wahl-O-Mat, eine große Übereinstimmung mit einer kleinen Partei feststellen, können Sie die natürlich auch wählen, da bei der Europawahl keine Sperrklausel (5%-Hürde) gilt.
Das ärgert dann natürlich die Lobbyisten, weil die diese Leute bisher nicht auf dem Schirm hatten. Aber auch in den „großen“ Parteien gibt es viele Abgeordnete, die sich gegenüber ihrem Gewissen und nicht den Lobbyisten verantwortlich fühlen. Informieren Sie sich und gehen Sie am Sonntag wählen. Im Gegensatz zu Menschen in vielen Teilen der Welt haben wir in Europa noch die Möglichkeit dazu!
Ihr Norbert Schnellen