City Lab Südwestfalen

 

Wie kann die Zukunft südwestfälischer Innenstädte aussehen?

 

brilon-totallokal: Unter der Moderation des Competence Center E-Commerce aus Soest und der Scenario Management International AG aus Paderborn hat am 30. Juni der Abschlussworkshop zum Thema Szenarioanalyse als Webinar mit rund 40 Teilnehmern stattgefunden. Im Rahmen des Projekts City Lab Südwestfalen wurden in einem ergebnisoffenen Multi-Stakeholder-Prozess von 27 Vertretern aus 24 Kommunen gemeinsam acht Innenstadtszenarien entwickelt.

 

Diese Zukunftsbilder beschreiben, in welche Richtung sich Innenstädte in Südwestfalen in den kommenden 10 Jahren entwickeln könnten. Mindestens genauso wichtig wie das Ergebnis war der Weg dorthin: Vertreter aus den Partnerkommunen tauschten sich intensiv zu dem Thema Innenstadtentwicklung aus und haben so die Grundlage für die Szenarien erarbeitet. Zu den Beteiligten gehörten unter anderem Vertreter aus den Bereichen Politik, Bürgerschaft, Einzelhandel, Dienstleistung, Tourismus, Stadtmarketing und Wirtschaftsförderung. Zusätzlich haben Experten aus der Startup-Szene und der Stadtplanung das Szenarioteam verstärkt. Insgesamt wurden zwischen Februar und Juli 2020 drei Online-Workshops mit Kommunenvertretern und drei umfangreiche Befragungen durchgeführt.

 

Die acht entwickelten Szenarien behandeln vier Kernbereiche: die wirtschaftliche Entwicklung und Digitalisierung, Lebensqualität und Bürgerbeteiligung, Nachhaltigkeit und Kommunalpolitik sowie den Einzelhandel und die Marktplatzfunktion der Innenstadt. Diese Kernbereiche umfassen 8 der 22 Schlüsselfaktoren, auf deren Zukunftsprojektionen die Szenarien beruhen. Da sich generell alle Einflussfaktoren sehr unterschiedlich entwickeln können, sind die Szenarien komplexer als klassische Best-Case- / Worst-Case-Szenarien.

 

Die zukünftige Rolle von Innenstädten wird über die Kernfunktionen als Marktplatz und Erlebniswelt beschrieben. Während in zwei der Szenarien die Marktplatzfunktion dominiert, kommt es in zwei anderen Szenarien zu einem parallelen Ausbau der Innenstadt in eine Erlebniswelt. In einem weiteren Szenario löst die Erlebniswelt die Marktplatzfunktion sogar weitestgehend ab, wohingegen in den drei übrigen Szenarien ein grundlegender Verlust beider Innenstadt-Kernfunktionen zu beklagen wäre.

 

Beim Abschluss-Workshop wurden in virtuellen Arbeitsgruppen für fünf der Szenarien Handlungsoptionen diskutiert. Behandelt wurden unter anderem das Szenario „Regionaler Marktplatz“ als das von den Kommunen mehrheitlich gewünschte Szenario, das Szenario „Erlebnis statt Shopping“ als das von den meisten beteiligten Kommunen erwartete Szenario, sowie das Szenario „Innenstadt als Anker“ als das insgesamt für die beteiligten Kommunen gegenwartsnächste Szenario. In diesem Szenario bilden die Innenstädte selbst in einem kritischen Wirtschaftsumfeld den Mittelpunkt des städtischen Lebens. Ebenfalls diskutiert wurden auch zwei Szenarien, in denen die Innenstadt ihre Kernfunktionen verliert und insgesamt verödet. Zwar sind auch diese Szenarien nach den Analyseergebnissen möglich, werden jedoch von den Beteiligten der insgesamt repräsentierten 25 Kommunen nur in Einzelfällen als wahrscheinlich angesehen. Die am stärksten erwartete Veränderung ist ein Wandel der Innenstadt zur Erlebniswelt.

 

Eine erste Diskussion möglicher resultierender Handlungsoptionen zeigte, wie die Kommunen nun mit den Ergebnissen arbeiten können, um sich für die möglichen Szenarien zu rüsten. Auf Ebene der Stadt wurden zum Beispiel vor allem die Förderung von Digitalkompetenz bei allen Beteiligten, die gezielte Schaffung von Erlebnissen und Events sowie eine aktive Stadtplanung mit der Zielrichtung von Funktionsmischung als notwendig erachtet. Auf übergeordneter Ebene, wie etwa in der Bundes- und Landespolitik, sollte der Fokus auf Entbürokratisierung und Strukturwandel gelegt werden, wobei auch die Errichtung sogenannter „Business Improvement Districts“ als gemeinschaftliche, innovative Testareale vorgeschlagen wird. Die Bürgerinnen und Bürger müssen aus Sicht der Beteiligten dabei unbedingt durch Bildungsangebote und Anreize für ehrenamtliches Engagement mitgenommen werden. Im Bereich der Digitalisierung gilt es eine leistungsfähige Grundinfrastruktur für die Vernetzung, Kommunikation und Onlineteilhabe sicherzustellen, um darauf aufbauend neue Event- und Logistikkonzepte sowie konkrete Maßnahmen für ein ganzheitliches Einkaufserlebnis, wie zum Beipsiel digitale Schaufenster zu ermöglichen.

 

Die von den Kommunen am stärksten gewünschten Szenarien zeichnen jeweils ein unterschiedliches Bild der Innenstadt: das Miteinander von Shopping und Erlebnis, die Dominanz von Erlebnis, oder die service-basierte Neuerfindung der Innenstadt. Hervorzuheben ist, dass das eher traditionelle Innenstadt-Bild, der Marktplatz mit geringer Bedeutung einer Erlebniswelt, in keinem Wunsch-Szenario auftaucht.

 

Die entwickelten Szenarien werden den Kommunen nun als Werkzeuge zur Verfügung gestellt, um Entscheidungen über Innenstadtprojekte unter Berücksichtigung möglicher zukünftiger Entwicklungen und damit zukunftsrobuster treffen zu können.

 

Hintergrund

City Lab Südwestfalen

Das City Lab Südwestfalen startete am 1. Oktober 2019. Der Projektzeitraum beträgt drei Jahre. Projektpartner sind die IHKs aus Arnsberg und Hagen sowie die FH Südwestfalen und die TU Dortmund. Ziel des City Labs ist es, die Attraktivität und die Aufenthaltsqualität für Einwohner, Besucher, Touristen und zuzugswillige Fachkräfte in den Innenstädten Südwestfalens zu steigern. Dabei steht vor allem die digitale und betriebswirtschaftliche Stärkung der innenstadtrelevanten Unternehmen aus Einzelhandel, Gastronomie, Ladenhandwerk und Dienstleistern im Fokus.

 

Folgende 25 Partnerkommunen nehmen am Projekt teil

Altena, Arnsberg, Bad Sassendorf, Balve, Geseke, Gevelsberg, Hagen, Hemer, Herdecke, Iserlohn, Lippstadt, Lüdenscheid, Medebach, Meinerzhagen, Menden, Meschede, Schwelm, Soest, Sprockhövel, Sundern, Warstein, Werdohl, Werl, Wetter (Ruhr) und Winterberg.

Gefördert wird das City Lab Südwestfalen aus den Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) und dem Land Nordrhein-Westfalen.

 

Quelle: Industrie- und Handelskammer Arnsberg Hellweg-Sauerland

 

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