Diakoniepfarrer Peter Sinn sucht während der Pandemie Trost im Gebet
brilon-totallokal: Dass ein Pfarrer in schwierigen Zeiten Trost im Gebet sucht; dass er sich dabei vielleicht auch Antworten auf Fragen erhofft, die ihn bewegen, ratlos, manchmal vielleicht sogar mutlos machen, ist sicher nichts Ungewöhnliches. Im Gegenteil: Das gehört eher zur pfarrereigenen DNA.
Dass ein Pfarrer aber seine zum Teil sehr persönlichen Gebete öffentlich macht, gehört nicht unbedingt dazu. Aber genau das macht Diakoniepfarrer Peter Sinn. Seit November schreibt er wöchentlich ein Gebet, druckt es aus und „veröffentlicht“ es an den neun Stelen, die es inzwischen an den unterschiedlichen Standorten der Diakonie Ruhr-Hellweg gibt.
„Am Anfang“, so Sinn, „standen die Fragen: Wie kann so ein Gebet in den Zeiten der Corona-Pandemie aussehen? Was bewegt mich, was berührt mich, was macht mich auch hilflos? Und wie gehe ich damit um?“ Denn hilflos hat sich der Pfarrer aus Lippstadt in den vergangenen Wochen oft gefühlt.
Täglich gibt es neue Zahlen von an Corona gestorbenen Menschen. Zahlen, die längst nur noch bloße Statistik scheinen, die man mit den täglichen Nachrichten aufnimmt wie den Bericht über das Wetter, die Bundesliga-Ergebnisse oder die Lottozahlen. Sinn: „Die Toten werden zwar gezählt, aber nicht öffentlich betrauert. Das hat mich betroffen gemacht.“
Als ein Vertreter der Kirche sieht er seine Aufgabe, ja seine Pflicht darin, so etwas wie eine Trauerkultur zu schaffen. Auch durch das wöchentliche Gebet: „Ein starkes öffentliches Gedenken ist eine Möglichkeit, dem Erschrecken Raum zu geben und der Trauer einen Adressaten. Die Kirche sucht Gott als Adressaten und ihre Ausdrucksform ist das Gebet. Dabei muss ich Gott nicht entlasten. Ich kann auch klagen, beklagen und auch anklagen. Entscheidend ist, dass ich mit Gott für meine Klagen eine Adresse habe.“
Inzwischen ist Sinn bei der Diakonie mit seiner Gebetsidee nicht mehr allein. Es gibt weitere Menschen, die Gebete schreiben und an den Stellen veröffentlichen. Auch persönliche Fürbitten-Zettel finden sich da mittlerweile. Die meisten Verfasser möchten dabei anonym bleiben. Sinn: „Das ist völlig in Ordnung.“
Die Stelen hat Pater Abraham vom Kloster in Meschede entworfen. Sie sind aus Stein und Stahl – zwei unterschiedliche Materialien, die symbolisch für die Börde und das Ruhrgebiet stehen.
Heike Klapper von der Diakonie in Lippstadt beobachtet praktisch täglich, wie die Besucher auf die Gebetsstelen reagieren: „Die meisten sind sehr angetan davon. Die Rückmeldungen sind bisher in jedem Fall alle sehr positiv.“ Auch deshalb wird Peter Sinn weitere Gebete formuliern – mindestens bis Ostern: „Danach sehr wir weiter.“
Gebet für die Covid-Toten
Täglich steigt die Zahl der in Deutschland neu an Corona erkrankten Menschen. Ein Höchstwert jagt den nächsten. Was gibt es da zu leugnen? Was, bitte?
Wir sind verunsichert, unter Druck, verängstigt, und ich bin es auch. Ich möchte gern gesund bleiben, niemanden anstecken und am Leben bleiben. Gott, der Du als der Barmherzige angerufen wirst: Wo ist Dein Erbarmen?
Wann neigst Du Dich herab zu den schwer Erkrankten? Und die Toten: Was sagst Du denen? Gesegnet seien die, die Anderen dienen mit ihrer Aufmerksamkeit, mit ihrer Profession mit ihrem freundlichen Wort. Gott, gesegnet seist Du, wenn Du dem Leiden Deine Achtung gibst.
Lass uns nicht verloren gehen, barmherziger Gott, keinen.
Amen.
Bild: Jede Woche gibt es ein neues Gebet für die Stele. Diakoniepfarrer Peter Sinn und Heike Klapper berichten von einer positiven Resonanz auf dieses Angebot.
Foto: Hans-Albert Limbrock
Quelle: Evangelischen Kirchenkreis Soest-Arnsberg