7 Wintersport-Destinationen richten eindringlichen Appell an Bundeskanzlerin Angela Merkel

 

Bürgermeister fordernin Schreibenschnelle Finanzhilfe für Wintersport-Branche, Öffnungs-Perspektiven und finanzielle Entlastung der Kommunen

 

brilon-totallokal: Sie teilen alle die gleichen Sorgen, sie kämpfen allesamt den gleichen Kampf und sie geben die Hoffnung trotz der Lockdown-Verlängerung und wenig Öffnungs-Perspektiven nicht auf: Bürgermeister von gleich sieben Wintersport-Destinationen aus den deutschen Mittelgebirgen und dem Deutschen Alpenraum haben am 10. Februar gemeinsam einen eindringlichen, schriftlichen Appell an Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie Bundeswirtschaftsminister Altmaier und Finanzminister Olaf Scholz auf den Weg gebracht, in dem sie schnell und unbürokratische Finanzhilfen für die Tourismuswirtschaft sowie eine Öffnungs-Perspektive fordern. Zu den Unterzeichnern zählt auch Winterbergs Bürgermeister Michael Beckmann, auf dessen Initiative sich das Bündnis gefunden hat.

 

Im Kern lauten die Forderungen: Anpassung der Finanzhilfen für die Wintersportbetriebe, die als Härtefallbranche anerkannt werden müssen. Ausgleich der kommunalen Ausfälle in Form von weiteren Gewerbesteuerausgleichszahlungen, der Entwicklung einer Überbrückungshilfe für besonders betroffene Kommunen und gezielte Infrastrukturhilfen für touristisch geprägte Städte und Gemeinden, die aktuell wirtschaftlich die Hauptlast der pandemiebedingten Schließungen und deren Folge tragen. Finanzhilfen für Kleinstbetriebe, die im Rahmen der Privatvermietung oder im Nebenerwerb tätig.

 

Argumente auf 5 Seiten / Situation für Wintersport-Branche extrem existenzbedrohend

„Sehr geehrte Frau Dr. Merkel, die Wintersportorte in Deutschland rufen Sie dazu auf, die Corona-bedingten Einschnitte, die unsere Städte und Gemeinden aufgrund der durch die ausgesprochenen Verbote ausgefallenen Wintersportsaison hinnehmen mussten, aufzufangen“ –so beginnt das Anschreiben. Was dann folgt, sind fünf Seiten Fakten und Argumente. „Wir waren uns unter den Bürgermeistern einig, dass wir gemeinsam mehr Wirkung entfalten, da wir alle in einem Boot sitzen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass sich die Wintersport-Branche bereits beim ersten Lockdown Anfang 2020 mit frühzeitiger Schließung überaus verantwortungsbewusst gezeigt haben. Darauf mussten wir dringend aufmerksam machen. Wir hoffen natürlich, dass unser Appell bzw. unsere klaren Forderungen, die hinterlegt sind mit Fakten und guten Argumenten, nun greifen und unserer wichtigen Branche geholfen wird“, betont Michael Beckmann.

 

Von einerexistenzbedrohenden Situation für die Wintersport-Branche schreiben die Bürgermeister an die Bundeskanzlerin. Sehr gute, zum Teil aus dem touristischen Sommerbetrieb übernommene Hygiene-und Sicherheitskonzepte sowie Online-Reservierungssysteme und vieles mehr seien durch das neuerliche Wintersport-Verbot bisher nicht zum Tragen gekommen. Hinzu komme, dass die Finanzhilfen des Bundes sowohl bei der Umsatz-als auch bei der Fixkostenerstattung für die Wintersport-Betriebe nicht greifen. Beides zusammen führe dazu, nicht nur Existenzen zu bedrohen, sondern zum Teil mit öffentlichen Mitteln aufgebaute Infrastruktur massiv zu gefährden. Der Besucher-Ansturm über den Jahreswechsel habe zudem aufgrund der geschlossenen Infrastruktur nicht nur ein negatives mediales Echo hervorgerufen, er habe zudem gezeigt, „welche Bedeutung die Winterurlaubsorte als „Ventil“ für die Metropolregionen und urbanen Räume haben“.

 

Örtliche Infrastruktur steht auf der Kippe

Mit dem generellen Ausschluss von Privatvermietern und Nebenerwerbsbetrieben hinsichtlich finanzieller Hilfen (keine Soforthilfe, keine Überbrückungshilfen, keine November-/Dezemberhilfe) stehezudem ein weiterer wichtiger Pfeiler der örtlichen Infrastruktur auf der Kippe. Diese Art von Kleinstbetrieben tragenicht nur in einem erheblichen Maße zum Lebensunterhalt derFamilien bei, sie seien auch insgesamt strukturell für dieKommunen von großer Bedeutung, haben sie doch in der Vergangenheit den kontinuierlichen Aufbau des örtlichen Tourismus mitgetragen.

 

„Auswirkungen haben die Corona-bedingten Einschränkungen auch auf die kommunalen Betriebe bzw. auf die für den Tourismus zuständigen Stellen aus. Bedingt durch das touristische Übernachtungsverbot fallen seitdem 2.11.2020 erhebliche Erträge aus kommunalen Beiträgen, wie etwa dem Kur-bzw. Gästebeitrag und Tourismusbeitrag, weg. Auch kommunale Beiträge für touristische Organisationen werden in Frage gestellt. Eine Kompensation ist in den meisten Fällen nicht vorgesehen und so müssen die Betriebe oder auch direkt die Kommunen diese Beitragsausfälle selbst tragen“, heißt es in dem Schreiben weiter. Dies führe vor allem zu massiven Liquiditätsengpässen, die die kommunalen touristischen Betriebe in Einzelfällen bis zur Insolvenz führen können. Insbesondere die Kur-und Erholungsorte leisten mit ihren immunstärkenden, gesundheitsfördernden sowie medizinisch-therapeutischen Angeboten einen wichtigen Beitrag für Gesundheit, Bewegung und Erholung. Mit dem Wegbrechen der dafür erhobenen Beiträge stehe diese auch für die Zukunft so dringend notwendige, zum Teil kommunale Infrastruktur vor dem Aus.

 

Ausfall einer Wintersport-Saison hat immense Auswirkungen auf Stadtkasse und Investitionen

Die Bürgermeister sprechen in ihrem Schreiben auch die Auswirkungen des Ausfalls einer gesamten Wintersport-Saison mitsamt Beherbergungsverbot auf die Kommunalfinanzen, den Arbeitsmarkt und die Wirtschaftsstruktur an. Die Erfüllung der wichtigen Aufgabe von touristischen Destinationen, dieBürgerinnen und Bürgern des gesamten Landes mit Urlaubsglück und Aktivitätsangeboten gesund zu erhalten, sei aufgrund des bröckelnden finanziellen Fundamentes gefährdet. Denn die Kehrseite einer ansonsten starken Tourismuswirtschaft sei regelmäßig das Fehlen einer alternativen Wirtschaftsstruktur, etwa einer Industrielandschaft. Wirtschaftsminister Peter Altmaier habe Recht, wenn er sagt, dass die deutsche Wirtschaft bislang robust durch die Gesundheitskrise gekommen ist. „Diese Robustheit drückt sich auch in weiterhin guten Gewerbesteuereinnahmen in den Kommunen aus, die nicht von den umfassenden Betriebsschließungen betroffen sind, wie die touristischen Orte unseres Landes. Diese Verluste, die wir für andere Mitschultern, sollten ebenfalls durch eine „Überbrückungshilfe“ für Kommunen ausgeglichen werden“, so die klare Position der Bürgermeister, die zudem noch einmal darauf hinwiesen, dass der Auslöser der finanziellen Einbußen Corona ist und es sich nicht um ein Tourismuskrise handelt.

 

In Folge des bereits seit mehr als 3 Monaten andauernden „Lockdown“ zwingt der Ausfall der vollständigen Wintersaison viele Kommunen zu drastischen Kürzungen in den kommunalen Haushalten sowie zur Streichung von wichtigen Investitionen und Aufgaben. Damit werde eine Weiterentwicklung der Orte empfindlich unterbrochen, behindert oder sogar unmöglich gemacht mit verheerenden Langzeitfolgen. „Klar ist, die durch den Tourismus in Gang gesetzten Wertschöpfungsketten sind zum Erliegen gekommen und damit sind auch unzählige Arbeitsplätze direkt und indirekt bedroht. Der Fachkräftemangel und der allgemeine Arbeitskräftemangel, insbesondere in der Tourismusbranche, könnte zu einem Flächenbrand werden, die die ohnehin strukturell benachteiligte Branche vor unlösbare Folgeaufgaben stellt. Erste Kündigungen, auch von gastronomischen Facharbeitern, die in andere Branchen ausweichen, erschweren zudem einen geregelten Restart nach der Pandemie. Das Kurzarbeitergeld unter den derzeitigen Bedingungen ist für die Beschäftigten im Tourismus nur  bedingt eine Hilfe“, zitiert Winterbergs Bürgermeister aus dem Schreiben.

 

Saisonstart auch im März noch möglich

Die Kommunalfinanzen sind in dieser Hinsicht ohnehin mehrfach betroffen. Dramatische Ausfälle bei der Gewerbesteuer, den Kur-bzw. Gästebeiträgen, Fremdenverkehrsbeiträgen und letztlich bei den Anteilen aus Einkommen-und Umsatzsteuern stellen die Kämmereien der Kommunen vor schier unlösbare Herausforderungen. Infolgedessen seien Steuer-und Beitragserhöhungen kaum auszuschließen mit einer weiteren Bremswirkung für eine nachhaltige Entwicklung der Destinationen.

 

Dankbar sind die Kommunen Bund und Ländern für die Gewerbesteuerausgleichszahlungen für das Jahr 2020. Diese Finanzhilfen müssten aber auch 2021 konsequent fortgeführt werden. Diesbezüglich vorgeschlagen wird in dem Schreiben „eine Art Überbrückungshilfe für die Kommunen, die über Gebühr von den angeordneten Betriebsschließungen betroffen sind, um die positiven Entwicklungen in diesen Städten nicht zu hemmen und damit die Bürgerinnen zu belasten“. Es stehefür alleBeteiligten außer Frage, dass auch die kommunale Familie in Folgeder Corona-Pandemie vor den größten finanziellen Herausforderungen nach Ende des 2.Weltkrieges stehen. „Alleine werden wir die finanziellen Herausforderungen nicht meistern können!“

 

Quelle: Linda Brieden, Stadt Winterberg

 

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