In Winterberg gibt es bereits zwei Einrichtungen | neue Angebote in Südwestfalen schaffen
brilon-totallokal: Winterberg: Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt gemäß Prognose des Bundesministeriums für Gesundheit von aktuell etwa 4,1 Millionen Menschen – davon fast eine Million in NRW – bis zum Jahr 2030 auf 4,6 Millionen Personen weiter an. Rund drei Viertel aller Pflegebedürftigen werden zu Hause gepflegt. Angesichts der Personalnot in der Pflege und der demographischen Entwicklung in Deutschland wird die Bedeutung der häuslichen Versorgung weiterwachsen.
Die Pflegenden – in der Regel pflegende Angehörige – sind oft hohen körperlichen und seelischen Belastungen ausgesetzt. Daraus entsteht die Notwendigkeit, dass für Pflegepersonen ausreichend Möglichkeiten für Auszeiten mit Erholung und medizinischer Rehabilitation angeboten und diese möglichst unbürokratisch in Anspruch genommen werden können. Dabei ist auch jeweils die Versorgung der
Pflegebedürftigen während der Auszeiten sicherzustellen.
Mit dem Projekt „Auszeit in Südwestfalen“ haben sich die Städte Bad Berleburg, Bad Laasphe, Bad Sassendorf, Brilon, Erwitte, Lippstadt, Olsberg, Schmallenberg und Winterberg gemeinsam auf den Weg gemacht, um zusätzliche Angebote für pflegende Angehörige zu entwickeln. „Ich bin stolz, dass es in Winterberg mit dem Landhaus Fernblick und der Mutter-Kind-Klinik St. Ursula bereits zwei Angebote für pflegende Angehörige gibt, wir sind hiermit noch Vorreiter in Südwestfalen“, so Bürgermeister Michael Beckmann.
Das Projekt „Auszeit in Südwestfalen“ ist auf drei Jahre angelegt und wird aus Mitteln des Landesförderplans „Alter und Pflege“ des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS) gefördert.
Zu Beginn des Projektes hat Georg Oberkötter vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS) auf der Kurtour 2021 durch Süd- und Ostwestfalen auch Halt im heilklimatischen Kurort Winterberg gemacht. Gemeinsam mit Bürgermeister Beckmann, dem stellvertretenden Bürgermeister Joachim Reuter, dem Geschäftsführer des Krankenhauses, Dennis Figlus, dem Projektkoordinator des Kurorteprojekts für Südwestfalen, Lars Vorneder, Johanna Barbosa, Projektreferentin Kurberatung für pflegende Angehörige der AW Kur und Erholungs GmbH, Ronald Claaßen, Projektleiter des „Zwillingsprojektes“ in Ostwestfalen-Lippe und Linda Brieden, der Koordinatorin für den Bereich Gesundheit bei der Stadt Winterberg die beiden Kureinrichtungen mit ihren unterschiedlichen Ansätzen angeschaut.
Gleich zwei Angebote mit dem Landhaus Fernblick und die Mutter-Kind-Klink St. Ursula für pflegende Angehörige in Winterberg
Das Landhaus Fernblick (AW Kur und Erholung GmbH) ist eines der wenigen Häuser, in die Kur gemeinsam mit einem begleitenden Angehörigen durchgeführt werden kann. Die Indikationen des Landhaus Fernblick liegen bei psychosomatisch/psychovegetative Erkrankungen, Erkrankungen des Muskel- und Skelettsystems, Diabetes Mellitus Typ II. Schon seit langem spielt das Thema der Gesundheitsförderung und Prävention für pflegende Angehörige bei der AW Kur eine wichtige Rolle. Ziel war u.a. der Aufbau eines flächendeckenden Kurberatungsnetzwerkes für pflegende Angehörige in NRW durch umfangreiche Qualifizierungsmaßnahmen für Berater*innen.
Im Landhaus Fernblick stehen den Pflegenden Angehörigen und deren pflegebedürftigen Angehörigen insgesamt 25 Zimmer zur Verfügung. Die beiden Personen teilen sich immer ein Zimmer, die individuell nach den Bedürfnisse der pflegebedürftigen Angehörigen zugeordnet werden Während des Aufenthalts, der i.d.R. 3 Wochen dauert, meistens aber auch Antrag nochmal verlängert wird, erhalten die pflegenden Angehörigen insgesamt 40 Anwendungen, ebenfalls individuell auf die Bedürfnisse angepasst. Während dieser Zeit (täglich von 9 – 16 Uhr) werden die pflegebedürftigen Personen betreut. Nach 16 Uhr können die pflegenden Angehörigen und die pflegebedürftigen Angehörigen dann gemeinsam etwas unternehmen (z.B. Schwimmen im hauseigenen Schwimmbad).
„Ich begrüße, dass durch das Auszeitprojekt in Südwestfalen neue Angebote für pflegende Angehörige geschaffen werden. Im Landhaus Fernblick wird täglich deutlich, dass wir den Bedarf nicht alleine decken können“, so Isabell Hiob, Klinikleitung des Landhauses Fernblick.
Die Mutter-Kind-Klinik ist noch relativ neu auf dem Gebiet der pflegenden Angehörigen. „Wir sehen in unserer tägliche Arbeit, dass der Bedarf an Vorsorge- und Rehamaßnahmen für Pflegende Angehörige kontinuierlich steigt. Darum haben wir unser Angebot in Kooperation mit unserem Seniorenzentrum St. Josef in Hallenberg für diese Gruppen ganz spezifisch auf die Bedürfnisse und besonderen Lebenslagen dieser Personengruppe ausgerichtet und ein exklusives, vom Müttergenesungswerk zertifiziertes Angebot gestaltet. Unser Ziel ist es, diese Angebote für die Pflegenden Angehörigen weiter zu verstetigen und auszubauen. Dieses Ziel können wir jedoch nur im Schulterschluss mit den verschiedenen Akteuren aus Politik, Kostenträgern und Zivilgesellschaft zu erreichen. Daher freuen wir uns sehr über das Projekt „AUSZEIT in Südwestfalen“, und bauen auf die Wirk- und Strahlkraft dieses Projekts, denn die Pflegenden Angehörigen sind jeden Schritt den wir in diesem Bereich vorankommenwert“, so Karin Krohn, Klinikleitung Mutter-Kind-Klinik.
Insgesamt stehenden den Müttern in der Mutter-Kind-Klinik, die zuhause pflegende Angehörige haben, 15 Betten zur Verfügung. Anders als im Fernblick reisen die Mütter jedoch alleine, ohne die pflegenden Angehörigen. Die Besonderheit bei der Mutter-Kind-Klinik: Die pflegenden Angehörigen halten sich während des Aufenthalts in einem separaten Trakt auf, getrennt von den Müttern, die mit Kindern anreisen. Dieser Trakt wurde erst im vergangenen Jahr umfassend renoviert. Nach den Kuranwendungen steht den pflegenden Müttern ein hauseigenes, ebenfalls neu renoviertes, Schwimmbad, Sauna und auch eine große Parkanlage zur Verfügung.
Das Team der Klinik weiß, was die Patientinnen als pflegende Angehörige leisten müssen. In der dreiwöchigen Kur Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahme können die Frauen in Pflegeverantwortung eine Auszeit nehmen. Das dortige Behandlungskonzept für Frauen in Pflegeverantwortung umfasst drei Ebenen:
1.) Stärkung der mentalen Kompetenz,
2.) Stärkung der instrumentellen und
3.) Stärkung der regenerativen Kompetenz.
„Ohne die unermüdliche Unterstützung durch pflegende Angehörige wäre für viele Hilfsbedürftige eine häusliche Versorgung kaum denkbar. Dabei nimmt die Pflege viel Zeit und Kraft in Anspruch und wird nicht selten neben dem Beruf und der Kinderbetreuung übernommen. Die pflegenden Angehörigen leisten damit einen unschätzbaren Dienst für unsere Gesellschaft, für den ich mich herzlich bedanke,“ so Bürgermeister Beckmann zum Abschluss der Kurtour in Winterberg.
Bild: v.l.n.r.: Linda Brieden (Ansprechpartnerin für den Bereich „Gesundheit“, Stadt Winterberg), Isabell Hiob (Klinikleitung Landhaus Fernblick), Dennis Figlus (Geschäftsführer Krankenhaus), Johanna Barbosa (Projektreferentin Kurberatung für pflegende Angehörige der AW Kur und Erholungs GmbH), Bürgermeister Michael Beckmann, Georg Oberkötter (Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW), Joachim Reuter (stellv. Bürgermeister der Stadt Winterberg), Lars Vornheder (Projektleiter „Auszeit in Südwestfalen – Kur-Angebote für pflegende Angehörige“), Karin Krohn (Klinikleitung Mutter-Kind-Klinik St. Ursula), Ronald Claaßen (Projektleiter des Projekts in Ostwestfalen-Lippe), Verena Ising-Volmer (Referat Kur- und Erholungshilfen beim Caritasverband für das Erzbistum Paderborn
e. V.).
Fotocredits: Stadt Winterberg
Quelle: Rabea Kappen, Stadt Winterberg