Nachbarschaftsstreit? Grenzzonen liefern immer wieder Anlass zum Streit
Was im Großen die Staats- und Landesgrenzen sind, das sind im Kleinen die Zäune und Mauern um Grundstücke herum. Auch diese Grenzzonen liefern immer wieder Anlass zum Streit. Mal ist ein Sichtschutzzaun zu hoch, mal fühlt sich ein Nachbar regelrecht „eingemauert“. Der Infodienst Recht und Steuern der LBS hat für seine Extra-Ausgabe einige Urteile zu diesem Themenkreis zusammengestellt – vom Amtsgericht bis zum Bundesgerichtshof.
Wenn der Bebauungsplan einer Gemeinde grundsätzlich Einfriedungsmauern ausschließt, weil ein Baugebiet seinen grünen Charakter nicht verlieren soll, dann sind keine Ausnahmen möglich. Darunter fällt auch eine Stützmauer zur Stabilisierung einer Aufschüttung. Eine solche Aufschüttung hatte ein Grundstücksbesitzer vornehmen lassen, um sein Anwesen in Hanglage besser nutzen zu können. Das Verwaltungsgericht Mainz (Aktenzeichen 3 K 615/18) verweigerte eine außerordentliche Genehmigung dieser Baumaßnahme.
Wer ein Grundstück erwirbt, der muss manchmal Dinge hinnehmen, die ihm nicht besonders gefallen. So befand sich entlang der Grundstücksgrenze eine 26 Meter lange und zwei Meter hohe Sichtschutzwand. Die Käufer des Nachbaranwesens forderten eine Entfernung dieses Sichtschutzes, zumal auch keine Baugenehmigung vorlag. Das Problem war aber, dass die vorherigen Eigentümer keine Einwände gegen die Grenzeinrichtung gehabt hatten. Das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein (Aktenzeichen 1 LA 44/17) merkte an, der Zustand habe schon beim Erwerb des Grundstücks bestanden und mit dem Kauf hätten die Kläger in die Verwirkung der Nachbarrechte eingewilligt.
Ein Wohnungsmieter sollte vertraglich dazu verpflichtet werden, die Haustüre eines Mehrfamilienhauses bei jedem Betreten von innen zu verschließen. Dazu war er nicht bereit. Er hielt das unter gewissen Umständen sogar für gefährlich. Dieser Meinung schloss sich das Amtsgericht Köln (Aktenzeichen 203 C 319/16) an. Wenn es zum Ausbruch eines Feuers oder zu einem sonstigen Notfall komme, dann müsse der Fluchtweg für die Hausbewohner jederzeit frei sein.
Nachbarn empfanden einen bereits baurechtlich genehmigten Sichtschutzzaun als überdimensioniert, selbst wenn ihn die Behörde angesichts der topographischen Besonderheiten in dieser Form akzeptiert habe. Doch das Verwaltungsgericht Bayreuth (Aktenzeichen B 2 K 18.931) kam zu der Überzeugung, dass die beanstandete „erdrückende Wirkung“ des Zaunes nicht gegeben sei. Die Kläger nähmen angesichts des Niveauunterschiedes des Geländes von ihrer Seite aus eine zwei Meter hohe Einfriedung wahr, was zulässig sei.
Wenn jemand ein Wegerecht an einem Grundstück besitzt, dann kann ihn der Eigentümer des Anwesens nicht dazu verpflichten, die Tore dieser Einfahrt immer hinter sich zu schließen. Im konkreten Fall hatte der Bewohner des vorderen Grundstücks zwei schwere Tore installiert – eines an der Straße und eines an der Grenze zwischen Vorder- und Hintergrundstück. Der Inhaber des Wegerechts hätte ständig aus- und einsteigen müssen, wenn er den Weg mit seinem Auto nutzen wollte. Der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen V ZR 17/20) entschied, es bestehe kein genereller Vorrang der Sicherheitsinteressen gegen die Ausübung des Wegerechts. Das müsse stets abgewogen werden.
Die Erreichbarkeit von Haus- und Wohnungstüren muss in einem Mehrfamilienhaus jederzeit gegeben sein. Die Wege dürfen keinesfalls durch Gegenstände verstellt werden. Was aber, wenn dies gar nicht der Fall ist? Wenn ein geparkter Kinderwagen niemanden behindert? Das Amtsgericht Dortmund (Aktenzeichen 425 C 6305/17) sah keine konkrete Eigentumsbeeinträchtigung beim Betreten einer Wohnung und beließ den Kinderwagen an seinem Ort.
Ein Gartenzaun hatte seine beste Zeit schon hinter sich, als ihn ein Sturm der Windstärke 8 mit sich riss. Der Grundstückseigentümer forderte von seiner Versicherung weit über 30.000 Euro Schadenersatz für Abbau, Entsorgung und Neuerrichtung des Zaunes. Das Oberlandesgericht Zweibrücken (Aktenzeichen 1 U 181/19) sah die Mitursächlichkeit des Sturmes wegen des unmittelbaren zeitlichen Zusammenhangs für erbracht. Allerdings spreche der marode Zustand des Zaunes dafür, dass er auch schon bei niedrigeren Windstärken hätte umkippen können. Der Grundstückseigentümer unterlag deswegen in dem Verfahren.
„Was du nicht willst, das man dir tut, das füg´ auch keinem andern zu“, heißt es schon in der Bibel. Im übertragenen Sinne sagte genau das auch das Landgericht Koblenz (Aktenzeichen 13 S 6/20) in einem Urteil zwei zerstrittenen Nachbarn. Der eine klagte darüber, dass sein Nachbar einen ungewöhnlich hohen Zaun errichtet habe, der nun rückgebaut werden müsse. Das Bauwerk war gut zwei Meter hoch. Doch der Kläger hatte an anderer Stelle selbst einen Zaun von bis zu 1,87 Metern Höhe errichtet – und lag damit ebenfalls über der von ihm geforderten Rückbauhöhe von 1,20 Metern. Ein schützenwertes Interesse des Klägers konnten die Richter deswegen nicht erkennen und verpflichtete den beklagten Nachbarn nur zu einem Rückbau des Zauns auf die gleiche Höhe wie der Zaun des Klägers.
Wenn zu einer Eigentümergemeinschaft mehrere benachbarte, aber voneinander getrennte Häuser gehören, dann hat nicht jedes Mitglied der Gemeinschaft einen Anspruch auf den Besitz aller Schlüssel zu den Hauseingängen. So entschied es das Landgericht Karlsruhe (Aktenzeichen 11 S 88/19) in einem konkreten Streitfall. Es gebe ein eingeschränktes Mitgebrauchsrecht an den Häusern, in denen man selbst nicht wohne. Nur in begründeten Ausnahmesituationen könne ein Anspruch auf den Schlüssel bestehen – etwa für einen Zugang zu Strom- und Wasserzählern.
Quelle: Dr. Ivonn Kappel, Referat Presse, Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen (LBS)
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Bildunterschrift: Wenn „Grenzzonen“ einen Anlass zum Rechtsstreit geben Was im Großen die Staats- und Landesgrenzen sind, das sind im Kleinen die Zäune und Mauern um Grundstücke herum.
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