Mehr als Futter für Kuh und Co. „Multitalent Grünland“: Dazu zählen Wiesen, Mähweiden und Weiden

AGGF: Traditionsreicher internationaler Fachkongress für Grünlandwissenschaft und Futterbau erstmals an der FH Südwestfalen

 

Nach zwei Jahren coronabedingter Pause fand Ende August die Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft für Grünland und Futterbau (AGGF) in Soest statt. Gastgeber war der Fachbereich Agrarwirtschaft der Fachhochschule Südwestfalen, unterstützt von der Landwirtschaftskammer NRW. In seiner 66-jährigen Geschichte war der Tagungsort das erste Mal in Westfalen. Die AGGF ist eine Sektion der Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaften (GPW) und beschäftigt sich mit wissenschaftlichen Fragestellungen rund um die Bewirtschaftung von Grünland sowie anderer futterbaulich genutzter Flächen. Die weiteste Anreise zu diesem internationalen Treffen hatte eine Wissenschaftlerin aus Ägypten.

 

Grünland – dazu zählen Wiesen, Mähweiden und Weiden – macht in Deutschland fast ein Drittel der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche aus.

 

Doch nicht nur als Futter für Milchkuh und Fleischrind ist das Grünland von hoher Bedeutung. Es übernimmt zunehmend auch viele ökologische und gesellschaftlich relevante Aufgaben, z.B. als Lebensraum für mehr als ein Drittel der in Deutschland vorkommenden Pflanzenarten und für vieler wild lebende Tierarten, als Ort für Tourismus und Erholung sowie für die Bereitstellung von Trinkwasser und Energie. Grünland ist auch in der Lage, enorme Mengen an Kohlendioxid aufzunehmen und zu speichern und ist somit unverzichtbar für den Klimaschutz.

 

Diese Vielfalt spiegelte sich inhaltlich auch in den Beiträgen der AGGF-Jahrestagung wider. Unter dem diesjährigen Tagungsoberthema „Grünland im Spannungsfeld Forschung, Wissenstransfer und öffentliche Wahrnehmung“, setzten sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Vorträgen, Postern und Diskussionen auch mit den praktischen Problemen auseinander, die sich aus diesen vielen unterschiedlichen Nutzungs- und Bewirtschaftungszielen ergeben. Das Arbeitspaket, das Landwirtinnen und Landwirte besonders in der Grünlandwirtschaft und in Futterbaubetrieben auferlegt ist und die zunehmende Verantwortung für große globale Probleme, die Ihnen übertragen wird, ist für sie auf Dauer weder ökonomisch noch persönlich leistbar. Das zeigte der Vortrag von Claudia Wiese von der FH Südwestfalen, die aus einem von der Deutschen Bundesumweltstiftung (DBU) geförderten Verbundprojekt berichtete („Nachhaltigkeitskodex der Landwirtschaft“). Viele landwirtschaftliche Betriebe leisten bereits Beachtliches hinsichtlich vieler Umweltfunktionen, stehen aber zunehmend vor ökonomischen Problemen. Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter, Familienangehörige und Fremdpersonal klagen über Arbeitsüberlastung, psychischen Stress und Anfeindungen von außen. Grünland- und andere Futterbaubetriebe sind dabei im Vergleich aller Betriebe am stärksten betroffen und in ihrer Existenz zunehmend bedroht.

 

Aus Sicht der Grünlandbetriebe sind neue Herausforderungen im Bereich Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel zu leisten. Ein Team aus Grünland- und Bodenforschern unter der Leitung von Prof. Dr. Harald Laser und Prof. Dr. Thoms Weyer veranschaulichte in weiteren Vorträgen die in der Praxis und in der Wissenschaft völlig unterschätzte Problematik der Bodenschadverdichtung. Auf fast 40% der umfangreich untersuchten Grünlandböden in NRW konnte eine kritische Bodenverdichtung festgestellt werden. Etwa nur ein Drittel der Flächen konnten als nicht auffällig verdichtet beschrieben werden. In Exaktversuchen mit Schadverdichtung können bis zu 40 % weniger Futterertrag gemessen werden.

 

Insgesamt wurden viele zentrale Themen rund um das Grünland und neue Forschungsansätze behandelt. Unter anderem wurde über Methoden der Bewertung der Artenvielfalt, der Nährstoffeffizienz im Zusammenhang mit dem Einsatz von Gülle diskutiert, aber auch mehr ganzheitliche Ansätze wie die „Reallabore“, die auch mehr die sozialen und gemeinwirtschaftlichen Aspekte der Grünlandnutzung einschließen. In vielen Beiträgen wurde auch auf die zunehmenden Probleme der Futterversorgung von Kühen und anderen Wiederkäuern angesichts häufiger und intensiver werdender Trockenheit hingewiesen. Hier werden auch zunehmend Futterpflanzen oder ganze Nutzungssysteme aus bisherigen Trockengebieten der Erde (Beispiel „Mob-Grazing“) ins Spiel gebracht.

 

Auf dem Programm der dreitägigen Tagung standen auch eine Reihe von Exkursionen. So ging es für die Teilnehmer*innen nach Meschede-Remblinghausen, wo die Landwirtschaftskammer NRW und der Fachbereich Agrarwirtschaft der FH Südwestfalen bereits seit 2008 erfolgreich eine Grünlandforschungsstation betreiben. Neben Versuchsfeldführungen wurden innovative Grünlandtechniken vorgestellt, darunter ein Sensor, der Lücken im Bestand an die Sämaschine meldet, die dort zielgenau Saatgut ablegt. Eine weitere Fachexkursion führte zu zwei innovativen Grünlandbetrieben. Beim Bio-Betrieb Kroll-Fiedler in Warstein konnten mehrere Versuche der Landwirtschaftskammer besichtigt werden.

 

Der Betrieb Sauerlandmilch in Brilon steht für High-Tech im Zusammenhang mit bedarfsgerechter und arbeitseffizienter Milchkuhfütterung.

 

So gehört hier die futterschonende Kleegrastrocknung zur Philosophie, ebenso wie intensive Social-Media-Arbeit für mehr Verständnis und Wissen zum Thema Milchviehhaltung in der Öffentlichkeit. Zum Abschluss reiste die Gruppe zur sehenswerten Heidelandschaft auf dem Kahlen Asten. Schäfer Christoph Schütte und Holger Krafft, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Biologischen Station HSK, gaben hier einen Einblick in ihre Arbeit.

 

 

Bild: (Besuch der Bergheidelandschaft auf dem Kahlen Asten): Grünland liefert nicht nur Futter für Milchkuh und Fleischrind. Die Flächen leisten auch einen Beitrag zur Artenvielfalt und für den Klimaschutz. Fotocredits: FH/Prof. Dr. Harald Laser

Quelle: Sandra Pösentrup (M.A.), Fachhochschule Südwestfalen, Dezernat 5: Hochschulkommunikation

 

 

 

 

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