Zum Weltfrauentag am 8. März – Interview von Frau zu Frau über Auszeiten und neue-alte Kraftquellen
Altkreis Brilon. Monika Matuszak kennt aus ihrem Berufsalltag die Beschreibungen und Schlagwörter von Frauen, die in Erziehungs- und Pflegeverantwortung stehen: Ausgelaugt und erschöpft, Doppelbelastung durch den Spagat zwischen Beruf und Familie, Mental Load und zu oft ein schlechtes Gewissen. Monika Matuszak arbeitet beim Caritasverband Brilon in der Beratungsstelle für stationäre Vorsorge und Rehabilitation für Mütter/Väter, Mutter-Kind/Vater-Kind und pflegende Angehörige. Die Diplom Sozialpädagogin und Sozialarbeiterin hilft Frauen eine oftmals dringende Auszeit vom Alltagstrubel zu erhalten, und zwar durch die Beratung und Hilfestellung bei Mütter- oder Mutter-Kind-Kuren sowie für pflegende Angehörige. Zwei Frauen geben Einblicke in ihre Kurerfahrungen, auch um andere Frauen zu ermutigen, neue und alte Kraftquellen für sich zu entdecken.
Im Interview
Tatjana Messer (37 Jahre) ist Industriekauffrau und Mutter von zwei Kindern (3 und 4 Jahre). Die Brilonerin war im Mai 2023 mit ihren Kindern zur Kur an der Nordsee. An der See war auch die 77-jährige Gaby Janßen, die im November auf Norderney eine Kur für pflegende Angehörige gemacht hat.
Wie haben Sie in eine Kur gefunden?
Tatjana Messer: Der Anstoß kam durch die Kinderärztin. Mein Sohn war häufig krank und hatte Bronchitis. Die Kinderärztin hat die Kur empfohlen. Ich hatte auch eine starke Belastung durch die Kindererkrankung, habe 30 Stunden in der Woche gearbeitet und noch eine Vollzeitvertretung gestemmt. Durch eine Bekannte habe ich von der Kurberatung erfahren, angerufen und einen Termin gemacht.“
Gaby Janßen: Nach jahrelanger Pflege meines Mannes hat mein damaliger, leider verstorbener Hausarzt Dr. Reiß mir empfohlen, eine Kur zu machen. Dr. Reiß hat mich zur Kurberatung geschickt.
Wie war die Unterstützung der Beratungsstelle?
Tatjana Messer: Sehr gut. Sie haben sich überwiegend um alles gekümmert. Eine Übersicht zu dem Ablauf der Kur war gut. Bei Fragen konnte ich immer anrufen und hatte eine Ansprechperson.
Gaby Janßen: Ich habe angerufen und einen Termin gemacht. Wir haben über mein Krankheitsbild gesprochen, und dass der Arzt mir die See empfohlen hat. Ich habe dann mit Ihnen die spezialisierte Klinik auf Norderney ausgesucht. Super war, dass Sie mir bei allem geholfen haben. Ich musste den Antrag nicht selber schreiben und Sie haben alles für mich in die Wege geleitet. Das war eine große Entlastung.
Wie war die Kur: Eindrücke, Bewegendes, Hilfe?
Gaby Janßen: Die Klinik hat mir sehr gefallen. Bewegt haben mich die Schicksale anderer Frauen. Die Seeluft hat mir gut getan, trotz November. Ich war nur unterwegs, fast immer am Meer. In der Klinik wurde so viel angeboten – schon morgens um 8.00 Uhr gab es Gymnastik am Meer. Ich habe alle Angebote wirklich sehr genossen.
Tatjana Messer: Wir drei fanden es klasse! Den Kindern hat es Spaß gemacht, selbst der Dreijährige hat nicht geweint und sich wohl gefühlt. Die Situationen anderer Mütter haben mich schon sehr bewegt. Geholfen hat mir, Zeit für mich zu haben und den Haushalt nicht machen zu müssen. Selbst vormittags hatte ich Zeit für mich und die Anwendungen, wie Sport, Massagen und Entspannung, waren super.
Und nach der Kur: Was haben Sie mitgenommen?
Gaby Janßen: Die Auszeit hat mir körperlich gut getan. Die Physiotherapie haben geholfen, ebenso die Anwendungen und der viele Sport. Ins kalte Meer bin ich aber nur bis zum Knie gegangen (lacht). Es war gut, sich mit den Frauen austauschen zu können, und den Abstand von Zuhause zu haben. Die Kur hat so viel Kraft geschenkt. Gerne würde ich noch einmal eine Kur machen, um die Kraft frisch aufzutanken.
Tatjana Messer: Schon vor Kurantritt habe ich mir Gedanken gemacht, was danach kommt. Die Kur war der Auslöser, um im Leben etwas zu verändern. Ich habe angefangen, mir einen neuen Job mit weniger Stunden zu suchen. Der Kleine war nach der Kur nicht mehr so viel krank. Ich habe jetzt auch mehr Sport im Alltag integriert. Eine weitere Kur wäre toll. Der Große wünscht sich, auch mit dem Papa zur Kur zu fahren.
Sie haben Kurerfahrungen gesammelt. Warum würden Sie anderen Frauen in ähnlicher Lage empfehlen, eine Kur zu machen?
Tatjana Messer: Um dem Alltag zu entfliehen, um etwas Neues auszuprobieren, um das Gefühl zu bekommen, auf sich stolz sein zu können – im Großen wie im Kleinen. Beispielsweise mit den Kindern alleine die Autofahrt zu schaffen. Die Auszeit hat der gesamten Familie gut getan. Die Psychologin in der Kur hat es auf den Punkt gebracht: „Wenn es der Mutter gut geht, dann geht es auch den Kindern gut. Nicht anders herum.“ Ich dachte vorher immer, wenn es den Kindern gut geht, dann geht es auch der Mutter gut.
Gaby Janßen: Ich empfehle Frauen, in der Kur aus dem Alltag auszusteigen, um Zeit für sich zu haben, und sich nicht kümmern müssen. Auch der Austausch mit den anderen Frauen hat gut getan. Es war das Schöne, abends im TV-Raum mit den anderen Frauen Handarbeit zu machen, Karten zu spielen und die Abende in lustiger Runde zu verbringen.“
Info-Kasten: Der Weg zur Kur
An Mütter (mit Kindern bis 18 Jahren) und Frauen in Pflegeverantwortung richtet sich die Kurberatung der Caritas Brilon. „Der Alltag der Frauen kann so herausfordernd sein, dass bereits Schlafstörungen, Herz-Kreislaufbeschwerden, Kopf-oder Rückenschmerzen vorliegen. Da kann eine Auszeit mit professioneller Begleitung sehr helfen“, betont Monika Matuszak. Es gibt vielfache Therapien in den spezialisierten Kliniken wie beispielsweise Stressbewältigungs-Strategien, therapeutische Leistungen wie Physiotherapie, Psychosoziale Therapie, Körper-Kreativtherapie, Vorträge, Schulungen zu Erziehungsfragen, Bewegungstraining, Ernährungsberatung, Stärkung der Mutter-Kind-Interaktion. „Um die richtige Klinik zu finden, ist eine Kurberatung vor dem Kurantrag sehr zu empfehlen“, betont die Expertin. Dafür gibt es die kostenlose Unterstützung der Kurberatung des Müttergenesungswerkes (MGW) beim Caritasverband Brilon e.V. „Das MGW ist der größte Träger von Kurkliniken mit über 70 Kliniken in Trägerschaft verschiedener Wohlfahrtsverbände in ganz Deutschland“, erklärt Monika Matuszak.
__________________________
Die konkrete Unterstützung auf dem Weg zur Kur :
- Klärung: Wann habe ich Anspruch auf eine Kur? Mütter können auch ohne Kinder in spezielle Mütter-Kliniken fahren. Der Anspruch besteht bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres der Kinder. Frauen in Pflegeverantwortung für Eltern, Schwiegereltern oder Ehemann können auch zur Kur fahren.
- Klärung der gesundheitlichen und sozialen Situation
- Unterstützung beim Kurantrag: Was benötige ich für einen Antrag? Wo und wie wird dieser gestellt? Welcher Kosten kommen auf mich zu?
- Unterstützung beim Widerspruch, falls der Antrag abgelehnt wird.
- Hilfe bei der Auswahl der richtigen Klinik: Es gibt das Wunsch und Wahlrecht für die Mütter nach §8 SGB IV
- Hilfe bei der Anmeldung in der Klinik und Reservierung eines Platzes
- Hilfe bei finanziellen Nöten und Beantragung von Spendengeldern
- Unterstützung auch nach der Kur durch die Nachsorge
Die kostenlose Unterstützung hilft, Hürden zu überwinden und ist eine große Entlastung im bürokratischen Dschungel. „Wir helfen, einen erfolgreichen Kurantrag zu stellen“, sagt Monika Matuszak.
Kontakt und Beratungszeiten
Beratungszeiten: montags von 9.00-12.30 Uhr und donnerstags von 9.00 bis 17.00 Uhr. In der Scharfenberger Straße 19 in Brilon. Tel. 02961 971915 025961 97190 Mail: [email protected]. Gerne persönlich nach Terminabsprache im Büro, auf Wunsch auch telefonisch, Video-Beratung oder in Einzelfällen ist auch ein Hausbesuch möglich.
__________________________
Quelle: Sandra Wamers, Interne | Externe Kommunikation, Marketing, Caritasverband Brilon e.V.
Bild: Einblicke und Empfehlungen – Tatjana Messer (l.) und Gaby Janßen (r.) haben aus unterschiedlichen Gründen eine Kur gemacht. Mit Monika Matuszak von der Caritas-Beratungsstelle sprechen die beiden Frauen über ihre Erfahrungen.
Fotocredit: Caritas Brilon / Sandra Wamers