
Brilon: Feier zum Start der Kinderuni mit Armin Maiwald (Sendung mit der Maus)
Brilon-Totallokal: „Die schönste Geschichte ist die nächste, die ich mache.“ – Feier zum Start der Kinderuni mit Armin Maiwald
brilon-totallokal: „Wieso ausgerechnet Armin Maiwald, einer der Erfinder und seit Beginn Autor, Regisseur und Moderator der Sendung mit der Maus? Bibliotheksleiterin Ute Hachmann erklärte das ganz einfach am 19.2. bei der Eröffnung der Kinderuni Brilon: „Sie haben die Vermittlung von Kinderwissen und das Kinderfernsehen revolutioniert. Auch wir als Bibliothek wollen neugierig machen, Lust auf neue Themen erreichen durch Aha -Erlebnisse, Bildung und Wissen anstoßen durch Forschen, Tun, ausprobieren und darüber reden.“ Passend zum Experimentieren war am nächsten Tag der zweite Mausmoderator, Christoph Biemann vor Ort und probierte mit Kindern aus, was man mit Wasser und Luft so alles machen kann, bevor dann nachmittags die Firma Egger ihre Werkstore öffnete zur ersten Kinderführung.
Auch hier folgt die Bibliothek in Kooperation mit „big six and friends“ dem Konzept der Sendung mit der Maus: Türen öffnen zur Arbeits- und Produktionswelt. Damit habe die Kinderuni Brilon ein Alleinstellungsmerkmal, betonte Dr. Christof Bartsch in seiner Begrüßung am Freitag. Durch den Brückenschlag zur heimischen Wirtschaft lernten die Schüler und Schülerinnen diese relativ früh kennen, was hinsichtlich des zu erwartenden Fachkräftemangels nur von Vorteil sein könne. Die eigentliche Eröffnung der Kinderuni lag schon zurück, denn die 20 Kinder aus Brilon haben schon drei Vorlesungen an der FH in Meschede besucht und wissen nun über Löcher in die Zeit, wie das Fernsehen funktioniert und warum Eisenschiffe schwimmen können, bescheid. Was Smartphone und Pullover mit dem Klimawandel zu tun haben, werden sie auch bald erfahren.
Armin Maiwald (geb. am 23.1.1940 in Köln) las aus seiner Biographie „Aufbau vor laufender Kamera“, und die etwa 50 erwachsenen Besucher und Besucherinnen wurden in den Bann einer Lebensgeschichte mit viel Bewegung gezogen. Er las eigentlich nicht vor, er erzählte, – unterhaltsam, humorvoll, lebendig und immer im Kontakt mit den Zuhörern. „Meine erste Erinnerung ist ein Fliegeralarm 1942.“ Zwei Jahre war er da alt, wühlte sich aus seinem Bett, packte sein Köfferchen und stapfte Richtung Luftschutzkeller hinter der Mutter her, die ihn nicht an die Hand nehmen konnte, denn sie musste sein kleines Schwesterchen tragen und die Tasche mit Windeln und Babysachen. Das Haus wurde getroffen und war nicht mehr bewohnbar. Viele Umzüge gab es in der frühen Kindheit. „Man zog weiter zu Verwandten, die noch ein Dach über dem Kopf hatten und schließlich in das große Haus des Großvaters in Bayern. Dort kam sein Vater, den er nur zweimal gesehen hatte, beim einzigen Bombenangriff auf Freising ums Leben. Aus Hilfsbereitschaft war er dort gewesen, nicht weil er musste.
Der vorgeschriebene Eintopfsonntag, der vom Blockwart kontrolliert wurde, das Führerbild, das dann ganz schnell umgedreht wurde (nicht mehr mit dem Gesicht zur Wand), das große graue Ungeheuer im Schlafzimmer, dem der Junge eines Nachts im Schlafzimmer begegnete, und das sich als Mutter, Tante und Großvater unter einer Wolldecke BBC hörend entpuppte, – Der Duft des mit grüner Ölfarbe angemalten Gartenhäuschens, in dem der Großvater eine große Holzeisenbahn für ihn gebaut hatte – Idylle und widersinnige Realität der letzten Kriegsjahre. Verunsicherung und Angst, als dann die Amerikaner als Besatzungsmacht kamen, aber auch die Chance, Geld zu verdienen. Durch den Verkauf von aus Kippen der Amis neu gedrehten Zigaretten, oder auch durch Adressen schreiben, denn die Deutschen waren in der lateinischen Schrift noch nicht so bewandert, und die Amerikaner konnten die deutsche nicht lesen. Das gab dann in der Küche etwas Abwechslung von der Suppe aus Sauerampfer oder was sonst noch am Bahndamm wuchs, durch Milch und Kartoffeln.
Mit etwa 16 Jahren kam Maiwald auf dem Gymnasium in Köln zum ersten Mal als Statist mit dem Theater in Berührung, und das begeisterte ihn. Seine Arbeit begann erst um 9 Uhr, aber er war oft lange vorher da, inspizierte alles und fand „ein ganzes Universum, das mich faszinierte“.
Seine Art, „als Saisonarbeiter“ für die Schule zu arbeiten, ging gut bis zur Unterprima. „ Die Wiederholung der Unterprima war das beste, was mir passieren konnte.“ Dr. Richard Müller, Mitsch“ war nicht nur sein neuer Klassenlehrer, sondern hatte auch ein Theaterstück geschrieben, indem Maiwald als Sprecher eine Hauptrolle hatte. Der Abend der Premiere kam: „Alle Nervosität fiel von mir ab. Ich glaube an diesem Abend begriff ich, dass die Bühne mein Ding war.“ Folge: Studium der Theaterwissenschaft.
Irgendwann kam der „6er im Lotto“: Regieassistent und auch mal Regisseur beim WDR und irgendwann die „Idee, sich selbständig zu machen ohne Geld mit nix als flausigen Gedanken.“ Maiwald begann, selbst Filme zu produzieren. Als der WDR ihn bat, für das Kinderfernsehen Geschichten aus dem alltäglichen Leben zu entwickeln, entstanden die „Lach- und Sachgeschichten für Fernsehanfänger“ , die zunächst mit viel Häme seitens der Kollegen im Haus bedacht wurden, und deren Erfolgsgeschichte, auch als die Maus mit ins Spiel kam, sich nur ganz langsam entwickelte.
Keine Lehrfilme, nicht lernen müssen, Schule nicht imitieren und ersetzen, Aha-Effekte erzielen, in Bildern erzählen, neugierig machen, zeigen wie was gemacht wird, alltägliche Themen. Das erste war Frühstück: Ei – Legehühner, Milch – Kuh, Brötchen- Mehl und wie das jeweils alles zusammenhängt. Da schloss sich der Kreis zur Stadtbibliothek und zur Kinderuni Brilon. Nicht mit dem Frühstück aber mit dem Konzept.
Welches war Ihre schönste Geschichte?“ fragte eine Zuhörerin. Antwort: „Die schönste Geschichte ist die nächste, die ich mache.“
Text und Foto: Barbara Aulich