Stichwort der Wochg: Junges Leben welkt in den Ruinen

Norbert Schnellen:  Vermutlich gäbe es schon nach einem Tag, den ersten Toilettenbesuchen und den ersten Asthmaanfällen wegen Schimmels…

brilon-totallokal: In der vergangenen Woche veröffentlichte der WDR eine Umfrage über den Zustand der Schulgebäude in NRW. Das Ergebnis ist für die Öffentlichkeit erschreckend, für Lehrer, Schüler und Eltern jedoch kaum überraschend: Schimmelbildung, undichte Fenster, marode Toilettenanlagen, lebensgefährliche Turnhallen und viele andere Gebäudeschäden gehören in unserem Bundesland inzwischen zum Schulalltag. Dieser Zustand ist natürlich nicht von heute auf morgen eingetreten, sondern ist eine Fehlentwicklung, welche sich schon seit vielen Jahren wie ein roter Faden durch unser Bildungssystem zieht. Verantwortlich hierfür ist nach Aussage der zuständigen Ministerin natürlich nicht die Landesregierung, sondern es sind die Kommunen, die laut Gesetz für den Unterhalt der Schulgebäude zuständig sind.

Doch die meisten dieser Kommunen sind schon seit vielen Jahren faktisch pleite und daher kaum in der Lage ihren Verpflichtungen zum Unterhalt der Schulgebäude nachzukommen.

Die Stadtkämmerer (das sind die Leute, die meistens mit einem grünen Gesicht durch die Gegend laufen, weil sie bei Medienberichten über sprudelnde Steuereinnahmen und florierender Wirtschaft ein ständiger Brechreiz befällt) können das Geld selbst für die allernötigsten Reparaturmaßnahmen nicht mehr aufbringen. Durch einen jahrzehntelangen Renovierungsstau sind an vielen Schulgebäuden grundlegende Sanierungsarbeiten nötig. Wer soll diese dann aber bezahlen?

„Deutschland ist ein reiches Land!“ Fürwahr, wenn man sich die Parlamente und Regierungsgebäude in Berlin und Düsseldorf anschaut kann man diesen Eindruck bekommen. Kein Schimmel, keine defekten Toiletten, ordentliche Fenster, Türen und Bestuhlung, eigentlich perfekte Bedingungen für lernwillige junge Menschen. Mao Tse-tung hatte einmal die Idee, Beamte und Funktionäre in regelmäßigen Abständen zur Landarbeit heranzuziehen, damit sie mehr Verständnis für das einfache Volk bekämen. So gesehen wäre es ein guter Vorschlag, dass die Schüler, meinetwegen des Gymnasiums in Winterberg, mal für ein paar Monate das Gebäude mit den Abgeordneten des nordrheinwestfälischen Landtags tauschen würden.

Vermutlich gäbe es schon nach einem Tag, den ersten Toilettenbesuchen und den ersten Asthmaanfällen wegen Schimmels, eine Dringlichkeitssitzung des Landtags, in der quer durch alle Parteien eine grundsätzliche Gebäudesanierung beschlossen würde.

Da aber ein solcher Tausch natürlich nie Realität werden wird, bleiben die Schulgebäude auch weiterhin in einem erbarmungswürdigen Zustand. Schüler haben in diesem Land offensichtlich keine Lobby.

Norbert Schnellen

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