Die Eisenzeit in der Region – von den ältesten Sauerländern…

Der Briloner Heimatbund Semper Idem e.V. und das Museum Haus Hövener präsentieren neue Exponate aus der Rösenbecker Höhle.

brilon-totallokal:  Auf die Frage, wann im Sauerland unsere Geschichte begann, gibt es viele Antworten. Je nachdem ob man die urkundliche Ersterwähnung der Stadt Brilon 973 n. Chr. oder die Verleihung der Stadtrechte um 1217 als Anfang der geschichtlichen Überlieferung sieht, finden sich viele Spuren der Vergangenheit. Dass die ersten Sauerländer jedoch weitaus eher die Region besiedelten, weiß Andreas Schudelski. Als Vorstandsmitglied des Briloner Heimatbundes Semper Idem e.V. und langjähriger Höhlenforscher widmete er sich der Erkundung der Rösenbecker Höhle. In diesem kilometerlangen Höhlenkomplex fand er Artefakte vergangener Tage, darunter auch ab der ausgehenden Bronzezeit ind vorrömische Epochen hinein (900 – 50 v. Chr.).

Diese Objekte sind Jahrtausende alt und vermitteln ein Bild der frühesten Sauerländer Besiedelung.

Zusammen mit Winfried Dickel (Vorstandsvorsitzender Briloner Heimatbund Semper Idem e.V. und der Stiftung Briloner Eisenberg & Gewerke – Stadtmuseum Brilon), Alice Beele (Vorstandsmitglied Briloner Heimatbund Semper Idem e.V. Bereich Archäologie), Jens Meyer (Leiter Museum Haus Hövener & Vorstandsmitglied Briloner Heimatbund Semper Idem e.V.) und Carsten Schlömer (stellv. Vorsitzender Briloner Heimatbund Semper Idem e.V. und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Museum) bereitete Andreas Schudelski einige besondere Fragmente jener vorchristlicher Zeit für eine Ausstellung im Museum Haus Hövener vor. Viele der Exponate, die nun im Museum zu finden sind, erzählen spannende Geschichten, lassen einen neuen Blick auf die regionale Identität zu. Dabei ist es überhaupt erst den klimatischen Bedingungen in der Rösenbecker Höhle zu verdanken, dass die wertvollen Gegenstände die Jahrhunderte überdauerten. Seit dem 19. Jahrhundert unternahmen Archäologen Grabungen und stellten fest, dass in dem einstigen Hollenloch noch zahlreiche Spuren der Eisenzeit zu finden sind. Neben Keramiken, Überreste alter Krüge, fanden sich auch Schmuckstücke, die von der Kunstfertigkeit vergangener Tage erzählen.

Bedenkt man, dass vor tausenden von Jahren noch keine modernen Produktionsmethoden existierten, wirft dies ein besonderes Bild auf unsere Vorfahren. Schon in der Eisenzeit gab es Möglichkeiten, Krüge und Teller mit Mustern zu versehen. Hierfür verwendeten die ersten Sauerländer Hilfsmittel wie kleine Äste oder andere Naturprodukte, die sie dann während der Keramikherstellung in die Objekte hineindrückten. Jene Dekorationen sind zum Teil noch heute sichtbar.

16.03.-Hoevener-400

Zu den Artefakten des frühesten Sauerländer Kunsthandwerkes gehört auch ein so genannter Hohlbuckelring. Das filigran gearbeitete Stück ist wenige Zentimeter groß und mit Spiralmustern auf der Oberfläche verziert. Mit mehreren tausend Jahren gehört es zu den ältesten Ausstellungsstücken, die im Museum Haus Hövener betrachtet werden können. Funde wie dieser sind vor allem aus dem Alpenraum bekannt. Dort entdeckte man sie oft als Grabbeilagen. Ob auch die Rösenbecker Höhle für Bestattungen genutzt wurde, erscheint möglich, ein absoluter Beleg hierfür fehlt jedoch bisher.

Was diese These jedoch bestätigen würde, ist ein weiterer Fund, den die Archäologen Andreas Schudelski zu verdanken haben. Zwischen der sogenannten Fledermaushalle und der Zwölf-Aposteln-Halle fand man einen menschlichen Oberkiefer. Das Besondere an diesem Stück ist, dass es zu einem 4 Jahre (plus/minus 12 Monate) alten Kind gehört, die Milchzähne sind noch nicht durchgebrochen.

Carsten Schlömer hierzu: „Menschliche Überreste aus vorrömischer Eisenzeit sind Funde, die den Betrachter durchaus einen Schauer über den Rücken laufen lassen. Nichts desto trotz sind es nun mal Spuren unserer eigenen Identität.“

Was dem Kind zugestoßen ist, bleibt unbekannt, es finden sich noch weitere menschliche Knochenfunde der ältesten Sauerländer, wie etwa Fingerknochen und Schädelfragmente. Doch gerade die kindlichen Überreste der Eisenzeit berichten von dramatischen Zeiten, in denen das Klima und die Umwelt den frühen Siedlungen des Sauerlands das Leben schwermachte.

Andreas Schudelski: „Das Besondere an diesen Funden ist unter anderem auch die fundierte Aufarbeitung der Objekte. Datierungen und Bezeichnungen sind durch archäologische Untersuchungen bestimmt und bestätigt. Es handelt sich so um eine wissenschaftliche Dokumentation der regionalen Siedlungsgeschichte des Sauerlandes.

Mit diesen beeindruckenden Ausstellungsstücken ist die Geschichte der Rösenbecker Höhle jedoch nicht abgeschlossen. Viele ungestörte Fundsituationen sind noch in schwer zugänglichen Bereichen des unterirdischen Komplexes zu vermuten. Die Region um Brilon herum, das Sauerland mit seinen vielen Wüstungen und verschütteten Siedlungen bietet wohl noch viele Orte, die mit spektakulären Ergebnissen aufwarten können. Im Museum Haus Hövener werden nun einige Beispiele dieser Stücke konserviert und präsentiert, um das gemeinsame kulturelle Erbe der Region zu erhalten und zu dokumentieren.

Gerade für die vorantiken Epochen des Sauerlands ist man dabei auf archäologische Stücke angewiesen, wie Carsten Schlömer bestätigt. „Erst mit dem Imperium Romanum vermehren sich die historischen Quellen über das Mitteleuropa der vorchristlichen Zeit. Bei der Geschichte von west- und nordgermanischen Kulturen und Völkergruppen müssen wir dagegen auf archäologische Funde zurückgreifen.

Auch in naher Zukunft möchte das Museum Haus Hövener und der Briloner Heimatbund weitere Epochen der Museumsbesucherin und dem Museumsbesucher zugänglich machen. Was sich in den Böden des Sauerlands noch verbirgt, weiß niemand. Sicher ist, dass die Anfänge der Siedlungsgeschichte in der Region eben weit vor 973 oder 1217 n. Chr. begannen…

 

 

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