Brilon: Was ist die Milch noch wert?

Brilon-Totallokal: Die Preise für einen Liter Milch fallen immer weiter – damit droht auch der Sturz regionaler Milchbauern…

brilon-totallokal: Der Trend der Billig-Lebensmittel in Supermärkten kennt hierzulande keine Grenzen mehr und stellt eine ernstzunehmende Gefahr für regionale landwirtschaftliche Betriebe dar. Ein Leben am Existenzminimum bis hin zur Schließung der Tore – so sieht derzeit die Zukunft vieler Milchbauern in Deutschland und auch rund um Brilon aus.

Heutiger Tatort: Ein Discounter in Brilon. Sagenhafte 42 Cent für einen Liter Milch – geht’s noch? Selbst ein hochwertiges Wasser oder eine Literflasche Limonade sind um das Doppelte teurer, wobei letzteres der Gesundheit im Gegensatz zur Milch absolut keinen Gefallen tut und doch in Massen gekauft wird. Viele mögen nicht weiterdenken und freuen sich vermutlich sogar über derartige Preisstürze. Dass die Bauern, die uns tatkräftig mit Milch beliefern und ihre Höfe auf dem neusten Stand halten, nur noch etwa 20 Cent pro verkauftem Liter erhalten, ist ein Skandal, den es noch nicht gegeben hat. Die Preise werden vom Handel immer weiter abwärts gedrückt, um den Überschuss an Milch, der durch große Bauernkonzerne mit Massentierhaltung entsteht, zu verschleudern und die Kunden mit möglichst niedrigen Beträgen zum Kauf zu locken. Ganz nach dem Motto „Die Masse macht Profit“ und einer Verschleuderung der Lebensmittel arbeiten Industrie und Handel, was letztendlich zum Einbruch der Molkereiwirtschaft und insbesondere der kleineren Betriebe in der Region führen wird, die von großen Bauernbetrieben und Massenproduktion überlaufen werden.

Josef Schreiber, Landwirt und Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes HSK aus Medebach, ist sich sicher:

„Wenn das so weitergeht, werden die meisten Milchbauern hier die Biege machen. Unter solchen Bedingungen kann sich kein Hof am Leben erhalten und seine Familie ernähren. Wir sind dabei, die Politik verschärft mit der Problematik zu konfrontieren und finanzielle Leistungen einzufordern, damit der Markt sich erholen kann. Ansonsten sehe ich schwarz.“

Können wir mit solch einem Gewissen leben, nur um einige Cent an etwas zu sparen, woran andere zugrunde gehen? Hört man sich einmal um, so sind doch viele bereit, sogar einen Euro für einen Liter Milch zu bezahlen und auch allgemein mehr für Lebensmittel draufzulegen, wenn die Qualität stimmt und man weiß, wo es herkommt.

Vielleicht sollten wir unseren Bauern raten, es gleich den Franzosen zu tun, die tausende Liter Milch vor den Elisée Palast kippen, um ein Zeichen zu setzen und auf die Wegwerfgesellschaft aufmerksam zu machen. Einziger drastischer Ausweg? Man wagt es nicht zu hoffen…

Thema: Redaktion Brilon-Totallokal, Text: Jessie Kristen, Bild: Ulrich Trommer

Interview: Josef Schreiber, Landwirt und Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes HSK aus Medebach

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