Brilon-Totallokal: Experte am Telefon Zum Welt-Alzheimertag am 21. September
brilon-totallokal: Seit 1994 findet jährlich am 21. September der Welt-Alzheimertag statt. Alzheimer ist eine Form von Demenz, an der gegenwärtig rund 1,5 Millionen Menschen in Deutschland erkrankt sind. Eine wirksame Prävention und Therapie wurden noch nicht gefunden, sodass die Krankheitszahl jährlich um 40.000 Patienten zunehmen wird – bis 2050 auf drei Millionen, so die Prognosen. Zwei Drittel der Betroffenen sind an Alzheimer-Demenz erkrankt. Auch mit Blick auf die Patientenzahlen nimmt das Team vom Seniorenzentrum St. Engelbert den Welt-Alzheimertag zum Anlass, um Ratsuchenden am Expertentelefon Auskunft zu geben. „Außerdem brauchen demenziell Erkrankte besondere Formen der Begleitung“, sagt Einrichtungsleiterin Annette Thamm.
Vergesslichkeit, Orientierungslosigkeit, Rastlosigkeit oder Teilnahmslosigkeit: „Alzheimer ist eine neurodegenerative Erkrankung, bei der sich die kognitive Leistungsfähigkeit verschlechtert“, erklärt Kai Pöttgen, Pflegedienstleiter des Seniorenzentrums St. Engelbert. Das Gehirn verändert sich. Besonders betroffen ist das sogenannte Kurzzeitgedächtnis. „Was hingegen lange gemacht wurde, bleibt auch länger erhalten“, sagt Pöttgen: „Hobbys, Berufliches, Handgriffe aus dem ehemaligen Alltag, Lieblingslieder oder auch Gebete.“ Die persönlichen Vorlieben bleiben meist länger präsent: Es wird gern gehandarbeitet, gesungen oder weiterhin einer Sammelleidenschaft gefrönt. „Das für gut Befundene bleibt, allerdings auch die Sorgen und Nöte“, weiß Sonja Freitag, Leitung des Sozialdienstes im St. Engelbert. Kränkungen, Verluste, Traumen, die weit länger als ein halbes Menschenleben zurückliegen können. „Das Langzeitgedächtnis bleibt meist am längsten erhalten. Es sind die prägenden Jahre mit allen erlebten Emotionen und Erfahrungen, die im Alter dann wieder buchstäblich gegenwärtig werden“, sagt Pflegedienstleiter Kai Pöttgen. Grundlegende Prägung erfahre der Menschen circa bis zu seinem 25. Lebensjahr. Die meisten Menschen, die an Demenz erkranken, sind über 65 Jahre alt. Es sind heute also die Menschen, die zwischen 1930 bis 1950 geboren wurden. „Was eine arme Zeit war. Krieg bestimmte das Leben“, betont der Altenpfleger: „Aber das frühe Lebensgefühl wird sich ändern, denn als nächstes wird die Generation alt, die den Wiederaufbau erlebt hat.“ Sich dem Zeitgeist der prägenden Jahre der Betroffenen bewusst zu sein, das gehört zum professionellen Umgang mit den Erkrankten. Im Engelbert-Zentrum sind es die verschiedenen Professionen, die in der Demenz-Begleitung eng zusammenarbeiten.
„Pflegefach- und Hilfskräfte, Präsenzkräfte, Alltagsbegleiterinnen, Sozialarbeiterinnen, Ergotherapeutinnen, hauswirtschaftliche Kräfte und ebenfalls extern in Kooperation mit Ärzten, Neurologen und Psychologen“, zählt Einrichtungsleiterin Annette Thamm auf: „Sie alle arbeiten im Netzwerk, indem der Bewohner mit seinen Bedürfnissen im Mittelpunkt steht.“ Dazu zählt bei Alzheimer-Patienten eine genaue Taktung im Tagwerk: Aufstehen, Pflege, Essen, Angebote sollten möglichst immer zur gleichen Zeit und auch in der gleichen Reihenfolge ablaufen. Struktur ist wichtig. Struktur gibt Halt.
Eine von den Fachkräften ist Sonja Freitag, Leiterin des Sozialdienstes im Seniorenzentrum St. Engelbert. Die Sozialpädagogin organisiert Angebote für die St. Engelbert Bewohner: Ausflüge, Sing-, Gesprächs- und Handarbeitsrunden sowie Erinnerungs- und Biografie- Arbeit. Für demenziell erkrankte Bewohner wird das Angebot angepasst. „Zehn Minuten Aktionen reichen, um die Konzentrationsspanne nicht zu überfordern. Dabei arbeiten wir nicht nur mit Wörtern, wir setzen auch Bilder ein, oder Aromen und Speisen, damit Geruch und Geschmack stimuliert werden“, erzählt Sonja Freitag. Das Hauswirtschaftsteam bereitet für die Betroffenen extra Speisen zu. Wer nicht mehr mit Besteck hantieren kann, der kann auch Fingerfood ordern oder bei Schluckbeschwerden Smooth-Food bekommen.
Auch wenn es (noch) keine Heilung von Alzheimer gibt, kann versucht werden, die Symptome abzumindern und die Selbstständigkeit solange und gut wie möglich zu erhalten. Deswegen bietet die hauseigene Ergotherapeutin Nadine Kohaupt Bewegungseinheiten an, um die Motorik zu trainieren, was zugleich der Sturzprophylaxe dient.
Aus ihrem Berufsalltag weiß das Team vom Seniorenzentrum St. Engelbert, dass das Leben mit Alzheimer-Demenz sich grundlegend verändert – nicht nur für den Betroffenen, auch für die Angehörigen. Gefühle von Überforderung, Scham, Isolation können sich einstellen. „Was aber nicht sein muss. Niemand muss allein alles leisten. Es gibt Hilfe, Begleitung und auch Tipps, um den Umgang und das Leben mit Alzheimer-Demenz zu erleichtern. Sprechen Sie uns an“, lädt Einrichtungsleiterin Annette Thamm ein.
Info: Experten-Telefon zum Welt-Alzheimertag
Hilfe, Begleitung, Beratung, Tipps für die Alltagspraxis: Am Welt-Alzheimertag am Mittwoch, 21. September 2016, beantwortet Kai Pöttgen, examinierter Altenpfleger und Pflegedienstleiter des Seniorenzentrum St. Engelbert, zwischen 15 und 16 Uhr alle Fragen zum Thema – auch anonym. Telefon: 0 29 61 – 96 57 20.
Text und Bild: Sandra Wamers, Caritasverband Brilon e. V.