Brilon-Totallokal: (Hier zu den Bildern) „Schülerausstellung Brilon 1918 – 1933“ des Gymnasiums Petrinum im Museum Haus Hövener eröffnet
brilon-totallokal: Demokratie ist in Europa heute ein schützenswertes und hehres Gut. Diesen Satz würden wohl die meisten Zeitgenossen bestätigen. Es gilt nun mal als allgemein akzeptierte Prämisse, dass ein demokratischer Staat den Bürgerinnen und Bürgern die Mittel gibt, an der Regierung teilzuhaben. Doch wie wichtig ein demokratischer Konsens wirklich ist, erkennt man erst, wenn mahnende Beispiele herangezogen werden, die beweisen, dass die Alternative zur Demokratie immer ein Unrechtsstaat ist. Vor allem ein Blick in die Vergangenheit bietet hier die Möglichkeit, zu erkennen, warum wir unsere Demokratie verteidigen müssen. Die neue Wanderausstellung „Für eine starke Republik! Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold 1924-1933“ des Bundesverbandes des Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, Bund aktiver Demokraten e.V. in Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Deutscher Widerstand (GDW) beweist dies. Mehr als 100 Gäste folgten der Einladung der SPD im Hochsauerland am 8. April zur Eröffnung.
Der Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold war eine Vereinigung, die durch die SPD, die Zentrumspartei und die DDP 1924 ins Leben gerufen wurde. Zu den Hochzeiten der Organisation versammelten sich in ihr 3 Millionen Mitglieder, die alle das Ziel verfolgten, die Verfassung der Weimarer Republik gegen linke und rechte radikale Ränder zu verteidigen. Vor allem symbolische Taten des Reichsbanners sollten den demokratischen Grundgedanken stärken. Denkmäler für Politiker der gemäßigten Parteien wurden errichtet, am 11. August wurde der Nationalfeiertag der Republik gefeiert und die Jugendorganisationen des Reichsbanners versuchten, die Jungen und Mädchen in ihren Verbänden für die Demokratie zu begeistern. Vor allem für die perspektivlose Jugend und den jungen Erwachsenen jener Zeit war das Reichsbanner eine Anlaufstelle. Neben dem Jungbanner gründete man 1932 einen Arbeitsdienst, der anstellungslose Männer mit Lohn und Brot versorgen wollte. Schließlich waren es vor allem die jungen Generationen, die die Zukunft des deutschen Staates darstellten.
So war das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold eine bemerkenswerte Gegenbewegung zu den organisierten Verbänden der kommunistischen Linken und völkischen Rechten. Dies erkannte auch der Initiator der Ausstellung, SPD-MdB Dirk Wiese, der in seiner Eröffnungsrede unterstrich, dass auch im Sauerland die Erinnerung an den demokratischen Gedanken hoch gehalten werden muss. Besonders bedanke man sich daher beim Sauerlandmuseum des Hochsauerlandkreises, die mit der Fahne der Ortsgruppe des Reichsbanners aus Brilon ein einzigartiges Artefakt für die Eröffnung bereitstellten. Das Exponat hatte die turbulenten Jahre der Weimarer Republik, des Dritten Reiches und des Zweiten Weltkrieges schadlos überstanden und beweist bis heute, dass es auch in Brilon Menschen gab, die sich gegen das Aufkommen des Faschismus zur Wehr setzten.
Diesen regionalen Bezug stellte auch Winfried Dickel, Vorstandsvorsitzender der Museumsstiftung heraus. Josef Rüther, so Dickel, sei ein leuchtendes Beispiel für einen frühen demokratischen Konsens gewesen. Der Lehrer des hiesigen Gymnasiums, wohnhaft in der Marktstraße, war aktiver Widerständler und sah sich während der 1930er Jahre bis zum Ende des Krieges zahlreichen Repressionen durch den NS-Staat ausgesetzt. Trotz all dieser Umstände gab er seinen Kampf gegen das Regime nie auf und bewahrte seine politische Überzeugung auch durch schwerste Zeiten hindurch.
Um inhaltlich in dieses Thema einzuleiten, stellte der Historiker Dr. Christoph Thüer den Reichsbanner aus einer geschichtswissenschaftlichen Perspektive dar. Die Leistung der Organisation war demzufolge umso bemerkenswerter, als dass es in der ersten deutschen Demokratie keine breite Akzeptanz durch die Bevölkerung gegenüber dem Staat gab. Die Weimarer Republik war ein Konstrukt ohne Republikaner. Daher ist es erwähnenswert, an jene zu erinnern, die sich der schweren Aufgabe zur Verteidigung der Regierung verantwortlich fühlten.
Hierbei war dieses Unterfangen für die Mitglieder des Reichsbanners durchaus gefährlich. Auf der Seite der rechten und linken Parteien bestanden schon lange paramilitärische Verbände, die beispielsweise demokratische Kundgebungen massiv störten. Um sich zu wehren, wurde 1924 das Reichsbanner gegründet. Folgerichtig ging es also nicht nur um symbolische Taten, sondern auch um den oft lebensgefährlichen Schutz der demokratischen Parlamentarier. Von 1924 bis 1933 fanden dabei über 60 Mitglieder des Reichsbanners den Tod.
Zuletzt wies der Laudator Dr. Thüer noch auf eine Besonderheit der Ausstellung hin. Anfang März fand im Museum Haus Hövener ein zweitägiger Forschungsworkshop des Gymnasiums Petrinum statt. Schülerinnen und Schüler wollten aus eigenem Antrieb heraus untersuchen, wie sich die Weimarer Republik in Brilon entwickelte. Die Ergebnisse der Forschungstagung wurden der Wanderausstellung hinzugefügt und präsentieren in einem beeindruckenden Sonderbereich, wie in Brilon antidemokratische und verfassungstreue Kräfte miteinander rangen. Das Resümee der Forschung war, dass die Zentrumspartei lange Zeit die bestimmende Kraft im Sauerland war. Radikale Parteien wurden durchweg abgelehnt. Sowohl der Kommunismus als auch nationalistisch-rechte Ideologien wurden durch die gewählten Stadtvertreter nicht unterstützt. Erst durch den Reichstagsbrand am 28. Februar 1933 sah sich das Zentrum zu einer Kooperation mit der NSDAP bereit. Grund hierfür war die durch Hitler geschürte Angst einer kommunistischen Revolution. Am Ende fiel auch in Brilon die Demokratie und erst 1945 sollte das Dritte Reich wieder verschwinden.
Die Wanderausstellung wird bis zum 20. April im Museum Haus Hövener gezeigt. Interessierte können sie immer Dienstag bis Sonntag von 11 Uhr bis 17 Uhr besuchen. Aufgrund der besonderen Bedeutung und auch anlässlich des Gegenwartsbezugs ist der Eintritt frei.
Quelle: Museum Haus-Hövener