Stichwort der Woche: Respekt, Herr Zetsche!

Brilon-Totallokal: Stichwort der Woche, von Norbert Schnellen

brilon-totallokal: Wie kürzlich bekannt wurde, soll Daimler-Chef Dieter Zetsche nach seinem Ausscheiden aus dem Vorstand eine bescheidene Rente von etwas mehr als 4.000 Euro bekommen, natürlich am Tag. Um der drohenden Altersarmut zu entkommen, entschloss sich der rüstige Rentner dazu, bei einem Touristikunternehmen noch ein paar Euro dazu zu verdienen. Natürlich hat sich Zetsche seine Rente von knapp 1,5 Millionen Euro im Jahr verdient, hat er doch den Daimlerkonzern fit für die Zukunft gemacht. Anstatt sich mit Nebensächlichkeiten, wie alternativen Antriebstechnologien zu befassen, hat er die PS-Leistungen der Fahrzeugpalette nach oben schnellen lassen und sich lieber mit so nützlichen Sachen, wie dem autonomen Fahren befasst. Wenn in Europa der CO2 Ausstoß auf zwei Tonnen pro Jahr und Einwohner reduziert werden muss, gilt das sicher nicht für die Kunden von Daimler-Benz.

Nehmen wir mal an, das Büro von Herrn Zetsche würde von einer Reinigungskraft geputzt, die nicht bei Daimler, sondern bei einem externen Dienstleister in Teilzeit beschäftigt ist. Sie wird schwerlich im Jahr auf eine Rente kommen, die Herr Zetsche in drei Tagen bekommt. Wenn derzeit eine Diskussion über eine „Grundrente“ geführt wird, geht es genau um diesen Personenkreis. Für unser ökonomisiertes Gesellschaftssystem hat diese Person natürlich überhaupt nichts geleistet.

Anders als ein Vorstandsvorsitzender gehört sie natürlich nicht zu den Leistungsträgern in unserer Wirtschaft. Sie mag zwar als Alleinerziehende drei Kinder groß gezogen haben, ihre Eltern gepflegt und sich dazu noch ehrenamtlich bei der „Tafel“ betätigt haben, solche „Care-Leistungen“ zählen in diesem Rentensystem fast überhaupt nicht. Wenn sie dadurch die 35 Beitragsjahre des Vorschlags von Herrn Heil nicht erreicht, steht ihr natürlich auch keine Grundrente zu und sie muss sich vor den Behörden „nackig machen“, damit sie überhaupt in den Genuss der Grundsicherung kommt. Unterstütze ich mit diesen Ausführungen mal wieder eine Neiddebatte, mit der die „Leistungsträger“ dieses Systems diskreditiert werden sollen?

Seltsamerweise ertappe ich mich manchmal bei der Feststellung, dass man diese Gesellschaft inzwischen darauf abgerichtet hat, die Neiddebatte nicht nach oben, sondern nach unten zu führen: „Wenn der in seinem Leben nicht geschafft hat, dann steht ihm auch nichts zu. Sozialschmarotzer brauchen wir hier nicht, die sollen sehen, wo sie bleiben.“ Von einer solidarischen Gesellschaft, die jedem ihrer Mitglieder mit Respekt ein menschenwürdiges Leben, sowohl in der Kindheit, als auch im Alter ermöglicht, ohne als Bittsteller dazustehen, ist unsere deutsche Wirklichkeit meilenweit entfernt.

Mit sozialer Marktwirtschaft und wahrhaft christlichen Grundwerten hat eine, von der Mehrheit goutierte Politik, in der trotz guter Wirtschaftsdaten viele Menschen ausgegrenzt werden, nun wirklich nichts mehr zu tun. Zu den christlichen Grundwerten: Wenn man wirklich an ein Weiterleben nach dem Tod glaubt, wer sitzt wohl beim jüngsten Gericht auf der Anklagebank und wer tritt als Kläger auf? Glauben manche Manager, die die „65“ schon überschritten haben wirklich, dass ihnen ihr vieles Geld dann noch was nützen wird?

Ihr Norbert Schnellen

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