Stichwort der Woche …von Norbert Schnellen…
brilon-totallokal: Vor 75 Jahren, am 20. Juli 1944, versuchte eine Gruppe von Wehrmachtsoffizieren, Politikern und Diplomaten um Claus Schenk Graf von Stauffenberg ein Attentat auf Adolf Hitler zu verüben und anschließend, durch einen Staatsstreich, das verbrecherische System der Nationalsozialisten zu beenden. Bekanntlich misslang das Attentat und auch der generalstabsmäßig geplante Staatsstreich fiel in sich zusammen. Nun hatten Stauffenberg und seine Mitverschwörer auch in Betracht gezogen, dass Hitler den Anschlag überleben könnte. Des ungeachtet sollte die „Operation Walküre“, also die Machtübernahme durch die Wehrmacht, durch die Ausschaltung der SS und aller Parteiorgane, trotzdem durchgezogen werden. Lag das Scheitern dieser Operation an der Unfähigkeit der Verschwörer oder waren die Nazis zu der Zeit einfach noch zu fest im Sattel? Generationen von Historikern, Schriftstellern und Filmemachern haben sich mit dieser Frage beschäftigt und konnten keine allgemein gültige Antwort finden.
Tatsache ist, dass im Sommer 1944 der Großteil des deutschen Volkes kriegsmüde war und sich nichts sehnlicher wünschte als den Frieden. Die Ostfront der Wehrmacht war zusammengebrochen und die Rote Armee näherte sich der deutschen Ostgrenze. In der Normandie war den West-Alliierten die Landung gelungen und sie verzeichneten jeden Tag Geländegewinne.
Die Bombenangriffe der Alliierten zermürbten die Menschen in den deutschen Städten und die Versorgungslage war katastrophal. Selbst viele in der Wehrmachtsführung glaubten nicht mehr an den „Endsieg“ und sogar Teile der nationalsozialistischen Führungsriege versuchten Kontakt mit den Alliierten aufzunehmen um über einen Waffenstillstand zu verhandeln. Bessere Voraussetzungen für einen Umsturz konnte es also eigentlich nicht geben und die einzige Institution, die ihn durchführen konnte, war die deutsche Wehrmacht.
Woran scheiterte Stauffenberg dann letztendlich?
Man kann davon ausgehen, dass er an jenen Leuten scheiterte, die immer nur ihren momentanen persönlichen Vorteil sehen und ihr Mäntelchen schneller nach dem Wind drehen können, als man mit ihnen planen kann. Das waren keine nationalsozialistischen Überzeugungstäter, sondern Typen, die sich ihm als „Mitverschwörer“ angeboten hatten, aber ihn nach dem gescheiterten Attentat nicht mehr kannten und ihn und die anderen Mitverschwörer gnadenlos ans Messer lieferten.
Ich glaube, dass das eine der Hauptlehren aus den Ereignissen von vor 75 Jahren ist: Diese Typen gibt es heute immer noch, vielleicht sogar noch zahlreicher als damals. Das sind die, die später im Nachkriegsdeutschland „immer schon dagegen“ gewesen waren und bald wieder Schlüsselpositionen in beiden deutschen Staaten besetzten. Die dann, nach dem Ende des DDR-Regimes, auch da „immer schon dagegen“ gewesen waren und von „Musterkommunisten“ zu „Musterkapitalisten“ wurden.
Diese Leute schwimmen immer oben und leider gibt es auch heute noch jede Menge davon an den Schaltstellen der Macht. Woran erkennt man diese Leute und wo findet man sie? Das sind vermutlich die Führungskräfte, die heute schon mal chinesisch lernen.
Ihr Norbert Schnellen