Ausgleich zum Alltag

Bushcraft und Survival-Freunde Sauerland wollen für die Umwelt begeistern

brilon-totallokal: Die Natur erleben und mit ihr gemeinschaftlich leben. Das würde im Kern beschreiben, was eine Gruppe aus Brilon und der näheren Umgebung für sich beschlossen hat. Seit fünf Jahren treffen sie sich regelmäßig, um die Umwelt intensiver wahrzunehmen und durch sie ein Stück Alltag hinter sich zu lassen. Die Bushcraft und Survival-Freunde Sauerland, unter der Schirmherrschaft von Uwe Diedenhoven, setzt auf Zelt statt Hotel und auf Lagerfeuer statt Küchenzeile. Eine Lebensphilosophie und Scene, die in den letzten Jahren stark gewachsen ist. Immer mehr entfliehen so dem Arbeitsstress und konzentrieren sich auf die Basis. Aktuell traf sich die Scene in bzw. vor der Besenbinder-Hütte bei Scharfenberg. Rund 100 Leute inkl. 20 Kinder besuchten vom 4. bis 6. Oktober die Örtlichkeit, um sich über das Leben im Freien auszutauschen und für die Natur zu begeistern.

 

Seit gut fünf Jahren besteht nun die Gruppe Bushcraft und Survival-Freunde Sauerland mit nunmehr rund 45 Mitgliedern. Gegründet wurde sie von Uwe Diedenhoven, der sich schon vorher mit dem Thema beschäftigt hat und 2020 seine Ausbildung zum Naturpädagogen beginnen wird. „Ich habe mich schon immer für die Natur interessiert und dafür, in ihr mit wenig Equipment zurechtzukommen“, erklärt der 53-Jährige. Bei Recherchen im Internet zeigte sich für ihn schnell, dass er mit seinem Interesse nicht allein war. Neue Bekanntschaften wurden geschlossen und die Gruppe damit geboren. Mit ihr, gelang es auch andere Gemeinschaften mit gleichen Zielsetzungen zu finden. „Ich war beeindruckt, wie viel Interesse in dem Bereich mittlerweile besteht. Dabei ist Bushcraft und Survival – außer auf dem bekannten ‚Männersender‘ und in Dokumentationen in den späten Abendstunden, kaum ein Thema in der Bevölkerung.“ Ein weiterer Grund für Uwe Diedenhoven, die Sensibilisierung für das Hobbys weiter nach vorne zu treiben. Schnell entdeckte der ambitionierte Waldgänger auch die sozialen Netzwerke, wie Facebook sowie Instagram für sich und konnte so sein Netzwerk vergrößern.

 

Veranstaltung unter Gleichgesinnten

Über diverse Treffen, die in ganz Deutschland besucht wurden, stieß Nico Ochsenfeld (29) aus Bad Laasphe in den Kreis mit ein. Die gemeinsamen Interessen für das Unterfangen stellten die Gleisen für zukünftige Ziele und für eine innige Freundschaft. Nico Ochsenfeld hatte ebenfalls in der Scene seit Jahren fußgefasst und begleitet diese mit seiner eigenen Gruppe namens Trekking und Outdoor. Höhepunkt war die gemeinschaftliche Veranstaltung vom 4. bis 6. Oktober an der Besenbinderhütte in Scharfenberg mit zahlreichen Gleichgesinnten. Während Uwe Diedenhoven auf eine familiäre Gruppe aus der näheren Umgebung um Brilon setzt, konzentriert sich Nico Ochsenfeld auf ein digitales Netzwerk, dessen rund 9000 Mitglieder sich regelmäßig über das World Wide Web austauschen und sich gegebenenfalls für Waldgänge und Co. sporadisch verabreden. Zwei unterschiedliche Vorgehensweisen, die sich durchaus verbinden lassen, wie das Treffen zeigte.

 

Eingeladen wurden bekannte Gruppen und Freunde, die sich unter dem Begriff Bushcraft und Survival einordnen lassen: Ob Interessensgemeinschaften aus ganz Deutschland, wie die The Wild Outdoors (Potsdam) sowie Natur- und Wildnisschule Silvanos (Arnsberg), oder Händler, die für diesen Bereich das nötige Equipment bereitstellen oder umweltverträgliche Kleidung herstellen. Hier arbeitet die Gruppe Trekking und Outdoor mit diversen Herstellern zusammen. Alle Produkte, die ausgestellt werden, wurden im Vorfeld gründlich von den Mitgliedern getestet. So beispielsweise die Textilien der Firma Prosa Clothing, die aus Merinowolle gefertigt und daher besonders atmungsaktiv sind. Oder das Unternehmen Dr. Bronner mit seinem Sortiment an Naturseifen. Auch die Solartechnik aus dem Hause Solaranker gehörte zur Ausstellung. Ein breites Spektrum folgten dem Ruf und versammelten sich Nahe der waldreichsten Stadt Deutschlands, Brilon. Neben dem Austausch über das Leben/Überleben in der Natur sorgten diverse Vorträge für ein aufgelockertes Rahmenprogramm.

 

Ranger Südwestfalen lobte die Arbeit und fordert mehr Interesse für die Natur

 

Die Umweltverbundenheit steht für alle im Vordergrund. Das wurde von den Gästen deutlich hervorgehoben. „Wir möchten als Schlichter zwischen Mensch und Natur wahrgenommen werden. Ich glaube, so könnte man es am besten beschreiben“, erklärt der Gründer von Trekking und Outdoor. Beispielsweise sollten gewisse Pfade, wie im Naturschutzgebiet, nicht verlassen werden. Die Spielregeln gelten für alle gleichermaßen. „Ein Hobby in der Natur ist immer eine gute Sache, gerade in der heutigen Zeit der Digitalisierung. Dennoch sind nicht immer die Vorschriften bekannt. Bevor es zu Streitigkeiten zwischen Forstwirtschaft und Bürger kommt, ist es nötig, auf Augenhöhe die Interessen der Natur zu verdeutlichen. An diesem Punkt sehen wir uns“, erklären die Veranstalter gemeinschaftlich.

 

Der seit 10 Jahren tätige Schutzgebietsbeauftragte oder Neudeutsch, Ranger, Jörg Pahl, der einen Vortrag über seine Arbeit auf der 240 km langen Sauerland Waldroute hielt, knüpft an diesem Statement an. Er betreut 140 km des Wanderweges (von Warstein bis nach Marsberg). Die gesamte Route erstreckt sich von Iserlohn nach Marsberg. Pahl ist Teil von einem 24 Personen starkem Team, das unter der Behörde Wald und Holz NRW agiert. Allein 14 betreuen den Nationalpark in der Eifel. Der Hauptfokus der Zunft liegt auf der Betreuung und auf dem Schutz von Naturzonen in ganz Deutschland. In Nordrhein-Westfalen ist die Initiative aufgrund des vor ca. 15 Jahren gegründeten Rothaarsteigs ins Leben gerufen worden. Erstmalig wurden Ranger auf einem Wanderweg und nicht in einem Schutzgebiet eingesetzt. „Begrenzt wurde dieses Projekt auf drei Jahre.

 

Die Bevölkerung fühlte sich sehr wohl mit dem Gedanken, dass nun ein mit Schutzzeichen ausgestatteter Ansprechpartner vor Ort für Sicherheit, Aufklärung und Führungen sorgt, dass das Projekt weiter fortgeführt wurde.“ Seiner Meinung nach muss der Naturkontakt weiter gefördert werden, gerade in Schulen und Kindertagesstätten. „Lockt eure Kinder in den Wald. Sie werden motorisch geschult und im Sozialverhalten besser“, so seine Einschätzung. Veranstaltungen mit Kindern und Jugendlichen sind grundsätzlich frei und werden gerne angeboten, inkl. der Lehrer/innen oder Erzieher/innen. Ebenfalls stand der Ranger bei der Survival-Veranstaltung kostenfrei für den Vortrag zur Verfügung, um für Aufklärung zu sorgen. Sein Fazit zur Veranstaltung und zur Bush- und Survivalscene: „Ihr seid auf einem guten Weg. Die Bevölkerung, die vielleicht nie was mit Natur zu tun hatten, in den Wald zu locken, um ihnen zu zeigen, hier fühlst du dich wohl und kannst dem Alltag entfliehen, ist sicherlich ein guter Weg!“ Definitiv eine Therapieform, die physische und psychische Erkrankungen entgegenwirken würde.

 

TV-Star und Buchautor inklusive

 

Eine echte Koryphäe auf dem Gebiet ist Sascha Bisley, der ebenfalls der Einladung folgte. Seine Geschichte zeigt, dass die Natur mehr zu bieten hat: geläuteter Straftäter, jetzt Referent beim Innenministerium für Gewaltprävention, Filmemacher, Blogger und Lesebühnen-Autor. Alles mit der Macht der Natur? Nicht nur, aber ganz sicher hat sie einen großen Teil zu seiner Entwicklung beigetragen. Für die Reihe „Szene Deutschland“ erkundete der Reporter im Jahr 2018 die Welt der Prepper (vom Englischen „to prepare“, sich vorbereiten). Diese Menschen leben zum Großteil auf Krisen vorbereitet. Auch wenn es für „Normalbürger“ etwas abwegig klingt, bereiten sie sich auf das Leben nach einer unvorhergesehenen Katastrophe vor.

 

Dennoch, eines gleicht die beiden Lager: das Leben in Symbiose mit der Umwelt. Doch Bisley beschreitet nicht nur diese Wege. Als Teil der Gruppe Ruhrpott Outdoor, die seit 2015 existiert, sieht er die Scene als Fortführung von dem, was jeder als Kind durchlebt hat: Freundschaft, Zusammenhalt und Naturverbundenheit. „Wenn man für ein Wochenende in den Wald geht, erlebt man sicherlich einen qualitativen Abstieg, der aber andere Lebensgefühle weckt“, so der langjährige Experte. Atmung und Schlafverhalten sollen sich auf die neue Situation positiv einstellen. Das sei darin begründet, dass die Work-Life-Balance uns gänzlich beansprucht. „Am Wochenende nehmen wir uns dann alles das vor, was wir unter der Woche nicht schaffen und in der Masse nicht umzusetzen ist. Damit erschaffen wir unnötigerweise einen weiteren Stressfaktor.“

 

Einmal Auszeit bitte!

 

Sascha Bisley sieht genau wie Ranger Jörg Pahl sowie die Organisatoren der Bushcraft- und Survival-Veranstaltung, Uwe Diedenhoven und Nico Ochsenfeld eine einfache Lösung, um dem Alltag entgegenzuwirken: Dem Stress den Rücken kehren und die Natur für sich zurückgewinnen. Deshalb sei jeder angeraten, mal der Natur einen Besuch abzustatten – den gesetzlichen Bedingungen vorausgesetzt. Interessierte, die Fragen zu dem Thema haben, begegnen alle Beteiligten aufgeschlossen und beantworten sie gerne. Auch der Möglichkeit, einem Treffen inmitten der Natur beizuwohnen, stößt selten auf Ablehnung. Allerdings gilt ein Grundsatz: Weder die Natur noch der Mensch darf später sehen, dass jemand da war. Und für Interessierte, die sich unschlüssig sind, ob sie sich für das Thema Bushcraft und Survival interessieren bzw. dieses Abenteuer mitmachen sollen, hat Uwe Diedenhoven noch einen Leitspruch: „Machen ist wie Wollen, nur krasser!“

 

Quelle: : Fabian Blockus, Punktlandung, Brilon

 

 

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