Europäische Union lässt zweiten Corona-Impfstoff zu

 

Peter Liese: Durch die Impfstoffe von Moderna und CureVac wird die EU Großbritannien bei der Versorgung mit hochwertigen mRNA Impfstoffen in Kürze überholt haben / EMA muss auch diese Woche noch Änderung der Verabreichung des BioNTech Impfstoffs genehmigen / Bei sorgfältiger Arbeit mit geeigneten Spritzen können 20% mehr Menschen aus einer Ampulle versorgt werden

 

brilon-totallokal: Die Europäische Arzneimittelagentur hat am Mittwoch einen zweiten Impfstoff gegen das Coronavirus zur Zulassung empfohlen. Dies bestätigte die Behörde in Amsterdam. Mit der formalen Genehmigung durch die Europäische Kommission wird in den nächsten Stunden gerechnet. Die EU hat sich insgesamt 160 Millionen Dosen bei dem amerikanischen Hersteller, der auch auf dem europäischen Kontinent produziert, gesichert. „Durch die Zulassung des Impfstoffs von Moderna können wir die Zahl der Menschen, die täglich geimpft werden, deutlich beschleunigen. Da auch noch ein anderer mRNA-Impfstoff, nämlich der von der deutschen Firma CureVac, im Portfolio der EU ist, wird dies voraussichtlich im Frühjahr nochmal deutlich gesteigert werden. Im Vergleich zu Großbritannien hat sich die Europäische Union pro Kopf der Bevölkerung dreimal mehr Moderna-Impfstoff gesichert. Bei BioNTech liegt die pro Kopf-Bestellung ungefähr gleich, bei CureVac hat sich die Europäische Union 405 Millionen Dosen gesichert, Großbritannien nichts. Daher ist es nur eine Frage von Wochen bis die Zahl der mit den modernen mRNA-Impfastoffen geimpften Personen in der Europäischen Union pro-Kopf deutlich höher sein wird als in Großbritannien,“ so der südwestfälische CDU-Europaabgeordnete und gesundheitspolitische Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP, Christdemokraten) Dr. med. Peter Liese.

 

Liese bedauerte, dass die Europäische Arzneimittelagentur nicht gleichzeitig einen Änderungsantrag von BioNTech genehmigt hat. BioNTech hatte zunächst nur beantragt, dass aus einer Ampulle fünf Impfdosen gewonnen werden. Es hat sich aber herausgestellt, dass bei sorgfältiger Arbeit und der Verwendung von speziellen Spritzen, die aber leicht verfügbar sind, sechs Dosen gewonnen werden können und damit 20 Prozent mehr Menschen geimpft werden können. Die Bundesländer sollten schon jetzt diese speziellen Spritzen (Feindosierungsspritzen) bestellen. Sie sind leicht verfügbar und werden täglich in deutschen Arztpraxen, Krankenhäusern und sogar von Patienten zu Hause verwendet. Bei den Kosten geht es um wenige Cent pro Stück (ab 0,09€ pro Stück online erhältlich, Stand heute). BioNTech und die EMA müssen sich in den nächsten Stunden über die Details einigen. Unabhängig davon haben das Bundesgesundheitsministerium und die Landesgesundheitsministerien klargestellt, dass 6 Dosen bei korrekter Anwendung auch jetzt schon möglich sind. Als Arzt weiß ich, dass man, auch wenn die Genehmigung noch nicht endgültig vorliegt, manchmal pragmatisch handeln muss und kann“, so Liese.

 

Liese hatte am Dienstag ein 10-Punkte-Papier zur Impfstoffversorgung in der Europäischen Union vorgelegt (s. https://www.peter-liese.de/images/10_Punkte-Plan-Impfstoffversorgung.pdf). Neben der Zulassung des Moderna-Impfstoffs und der Erhöhung von 5 auf 6 Dosen, schlägt er u.a. eine Kooperation der beiden deutschen Hersteller BioNTech und CureVac vor. „Man sollte das Projekt von CureVac jedoch unbedingt weiterverfolgen, da es bereits in der dritten Phase der klinischen Prüfung ist und der Impfstoff von CureVac im Frühjahr einen deutlichen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie leisten kann“, so Liese.

 

Die beiden wichtigsten Punkte, die jetzt aus Lieses Sicht in den nächsten Tagen angegangen müssen sind:

Erstens eine Begrenzte Zulassung des Impfstoffs von AstraZeneca. Dieser Impfstoff beruht auf einer bewährten Technologie (Vektorimpfstoff) und es sind bereits verschiedene Impfstoffe, die auf dieser Technologie basieren und gegen andere Viren schützen, zugelassen. Leider ist die Schutzwirkung des AstraZeneca Impfstoffs, gerade bei älteren Personen aber nicht so hoch wie im Fall von BioNTech und Moderna. Deshalb gibt es berechtigte Bedenken, diesen Impfstoff an Risikopersonen zu verabreichen. Die Wirksamkeit bei Risikopersonen scheint nicht ausreichend zu sein. Bei Jüngeren ist sie aber durchaus beachtlich.

 

Ein weiteres Problem besteht darin, dass AstraZeneca aus Versehen einem Teil der Studienteilnehmer nur die halbe Dosis gegeben hat. Dies stärkt sicher nicht das Vertrauen in diesen Hersteller. Überraschenderweise haben die Probanden, die eine halbe Dosis erhalten haben allerdings eine bessere Schutzwirkung gehabt als diejenigen, die eine ganze Impfdosis erhalten haben. Unter normalen Umständen ist eine klinische Prüfung, die nicht korrekt durchgeführt wurde, keine Basis für eine Zulassung. Es ist aber gerechtfertigt, in diesen Fällen eine Ausnahme zu machen. Man muss die Zulassung aber sehr klar auf die Bevölkerungsgruppen begrenzen, bei denen in einer klinischen Prüfung eine gute Schutzwirkung erzielt wurde. Außerdem muss man gewährleisten, dass diejenigen, die vorziehen zu warten, anstatt mit dem „weniger wirksamen“ Impfstoff geimpft zu werden, diese Option haben. In der jetzigen Situation ist es aber sicherlich vertretbar, eine Zulassung des AstraZeneca Impfstoffs in engen Grenzen durchzuführen. Alle Beteiligten arbeiten intensiv an dieser Option.

 

Zweitens: weiterhin eine Konzentration auf die Maßnahmen zur Begrenzung von Risikokontakten.

„Auch in Großbritannien und in den USA ist die Vermeidung von Risikokontakten in den nächsten Wochen die wichtigste Maßnahme gegen das Coronavirus. Jeder, der einen anderen Eindruck vermittelt, macht sich schuldig. Die Maßnahmen, die Bund und Länder gestern beschlossen haben, sind daher aus meiner Sicht unvermeidlich. Darüber hinaus appelliere ich dringend an Arbeitgeber, ihre Mitarbeiter wann immer es geht, im Home-Office arbeiten zu lassen und an die Bahn sowie andere Verkehrsträger, dem Beispiel anderer Länder zu folgen und nur 25% der Plätze in den Bahnen und Bussen zu belegen. Dies hat in anderen EU-Ländern zu einer deutlich sinkenden Fallzahl geführt“, so Liese abschließend.

 

Vergleich EU/UK Impfstoff pro Kopf

  • BioNTech/Pfizer (0,67 zu 0,61 / 300 Mio. Dosen für EU – 40 Mio. Dosen für UK)
  • Moderna (0,36 zu 0,11 – 160 Mio. für EU – 7 Mio. Dosen für UK).
  • CureVac (0,90 u 0,0 – 405 Mio. für EU -0 für UK)

 

Quelle: Dr. Peter Liese MdEP

 

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