DGB-Reihe „Zukunftsdialog: 2 Stunden – 2 Themen“ widmet sich den Corona-Begleiterscheinungen
brilon-totallokal: DGB: Zahlen im Sinkflug, Maske als Randerscheinung, Beschränkungen ade – ist eine Diskussion über Corona im Juni 2022 ein alter Hut? Wie relevant das Thema weiterhin ist, im Pflegealltag und auch politisch, veranschaulichte der „Zukunftsdialog: 2 Stunden – 2 Themen“ des DGB Südwestfalen, zu dem Regionsgeschäftsführer Ingo Degenhardt und André Arenz, Vorsitzender des Kreisverbandes Olpe, im virtuellen Raum begrüßten. Eingeladen hatten zu dieser digitalen Veranstaltung die drei DGB-Kreisverbände Hochsauerlandkreis, Olpe und Siegen-Wittgenstein zusammen mit der DGB-Jugend.
„Ohne Maske gegen Impfungen und Infektionsschutz – Corona-Proteste und die extreme Rechte“ war Thema der ersten Stunde mit dem Autor Michael Fehrenschild. Menschen aller Couleur demonstrierten noch vor kurzem Seite an Seite gemeinsam mit Rechtsextremen. Viele glaubten an Verschwörungstheorien – und täten es noch, warnte Fehrenschild. Auch wenn die Ideen teils lächerlich klängen, sei es ein großer Fehler, ihre Anhänger nicht ernst zu nehmen, da es zu viele seien. Corona-Kritiker und Leugner kommunizierten bis heute, dass eine Corona-Diktatur errichtet werden solle, bis hin zur Behauptung, dass der Ukrainekrieg einzig zu diesem Zweck geführt werde.
Der Autor nannte einige Beispiele für erfolgreiche Verschwörungsideen aus den letzten Jahrzehnten. Krassestes Beispiel: die Erfindung antisemitischer Narrative wie „die jüdische Weltherrschaft“ und ähnliches, wie sie im Pamphlet „Die Protokolle der Weisen von Zion“ verbreitet wurden und werden. Es sei ein weit verbreiteter Trugschluss, dass der Faschismus mit dem Zweiten Weltkrieg endete. Andere Theorien, die einen Hauch Wahrheit enthielten, seien besonders gefährlich, denn sie erleichterten die Propaganda.
Verschwörungstheoretiker gingen immer gleich vor: Sie nutzten die Verunsicherung und Unwissenheit vieler Menschen aus und instrumentalisierten sie, um demokratische Systeme zu destabilisieren und zu diskreditieren. „Das ist alles nichts Neues“, sagte Fehrenschild. Demokratien seiend generell angreifbar, wenn zweifelnde und unzufriedene Menschen sich nicht artikulieren könnten. Auch in Ausnahmesituationen müssten kritische Fragen und Meinungsvielfalt erlaubt sein.
Stunde 2 – Thema 2: Nun ging es um „Profis am Limit – Corona und die Auswirkungen auf unser Gesundheitssystem“. Zwei „Profis am Limit“ des Kreisklinikums Siegen schilderten schonungslos ihre Erfahrungen. Bei Krankenpflegerin Sonja Lorenz-Görg auf der Isolierstation verwandelte sich die anfängliche Unsicherheit schnell in traurige Gewissheit. Zeitweise starb pro Schicht ein Mensch. Die Angehörigen durften nicht Abschied nehmen. Auch bei Sabine Ax auf der Urologie durften die eher älteren Patienten keinen Besuch und nur telefonischen Kontakt zu ihren Angehörigen haben. Beide Pflegerinnen ersetzten ein Stück weit die Angehörigen. Später wurde ein Kollege nach dem anderen krank. „Wir sind immer müder geworden, haben uns zum Teil verausgabt. Der Zustand der Pflege war vorher schon nicht optimal. Die Pandemie hat uns noch einmal runtergezogen“, sagte Ax.
In den Erfahrungsberichten wurde deutlich: Auch das Gesundheitssystem leidet unter Long-Covid. Wo es schon vorher krankte, liegen die Schwächen jetzt noch offener – strukturell, finanziell und vor allem personell.
Fotocredits: DGB
Quelle: Ingo Degenhardt – DGB-Region Südwestfalen