KfW-Digitalisierungsbericht: Ausgaben für Digitalisierung im Mittelstand steigen auf Höchstwert von 23 Mrd. EUR
- Schub aus Corona-Pandemie hält weiter an, Unternehmen gehen verstärkt komplexe Projekte an
- Spaltung in digitale Vorreiter und abgehängte kleine Mittelständler droht jedoch mehr denn je
- Fehlende digitale Kompetenzen und IT-Fachkräftemangel bremsen
Der durch die Corona-Pandemie ausgelöste Digitalisierungsschub im Mittelstand hält weiter an, wie der neue KfW-Digitalisierungsbericht zeigt. Die Ausgaben der kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland für digitale Projekte steigen auf 23 Mrd. EUR (2020: 20,3 Mrd. EUR) – und erreichen damit einen neuen Höchststand seit Beginn der Erhebung durch KfW Research im Jahr 2016. Gegenüber diesem Zeitpunkt haben sie um insgesamt zwei Drittel zugelegt.
Die Basis der kleinen und mittleren Unternehmen, die Digitalisierungsprojekte angehen, hat sich während der Coronapandemie nicht wesentlich verbreitert. Mit 31 % liegt der Anteil der Digitalisierer im Mittelstand 2021 knapp oberhalb des Niveaus vor Pandemiebeginn 2019 (30 %), gegenüber dem ersten Coronajahr 2020 (33 %) ist er etwas gesunken. Das heißt aber auch: Diejenigen, die in Digitalisierung investieren, stecken mehr Geld in die einzelnen durchgeführten Maßnahmen. Die durchschnittlichen Digitalisierungsausgaben eines mittelständischen Unternehmens legen kräftig zu von 19.900 EUR im Jahr 2020 auf zuletzt 26.200 EUR. Dazu passt, dass die Qualität der Digitalisierungsprojekte sich von vergleichsweise einfachen Krisenbewältigungsmaßnahmen des ersten Corona-Jahres (z.B. mehr Online-Vertrieb oder digitales Marketing) verstärkt hin zu komplexen, nachhaltigeren und strategischen Projekten verlagert. So wurden etwa 2021 ein gutes Viertel (+26,8 %) mehr Projekte zur Reorganisation von Arbeitsabläufen realisiert als im Vorjahr, Vorhaben zur Verknüpfung zwischen IT und betrieblichen Funktionsbereichen nahmen nach einem kräftigen Rückgang 2020 (-12,5 %) im Jahr 2021 wieder leicht zu (+3,2 %).
Hinter den Zahlen für den gesamten Mittelstand verbergen sich sehr unterschiedliche Entwicklungen nach Unternehmensgrößenklassen: Während vor allem die kleinen Firmen mit weniger als 5 Beschäftigten nach den 2020 durchgeführten Maßnahmen zur Pandemiebewältigung die Digitalisierung wieder hinten anstellen, bleiben größeren Mittelständler am Ball oder verstärken ihre Aktivitäten weiter: Während zuletzt noch 27 % (2020: 30 %; 2019: 28 %) der kleinen Unternehmen zu den Digitalisierern zählen, sind es bei den mittelgroßen Firmen mit mehr als 10 Beschäftigten 52 % (2020: 48 %;
2019. 44 %) und bei den großen mit über 50 Beschäftigten sogar 65 % (2020:67 %; 2019: 60 %). Noch offensichtlicher wird die Schere zwischen kleinen und großen Mittelständlern, wenn man auf die Investitionssummen schaut: Die großen Unternehmen stecken mit durchschnittlich 173.700 EUR das 21-fache eines Kleinstunternehmens (8.300 EUR) in digitale Vorhaben.
Zum immer größeren Hemmnis für die Digitalisierung im Mittelstand entwickelt sich der IT-Fachkräftemangel und insgesamt das Fehlen digitaler Kompetenzen bei Mitarbeitern. Jedes vierte Unternehmen (25 %) nennt fehlende IT-Kompetenzen als Digitalisierungshemmnis, 22 % beklagen einen Mangel an IT-Fachkräften. Die Digitalisierer unter den mittelständischen Firmen erwarten zu 63 %, dass sie in den kommenden 3 Jahren Probleme bei der Stellenbesetzung haben werden. Im Vergleich zu Unternehmen ohne Digitalisierungsaktivitäten fehlen ihnen vor allem Bewerber und Bewerberinnen mit fortgeschrittenen Digitalkompetenzen (+66,2 %), aber auch solche mit Grundlagenwissen in diesem Bereich (+31,3 %) und mit mathematisch-statistischen Kenntnissen (+23,9 %). Diese Unternehmen versuchen das Problem mit Investitionen in die Kompetenzen ihrer Beschäftigten durch Aus- und Weiterbildung (46 %) in den Griff zu bekommen, zu einem geringen Teil auch mit der Einführung arbeitssparender Prozesse oder Unternehmensreorganisation (12 %).
„Deutschland steht vor der Bewältigung großer Transformationsaufgaben“, von deren Gelingen künftige Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand abhängen. Der Digitalisierung der Wirtschaft kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Wie der neue KfW-Digitalisierungsbericht zeigt, gibt es hier Anlass zu Optimismus: Der durch die Corona-Pandemie ausgelöste Digitalisierungsschub im Mittelstand hält an, die Gesamtausgaben für digitale Projekte legen zu, sie fließen in längerfristig angelegte Vorhaben und die Unternehmen gehen das Thema verstärkt strategisch an“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW.
„Einige Wermutstropfen bleiben jedoch, allen voran die Tatsache, dass sich die Basis der mittelständischen Unternehmen, die digitalisiert, kaum verbreitert und mehr denn je eine Spaltung in digitale Vorreiter und abgehängte kleine Mittelständler droht. Zudem wird immer offensichtlicher, dass die digitale Transformation auch wegen Stellenbesetzungsproblemen kein Selbstläufer ist. Die fehlende Verfügbarkeit von Mitarbeitenden mit Digitalkompetenzen wird mehr und mehr zum Digitalisierungshemmnis. Unternehmen gehen unterschiedlich erfolgreich damit um.“
Zum Datenhintergrund: Der KfW-Digitalisierungsbericht basiert auf dem KfW-Mittelstandspanel, das seit dem Jahr 2003 als schriftliche Wiederholungsbefragung der kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland mit einem Umsatz von bis zu 500 Mio. EUR im Jahr durchgeführt wird. Das KfW-Mittelstandspanel liefert repräsentative Daten für sämtliche mittelständische Unternehmen aller Größenklassen und Branchen in Deutschland. An der aktuellen Befragungswelle vom Frühjahr 2022 haben sich 10.796 mittelständische Unternehmen beteiligt.
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Quelle: Christine Volk, Kommunikation (KOM), KfW
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