Brilon-Totallokal: Den „Fliegerbauern“ hätte es gefreut – 60 Jahre Aussiedlerhof – Familienbetrieb in der 4. Generation
brilon-totallokal: „Die Bauern von Brilon“, – einem Artikel des SPIEGEL vom März 1955 zufolge waren die Briloner Bauern zum großen Teil gar nicht begeistert von Flurbereinigung und Aussiedlung. Der damalige Bundesernährungsminister Heinrich Lübke sah aber darin die einzige Chance, der Landwirtschaft angesichts zunehmender Industrialisierung auf die Sprünge zu helfen. So wurde denn per Gesetz durchgesetzt, verstreut liegende Acker- und Wiesenflächen verschiedener Eigentümer „in einen Topf zu werfen“, und neu aufzuteilen, damit unrentable Wege zu den einzelnen Feldern entfielen und die Bewirtschaftung einfacher wurde. Als zweiter Schritt folgte die Aussiedlung der Bauern aus den beengten Verhältnissen der Stadt.
Da beginnt die Geschichte von Johann und Gertrud Brandenburg, geb. Schulte, deren Hof das Schultenhaus war. Zwei Pferde, vier Kühe und 18ha nannten sie ihr Eigen, dazu natürlich Federvieh und Gemüsegarten. Als erste Briloner wagten sie den Sprung aus der Stadt ins freie Feld und zogen 1955 auf den neugebauten Hof am Raumbergweg 1. In dem landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb gab es nun keine Pferde mehr aber 8 Kühe und einen Trecker mit 30 PS. Von den drei Töchtern Gerda, Gisela und Anni traf letztere in Marsberg – Burghof auf Bernhard Witthaut. Er machte dort eine landwirtschaftliche-, sie eine hauswirtschaftliche Lehre. Das passte gut zusammen, der Liebesfunke sprang auch über, und die beiden heirateten 1970. Mit den Kindern Markus, Christina und Britta gab es schnell drei Generationen unter einem Dach, die tatkräftig, harmonisch und Hand in Hand den Hof erfolgreich bewirtschafteten. Anni und Bernhard Witthaut haben inzwischen das Anwesen dem Sohn Markus überschrieben, der den Hof zusammen mit seiner Frau Barbara, geb. Hilkenbach offiziell führt. Aber die Eltern packen genauso mit an wie früher und eine Hierarchie gibt es bei den Witthauts nicht. Die vierte Generation hat sich längst mit eingebunden, und der Hof entwickelte sich mit Hilfe der ganzen Familie vom Nebenerwerbs- zum Vollerwerbsbetrieb. Aus einem Trecker mit 30 PS sind sechs mit jeweils 190 PS geworden, aus 18 ha Land 140 ha (inklusive Pachtland), und aus acht Kühen 120 + Rinder + Kälber. Die haben einen hochmodernen Stall mit zwei Melkrobotern. Sie dürfen aber auch ganz althergebracht viel Zeit auf der Weide verbringen.
Nun denkt man bei Witthaut nicht in erster Linie an Kühe sondern an Pferde. Als Geschenk seines Vaters brachte Bernhard 1970 Anja mit, eine Westfahlen -Stute, die dem Hof 13 Fohlen schenkte und insgesamt 90 Nachkommen hatte. Aus dem Bauernhof wurde zusätzlich ein Gestüt. Heute leben da zusammen mit den Gasttieren insgesamt 50 Pferde.
Für die war am 17.10. die riesige Reithalle gesperrt. Dort wurde 60 Jahre Aussiedlerhof gefeiert mit Bierstand, Deftigem vom Grill, leckeren Salaten, vielen Freunden und fröhlichem Miteinander. Im Bild mit dabei waren die Pioniere Gertrud und Johann Brandenburg. Den nannte man in Brilon den Fliegerbauern, weil er bei der Luftwaffe gewesen war. Er wäre stolz gewesen auf die Erfolgsgeschichte seines Hofes und auf seine Nachkommen, die das Erbe nicht nur gut behütet sondern durch engen familiären Zusammenhalt und fleißige Arbeit erheblich vermehrt haben.