Behinderten-Interessen-Vertretung Brilon testet mit Behindertenbeauftragten des HSK und Niedersfelder Mobilitätspaten öffentlichen Personennahverkehr

 

An einem sonnigen Mittwoch Anfang September starteten Angelika Gerke und Martin Gersthagen von  der Briloner Behinderten-Interessen-Vertretung (kurz BIV) eine Busfahrt durch das Stadtgebiet Brilon, um für sich mal den Stand der Barrierefreiheit im ÖPNV besser beurteilen zu können.

 

brilon-totallokal: Martin Gersthagen war mit seinem Rollstuhl und Angelika Gerke mit Kind und Kinderwagen unterwegs. Neben dem ehrenamtlichen Behindertenbeauftragten des Hochsauerlandkreises Heinz Arenhövel war Lars Hiob, ehrenamtlicher Mobilitätspate des Regionalverkehr Ruhr-Lippe aus Niedersfeld, mit von der Partie. Entstanden war die Idee zu dieser Testfahrt bei einem Abstimmungsgespräch der Beteiligten zum Umbau von Bushaltestellen im Stadtgebiet Brilon. Ziel war es, einen aktuellen Eindruck zu bekommen, inwieweit Busse und Bushaltestellen barrierefrei sind und entsprechend von allen Menschen uneingeschränkt genutzt werden können.

 

Geplant war eine Busfahrt beginnend am Bahnhof Brilon Stadt mit einem Umstieg am Markt bis nach Altenbüren. Nach einem Aufenthalt von rund 20 Minuten, also genug Zeit, um sich die demnächst umzubauenden Haltestellen in Altenbüren mal genauer anzusehen, sollte es von dort aus wieder zurück nach Brilon gehen. So war es zumindest gedacht. Der geplante Bus hatte etwas Verspätung, sodass es mit einer anderen Linie zum Marktplatz ging. Das Ein- und Aussteigen mit Rollstuhl und Kinderwagen funktionierte dank Niederflurbus mit Absenkautomatik sowie einer ausklappbaren Rampe problemlos. Jedoch ganz ohne fremde Hilfe ist es nicht möglich, denn die manuelle Rampe kann vom Rollstuhlfahrer nicht eigenständig bedient werden. Hierzu ist Unterstützung durch die Fahrerinnen oder Fahrer notwendig.

 

Oft sind allerdings auch aufmerksame Fahrgäste im Bus, die die Situation erkennen und ungefragt behilflich sind, wie Lars Hiob, der selbst Bus-Nutzer mit Monatsabo ist, zu berichten wusste. Am Markt sollte der Anschlussbus die vier nach Altenbüren bringen. Dieser hatte allerdings auf Grund einer aktuellen Großbaustelle etwa 15 Minuten Verspätung. Als der Bus dann ankam, musste die Runde erkennen, dass die Reise hier zu Ende war, da es sich um einen sogenannten Kombi-Bus mit Stufen handelte, welche noch auf einigen kleineren schwach frequentierten Linien und überwiegend im Schülerverkehr im Einsatz sind, wie eine spätere Nachfrage beim Linienbetreiber ergab. Ein Kinderwagen könnte noch mit Hilfe anderer Fahrgäste in den Bus getragen werden, aber bei einem Elektrorollstuhl wäre ein „Anpacken“ aufgrund der Größe und des Fahrzeuggewichts nicht mehr möglich. Nach kurzer Überlegung einigten sich die vier, mit dem nächsten Bus vom Marktplatz aus zurück zum Bahnhof zu fahren und nutzten die Zeit bis dahin, die Bushaltestellen am Marktplatz genauer unter die Lupe zu nehmen.

 

Speziell für Menschen mit Sehbehinderungen wären einige Verbesserungen wünschenswert: Die Anzeigetafel ohne Ton könnte durch eine digitale Fahrgastinformation, ersetzt werden, wo sich auch stark sehbehinderte oder blinde Mitfahrer oder Mitfahrerinnen akustisch informieren können. Bei den Glasscheiben der Wartehäuschen sollten kontrastreiche Sicherheitsmarkierungen angebracht werden, die ein Erkennen der Glaswand leichter machen. Zudem entsprechen die Wegführung und die in die Jahre gekommenen Leitstreifen nicht mehr dem aktuellen Standard im Leitfaden zur Barrierefreiheit im Straßenraum vom Landesbetrieb Straßen.NRW, an dem sich die Ausstattung und Gestaltung der Bushaltestellen orientiert.

 

Zurück ging es wieder problemlos mit dem Bus und am Bahnhof angekommen wurde noch ein wartender Zug inspiziert. Eine rund 20 cm breite Lücke sowie ein Höhenunterschied zwischen Bahnsteigkante und Zug müssten überwunden werden, um einzusteigen. Für einen Rollstuhlfahrer einfach nicht möglich! Piktogramme auf dem Zug verwiesen jedoch auf die Barrierefreiheit und auf Nachfrage führte eine freundliche Zugbegleiterin der Gruppe eine mobile Rampe, die bei Bedarf durch das Zugpersonal aufgestellt wird, vor. Jedoch auch hier musste man schlussendlich feststellen, dass es nicht ohne fremde Hilfe geht, wie es im Behindertengleichstellungsgesetz eigentlich gefordert ist!

 

Fazit: Noch gibt es einige Einschränkungen, die es mobilitätseingeschränkten Personen wie etwa dem Rollstuhlfahrer, der Person mit Rollator oder Eltern mit Kinderwagen nicht immer einfach machen  öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Nach dem Personenbeförderungsgesetz soll bis 2022 das Nahverkehrsangebot vollständig barrierefrei sein. Da bleibt noch einiges zu tun, ist sich die Runde einig.

 

Ein wichtiger Hinweis! Vor Fahrtantritt sollte man sich bei der Regionalverkehr Ruhr-Lippe unter (0 29 61) 97 02 0 oder (0 180 6) 50 40 30 oder bei der DB Westfalen Bus GmbH Telefon (02 91) 95 29 80 50 informieren, ob zu einer gewünschten Zeit eine gewünschte Strecke barrierefrei genutzt werden kann.

 

Fotocredit: RLG

Quelle: Lars Hiob

 

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